MEDUSA
MEDUSA, (seit 2004 MEDUSA4) ist ein CAD-Programm, das besonders in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Automobil- und Zuliefer-Industrie eingesetzt wird.
MEDUSA4 | |
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Basisdaten | |
Entwickler | CAD Schroer |
Aktuelle Version | 6.3.0 (28. November 2018) |
Betriebssystem | Windows, Linux |
Kategorie | CAD |
Lizenz | proprietär, kommerziell |
www.cad-schroer.de |
MEDUSA basiert auf einem plattformunabhängigen Kern, der, kombiniert mit einer plattformunabhängigen Oberfläche (XML-Konfigurationen für die Administration, Web-basierende Client-Server-Kommunikation in der Datenverwaltung) eine hohe Flexibilität der Betriebssystemstrategie ermöglichen soll. Die Software ist sowohl unter Microsoft Windows als auch unter Sun Solaris und Linux verfügbar.
Die 4. Generation der MEDUSA 2D- und 3D-CAD-Produktfamilie wurde im Sommer 2004 von der Firma CAD Schroer zum kostenlosen privaten Gebrauch freigegeben. MEDUSA4 Drafting plus ist ein 2D-CAD-Programm mit allen Standard- und Automatisierungs-Werkzeugen für die Zeichnungserstellung.
Geschichte
MEDUSA, eines der frühen weitverbreiteten Systeme, hat eine bewegte Geschichte in der CAD-Welt, die in den siebziger Jahren in Cambridge England begann. Im Jahr 1977 gründete der britische Computer-Forscher Dick Newell zusammen mit Tom Sancha die Firma Cambridge Interactive Systems (CIS), die sich vornehmlich der Entwicklung eines 2D-CAD-Systems widmete. CABLOS war eine CAD-Lösung für die Planung von elektrischen Kabelsystemen, die als Erstes im Jahr 1979 von der Firma Dowty Engineering eingesetzt wurde. Der erste Anwender in Deutschland war BMW, die CABLOS für die Planung der Autoelektronik nutzten. Bald wurde CABLOS unter dem Namen MEDUSA weiter vermarktet und weltweit bekannt. In diesem Zeitraum begann auch die Entwicklung eines eigenen 3D-Modellierungskerns für MEDUSA.
Im Jahr 1980 ging CIS eine Partnerschaft mit Prime Computer ein, einem in den USA beheimateten Hersteller von Computer-Hardware. Prime bekam den Zugriff auf den MEDUSA-Quellcode, sollte der Erfolg für CIS ausbleiben. Im Jahr 1983 wurden CIS und die europäische Vertriebsschwester Applied Graphics Systems (AGS) von Computervision übernommen.
Die deutsche AGS-Niederlassung forcierte von Anfang an die Lokalisierung, Anpassung an die DIN-Zeichnungsnormen, deutschsprachige Dokumentation und die Entwicklung umfangreicher Symbol- und Normteilbibliotheken für die Mechanikkonstruktion[1]. MEDUSA startete deshalb in den 80er Jahren besonders erfolgreich im deutschsprachigen Maschinenbaumarkt. Die MEDUSA-Umsätze in diesem Markt betrugen Ende der 80er Jahre und Anfang der 90er mehr als die Hälfte des MEDUSA-Umsatzes weltweit. Einer der Erfolgsfaktoren war das 2D-Parametric-System, das 1983 auf den Markt kam[2]. Es wurde zum Vorbild der späteren historienbasierten 3D-Parametric-Systeme. Richard (Dick) Newell war der Entwickler des MEDUSA Parametric-Systems bei CIS, die Brüder Vladimir Geisberg (bei Prime Computer und Computervision) und Samuel Geisberg (als Gründer von PTC) spielten wichtige Rollen bei der Umsetzung des Konzeptes in 3D-Systemen. Das Projekt von Samuel Geisberg, der auf der grünen Wiese ohne historische Altlasten begann, war das erfolgreichere.
