Margarete von Galen
Margarete Gräfin von Galen (geboren 11. Juni 1955 in Köln, Geburtsname von Wedel) ist eine deutsche Juristin, Rechtsanwältin und Richterin.
Familie und beruflicher Werdegang
Margarete von Galen ist eine Tochter des Kaufmanns Wedigo von Wedel (1924–2017) und der Margarete geb. von Hindenburg. Ihr Urgroßvater väterlicherseits war der Landrat Karl von Wedel-Piesdorf und ihr Urgroßvater mütterlicherseits war der Reichspräsident Paul von Hindenburg. Sie studierte Rechtswissenschaft mit Schwerpunkt Wirtschaftsstrafrecht in Heidelberg, Lausanne, Bonn und München.
2004 wurde sie an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Dissertation zum Thema Rechtsfragen der Prostitution promoviert.[1][2]
Sie ist seit 1983 Rechtsanwältin und seit 1999 Fachanwältin für Strafrecht. Von Galen ist freiberuflich als Rechtsanwältin tätig, ab 2009 bei der Anwaltssozietät GMBS in Berlin und seit 2014 in eigener Kanzlei.[3] Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet des Strafrechts, beim Wirtschaftsstrafrecht, auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts sowie Rechtsfragen zur Prostitution.
Seit dem 3. Juli 2014 ist Margarete von Galen Mitglied des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin[4]. Sie wurde von der Fraktion der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus nominiert.
Politik
1983 trat sie der Grünen-Vorläuferin Alternative Liste bei und war dort mit den Schwerpunkten Rechtspolitik und Inneres aktiv.[2] 1987 wurde sie Mitglied des Landesvorstands.[5]
1989 kandidierte von Galen innerhalb der ‚Alternativen Liste für Demokratie und Umweltschutz‘ (dem Vorläufer von Bündnis 90/Die Grünen Berlin) für das Amt der Senatorin für Familie, Jugend und Frauen und unterlag nur sehr knapp der späteren Senatorin Anne Klein.
1991 trat von Galen aus der Alternativen Liste aus.[5]
Positionen
Von Galen, Autorin der Rechtsfragen der Prostitution nach dem Prostitutionsgesetz von 2002, verteidigte das Gesetz 2013 gegen die heftige Kritik Alice Schwarzers und des von ihr initiierten Appells gegen Prostitution. In einem Interview mit Legal Tribune Online sagte sie, es sei unbestreitbar, dass viele Frauen der Prostitution gern und freiwillig nachgingen, und nicht unter der Prostitution an sich litten, sondern unter der sozialen Stigmatisierung, zu der Schwarzer maßgeblich beitrage.[6] Sie gehörte zu den Mitunterzeichnerinnen des Appell FÜR Prostitution.
Im Dezember 2000 erstritt sie vor dem Berliner Verwaltungsgericht das Aufsehen erregende Urteil, Prostitution sei nicht sittenwidrig.[5]
2019 wies von Galen bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Fehlerkultur in der Justiz auf die Unterschiede in den Auswirkungen eines fehlerhaften Verhaltens für Richter und Anwälte hin: Anwälten drohe die Haftung, Richter schützen das Spruchrichterprivileg und die hohen Anforderungen an den Rechtsbeugungsvorsatz.[7] Die Anhörungsrüge führe kaum je zum Erfolg. Auch fehle eine an sich notwendige Offenheit, was sich etwa an der fehlenden Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ablesen lasse. Auch im Umgang mit fehlerhaften Haftentscheidungen fehle eine notwendige Aufarbeitung, die auch für die Entscheider von Bedeutung sei. Daher sei Supervision wünschenswert.[7]
Ämter und Mitgliedschaften
- Mitglied des Deutschen Anwaltsverein (DAV), viele Jahre im Strafrechtsausschuss aktiv, 2021 im CSR (Corporate Social Responsibility und Compliance)-Ausschuss[8][9]
- 1999 bis 2011: Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin
- 2004 bis 2009: Präsidentin der der Rechtsanwaltskammer Berlin, erste Frau in diesem Amt.[5]
- 2021: Präsidentin des Rates der europäischen Anwaltschaften (CCBE); erste deutsche Rechtsanwältin in dieser Funktion[8]
Schriften
Monografien
- Margarete von Galen: Die rechtliche Situation weiblicher Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland (= Arbeitsheft). Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung, Berlin 1992, ISBN 3-884021-08-7.
- Margarete Gräfin von Galen: Rechtsfragen der Prostitution. Das Prostitutionsgesetz und seine Auswirkungen. Beck Juristischer Verlag, München 2004, ISBN 3-406510-05-1 (Dissertation, Universität Bern, 2004).
Herausgeberschaften
- Mitherausgeberin der Neuen Zeitschrift für Strafrecht[10]
- Beiratsmitglied der Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen[10]
Privates
Von Galen ist verwitwete Mutter von vier Kindern und lebt in Potsdam. Sie war mit dem Großneffen von Bischof Clemens August von Galen verheiratet.[2]
Weblinks
- Literatur von und über Margarete von Galen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Margarete von Galen auf der Website von Galen Rechtsanwälte
- Margarete von Galen auf der Website der Rechtsanwaltskammer Berlin
- RBB-Sendung vom 6. September 2005: „Das weibliche Denken in der Justiz...“ (Margarete von Galen – Präsidentin der Berliner Rechtsanwaltskammer / Ein Porträt von Annette Wilmes)
- Kurzes Video mit Margarete von Galen
Einzelnachweise
- Biographie auf der von-Galen-Rechtsanwälte-Webseite
- Streiterin für das Recht. In: Der Tagesspiegel Online. 6. Juli 2004, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 7. Oktober 2021]).
- JUVE- www.juve.de: Berlin: Gräfin von Galen gründet eigene Strafrechtsboutique – JUVE. Abgerufen am 7. Oktober 2021.
- Abgeordnetenhaus wählt Verfassungsrichter. 3. Juli 2014, abgerufen am 3. Januar 2015.
- Fatina Keilani: Streiterin für das Recht. In: Der Tagesspiegel. 6. Juli 2004, abgerufen am 15. November 2013.
- Reform des Prostitutionsgesetzes: „Ein gefundenes Fressen für Moralapostel“. Interview mit Margarete von Galen. In: Legal Tribune Online. 8. November 2013, abgerufen am 15. November 2013.
- Fehlerkultur in der Justiz – Muss sich etwas ändern? Abgerufen am 7. Oktober 2021.
- Europas Zukunft: Interview mit der neuen CCBE-Präsidentin Dr. Margarete von Galen. Abgerufen am 7. Oktober 2021.
- Corporate Social Responsibility und Compliance. Abgerufen am 7. Oktober 2021.
- Auf ein Wort, Frau Dr. Margarete Gräfin von Galen. Abgerufen am 7. Oktober 2021.