Mari Andriessen
Mari(e) Silverster Andriessen (* 4. Dezember 1897 in Haarlem; † 7. Dezember 1979 ebenda) war ein niederländischer Bildhauer, der mit vielen seiner Werke an die Opfer des Nationalsozialismus erinnerte.
Leben und Wirken
Mari Andriessen stammte aus einer katholischen, durch künstlerisches Schaffen geprägten Familie. Seine Mutter Gesine Andriessen-Vester war Malerin, sein Vater Nico Andriessen war Musiker; der Landschafts- und Tiermaler Willem Vester war einer seiner Großväter. Von seinen Brüdern wurde Willem Pianist und Hendrik Komponist. Mari Andriessen besuchte zunächst die Kunstschule in Haarlem, danach die Rijksakademie van beeldende kunsten in Amsterdam, später studierte er an der Akademie der Bildenden Künste München.
Die Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges war für ihn und andere Bildhauer schwierig. Es gab nur wenige Beauftragungen. Andriessen lebte hauptsächlich von Porträtaufträgen. Er erhielt den Auftrag, die Skulpturen für das neue Utrechter Bahnhofsgebäude anzufertigen. Die Jahre 1940–1945 gaben seinem Leben und seinem Werk eine entscheidende Wende. Als „arischer Künstler“ musste Andriessen Mitglied der nationalsozialistisch geprägten Niederländischen Kulturkammer werden, was er ablehnte. Infolgedessen erhielte er keine Aufträge mehr und durfte auch nicht mehr ausstellen. Auch bot er jüdischen Flüchtlingen in seinem Haus ein Versteck. Der niederländische Widerstand konnte in seinem Atelier ein Waffendepot anlegen.
Nach dem Krieg war Andriessen einer der gefragtesten Künstler für Kriegs- und Widerstandsmonumente. Ebenfalls wurde er mit Plastiken zu Ehren berühmter Niederländer wie dem Wasserbauingenieur Cornelis Lely, dem Luftfahrtpionier Albert Plesman und Königin Wilhelmina beauftragt. Zentrales Thema seines Werks ist der moderne Mensch, der nicht an einen architektonischen Kontext gebunden ist, sondern im freien Raum auf einem Sockel stehend. Charakteristisch sind die kraftvolle Komposition, ein klarer Aufbau der Volumina und die Vereinfachung der Details. Die Botschaft, dramaturgisch zurückhaltend und für jeden verständlich, wird mit rein plastischen Mitteln erreicht.[1]
Andriessen gehörte zu der Gruppe der traditionellen Bildhauer, die nach dem Zweiten Weltkrieg einen wichtigen Platz in der niederländischen Kunst einnahmen. Eines seiner bekanntesten Werke ist De Dokwerker auf dem Amsterdamer Jonas-Daniel-Meijer-Platz, das an den Februarstreik der Hafenarbeiter von 1941 gegen die deutschen Besatzer erinnert.
Andriessen gründete 1963 zusammen mit weiteren Künstlern das Künstlerinstitut De Ateliers.
Die israelische Holocaustgedenkstätte Yad Vashem verlieh Mari Andriessen 1986 die Auszeichnung Gerechter unter den Völkern. Er wurde auf dem Friedhof Sint Adelberts in Bloemendaal begraben.
Skulpturen
- Denkmal des Cornelis Lely, Abschlussdeich
- Anne Frank, Amsterdam
- De Dokwerker, Amsterdam
- Frau mit totem Kind, Hansaplatz (Köln)
- Die Gefallenen, Rotterdam
- De Dokwerker, 1952, Amsterdam
- Anne Frank, 1977, Amsterdam
- Die junge Königin Wilhelmina, Utrecht
- Frau mit totem Kind – Mahnmal am Hansaplatz in Köln
Literatur
Marius van Beek, Mari Andriessen: Mari Andriessen. J. M. Meulenhoff, 1964.
Mari Andriessen 80 1977.
Weblinks
- Mari Andriessen Stiftung
- Mari Andriessen im Künstlerverzeichnis des RKD – Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis
- Dodenakkers.nl foundation
Einzelnachweise
- J.B.J. Teeuwisse: Andriessen, Marie Silvester (1897–1979). In: Biografisch Woordenboek van Nederland: 1880–2000 Digital Version. Huygens Instituut voor Nederlandse Geschiedenis, 12. November 2013, abgerufen am 6. April 2021 (niederländisch).