MEDUSA war auf den damals neu erschienenen sogenannten 32bit-Supermini-Computern zu erwerben, deren prominenteste Vertreter die Anbieter DEC (VAX) und Prime Computer waren. Ab 1984 gab es eine Abspaltung (Fork) des MEDUSA, als mit der Übernahme eines Teiles der Rechte und des Codes der Rechner-Anbieter Prime Computer mit der Software in eigene Weiter-Entwicklungen ging, die binnen ganz kurzer Zeit korrekt nur noch auf Prime-Rechnern liefen. Daneben wurde auch die ursprüngliche Software bei Computervision weiterentwickelt, sowohl für die DEC-VAX-Nutzer als auch für die Prime-Kunden. Somit gab es über einige Jahre auf Prime-Rechnern zwei sich zunächst auseinanderentwickelnde MEDUSA-Versionen: Prime-Medusa und CV-Medusa.
Mitte der 1980er Jahre kostete eine CV-Farbgrafik-Terminalausrüstung für einen MEDUSA-Arbeitsplatz mit einem 19 Zoll-Farbgrafikschirm inkl. der Arbeitsplatz-Lizenzen ca. 145.000 DM. Realistische Kalkulationen sahen anteilig zudem nochmal einen gleich hohen Betrag in der Zentralrechnerausrüstung stecken. Bei solchen Kosten eines Arbeitsplatzes wurde in vielen Unternehmen, die CAD einsetzen, wieder Schichtarbeit im Angestelltenbereich geleistet, um die CAD-Geräte gut auszulasten: die erste Schicht z. B. von morgens sechs Uhr bis mittags um zwei Uhr, und die zweite Schicht von zwei Uhr bis ca. zehn Uhr abends.
Die gespaltene MEDUSA-Entwicklung sollte wieder zusammengeführt werden, als Prime schlussendlich Computervision aufkaufte, mit dem Versprechen an die CV-Kundschaft, keinen VAX-Nutzer zum Umstieg auf die Prime-Hardware nötigen zu wollen. Viele Nutzer trauten aber den Sirenengesängen nicht und wechselten ihr CAD-System, dies zu einer Zeit, als der Erfolg des PC-basierten AutoCAD groß wurde, recht schnell die Basis-Funktionalitäten des 2D-Konstruierens auch am PC verfügbar wurden, und zu einem Bruchteil der Kosten pro Workstation, wie man es vom Supermini und auch noch von SUN-Netzen gewohnt war. Längerfristig blieben nur die Nutzer bei der Prime-CV-Stange, die ihre MEDUSA-Anwendung weit über die 2D-Nutzung hinaus integriert hatten.
Auch die beginnende Ablösung der Zentral-Superminis mit Remote-Workstations wurde noch von MEDUSA-Software begleitet; sehr populär waren Anfang der 1990er Jahre die Unix-Workstations von SUN für den Einsatz des CAD-Paketes.
Prime gliederte sich in die zwei Säulen Prime Hardware, die für die proprietären Rechner zuständig war, sowie Prime Computervision, die für das CAD/CAM-Geschäft mit MEDUSA und CADDS zuständig war. Nach Einstellung der proprietären PrimOS-Rechnerproduktion und Abgabe der Wartungsverpflichtungen an einen anderen Hersteller folgte eine Konzentration auf das CADCAM-Softwaregeschäft mit Umbenennung von Prime Computervision in Computervision.
1998 schließlich wurde CV von der Parametric Technology Corporation (PTC) übernommen. Die über Jahre stagnierende Entwicklung von MEDUSA NG (Next Generation) wurde wieder forciert. Dabei wurde die Entwicklungspartnerschaft zwischen CV und ehemaligen CV-Entwicklern der Firma Quintic in Cambridge, deren Mitarbeiter schon in den CIS-Tagen an der Entwicklung von MEDUSA beteiligt waren, übernommen und verstärkt. In MEDUSA NG wurde die bisher übliche Bedienung über das Tablett durch eine neue icon- und menübasierte Bedienung abgelöst. Trotzdem war es noch möglich, MEDUSA über Tablett zu bedienen.
Unter den Fittichen von PTC wurde von Quintic ein neues Projekt mit dem Codenamen "Pegasus" gestartet. Dabei sollte MEDUSA als 2D-Detaillierprogramm für Pro/E-Zeichnungen dienen.
Im Jahr 2001 verkaufte PTC MEDUSA an die Firma CAD Schroer. Damit war MEDUSA im Besitz einer Firma, die mit dem Produkt groß geworden war. Auch die Entwicklungspartnerschaft mit Quintic wurde übernommen. Unter CAD Schroer wurde das Projekt Pegasus unter dem Namen STHENO/PRO im Jahr 2002 an den Markt gebracht und die Benutzeroberfläche in die neue Version MEDUSA4 übernommen. Die vierte Generation der MEDUSA Software wurde im Jahr 2004 als MEDUSA4 veröffentlicht. Sie beinhaltete eine komplette Überarbeitung des Funktionsumfangs, die Entwicklung einer neuen Benutzeroberfläche (GUI) auf QT-Basis, die Möglichkeit des Datenaustauschs mit anderen Systemen, und die Portierung auf Linux.
Im Jahr 2005 wurde Quintic von CAD Schroer übernommen und agiert heute als CAD Schroer UK.
MEDUSA4 wird weiterhin stark entwickelt.
Zusatzapplikationen für MEDUSA
- MPDS: 2D/3D Kombinationspaket für den Maschinen- und Prozess-Anlagenbau
- MEDEA: Systemlösung für den Elektrokonstrukteur
- MEDRaster: Modul für die gleichzeitige Bearbeitung von CAD-Zeichnungen mit Daten aus dem Bestand der Papierdokumente
- MEDInfo: Informations- und Dokumentverwaltungssystem
- MEDPro: bidirektionale Interoperabilität mit Pro/ENGINEER
- Für die Datenverwaltung bietet MEDUSA auch Anbindungen an PTCs Windchill und SAPs mySAP.
- CADConvert Pro: Datenaustausch mit DXF bzw. DWG
- CADParts: Normteile für MEDUSA
- ViewStation: Viewer für MEDUSA-Zeichnungen und andere Formate (unter Windows)
- transforMed-ARX: Import-Filter für MEDUSA-Zeichnungen; in AutoCAD integriert – Fa. COMSA
- transforMed-DXG/DXF: DXF/DWG-Konverter für MEDUSA-Zeichnungen; Standalone-Applikation – Fa. COMSA
MEDUSA4 Personal
MEDUSA4 Personal ist eine kostenlose 2D/3D-CAD Software für den rein privaten Gebrauch. Diese voll funktionsfähige Version beinhaltet viele Funktionen des MEDUSA4 ADVANCED-Paketes (z. B. SMART Edit, basic 3D), sowie Zusatzmodule wie Parametrics und MEDRaster Colour für die Farbbild-Integration.
Einschränkungen: Druck mit Wasserzeichen, Eigenständiges Blattformat, Registrierung erforderlich. Die kostenlose Lizenz ist auf 12 Monate beschränkt, eine Verlängerung ist möglich.
Benutzer-Vereinigung MED-USER
In den 1980er Jahren gab es auch eine sehr aktive Community von MEDUSA-Anwendern in Deutschland. Diese gründete den Benutzer-Verein MED-USER, der zu Fragen der Software-Verwendung, -Weiterentwicklung, der CAD-CAM-Datenkopplung, der Datenbank-Anbindungen einige Konzepte entwickelten und diese gegenüber den Systemanbietern zur Einbindung und Umsetzung einforderte. Noch heute existiert ein harter Kern von MEDUSA-Nutzern, die das System nunmehr über zwei Jahrzehnte in Gebrauch haben.
Einzelnachweise
- Philipp Grieb: Rechnerunterstützte Konstruktion und Zeichnungserstellung mit MEDUSA, CAD-CAM-Report Nr. 2 (1982)
- Philipp Grieb: Benutzerorientierte, rechnerunterstützte Variantenkonstruktion mit dem MEDUSA-Parametric-Baustein, VDI-Z 125 (1983) Nr. 13, S. 546–550
Weblinks
- CAD Schroer – Herstellerwebsite
- M4 Personal – Personal-Lizenz Erhalt
- CSG eSERVICES – Konvertierungsportal SHE zu PDF/DXF für den kommerziellen Gebrauch
- MEDUSA FORUMS – Userforum