Männerorchester von Auschwitz
Die Männerorchester in Auschwitz waren mehrere Orchester im Konzentrationslager Auschwitz, die fast ausschließlich aus Berufsmusikern bestanden.
Werdegang und Funktion
Das KZ Auschwitz hatte bereits im Januar 1941 ein Männerorchester. In dieser ersten Zeit waren Juden im Orchester nicht zugelassen. Mit den vielen Außenlagern bildeten sich mit der Zeit bis zu sechs Orchester.
Neben dem Mädchenorchester von Auschwitz zählten dazu vier bis fünf Männerorchester und zeitweise ein „Zigeunerorchester“. Der Leiter eines Männerorchesters war der polnische Komponist und Dirigent Adam Kopyciński[1], der später der Leiter (1954–1961) der Warschauer Philharmonie wurde. Im Gegensatz zu dem Mädchenorchester bestanden die Männerorchester weitgehend aus Berufsmusikern.[2]
Beim Herannahen der sowjetischen Truppen wurden die marschfähigen Lagerinsassen und Orchestermitglieder Oktober 1944 ins Innere des Reiches deportiert.[3] Die im Lager verbliebenen Häftlinge wurden am 27. Januar 1945 von Soldaten der Roten Armee befreit. Obwohl mindestens ein Männerorchester bekannt war, erreichten sie nicht den Bekanntheitsgrad des Mädchenorchesters unter seiner herausragenden Leiterin Alma Rosé, dessen Geschichte sogar zweimal, 1980 und 1992, verfilmt wurde.
Bedeutung
Bisher weiß die Geschichtsforschung noch wenig über die KZ-Orchester, die auf Befehl musizieren mussten, über ihren Einsatz und die Funktionen der „befohlenen“ Musik.[4] Es gibt jedoch Anzeichen, dass dieses Thema von Geschichtswissenschaftlern zunehmend aufgearbeitet wird.
Für die Gefangenen hatte die Musik eine besondere Bedeutung. Inge Lammel zitiert dazu in einem ihrer Artikel den ehemaligen Dirigenten des Lagerorchesters in Auschwitz, Adam Kopycinski:
„Die Musik vermittelt uns das schlichte Wissen von der Wahrheit des Lebens. Die Sehnsüchte des menschlichen Herzens suchen einen Halt in der Sphäre der Töne. Dank ihrer Macht und Suggestivkraft stärkte hier die Musik in den Zuhörern das, was das wichtigste ist - die wahre Natur […] und förderte die Selbstachtung des Menschen, die in der Zeit des Lagerlebens so grausam mit Füßen getreten wurde […].“[5]
Siehe auch
- Häftlingsorchester in den Konzentrations- und Vernichtungslagern
Literatur
- Szymon Laks: Musik in Auschwitz. Droste Verlag, Düsseldorf 1998, ISBN 3-7700-1092-2. (Bericht eines Überlebenden: der Komponist Szymon Laks war im Männerorchester Birkenau Geiger und Orchesterleiter.)
- Fania Fénelon: Das Mädchenorchester in Auschwitz. 12. Auflage, DTV, München 1995, ISBN 3-423-01706-6.
- Inge Lammel (Hrsg.): Lieder aus den faschistischen Konzentrationslagern. Hofmeister, Leipzig 1962.
- Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. München 1997.
- Fred K. Prieberg: Musik im NS-Staat. Fischer, Frankfurt/M., 1989, ISBN 3-596-26901-6.
Film
- Herbert Thomas Mandl Spuren nach Theresienstadt / Tracks to Terezín. (Interview: Herbert Gantschacher; Kamera: Robert Schabus; Schnitt und Gestaltung: Erich Heyduck) / DVD deutsch / englisch; ARBOS, Wien-Salzburg-Klagenfurt 2007[6]
Weblinks
- Dana Grigorcea: Terezín: Musik im KZ. In: David – Jüdische Kulturzeitschrift. (online)
- Konzertes mit Adam Kopycinski im KZ 1943 Zeichnung von Mieczysław Kościelniak, 13,5 × 12,5 cm, Auschwitz-Museum
- Weiteres Konzert im KZ 1943, Zeichnung von Mieczysław Kościelniak, 17 × 11 cm
- Website der Gedenkstätte des Lagers Auschwitz-Birkenau
Einzelnachweise
- answers.com: Adam Kopyciński.
- Ulrich Weinzierl: Die Geigerin von Auschwitz. In: Die Welt. 5. April 2003 (online (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive))
- Sine Maier-Bode: Das "Mädchenorchester". In: Planet Wissen. 27. Januar 2005 (online (Memento vom 22. September 2007 im Internet Archive))
- Gabriele Knapp: „Befohlene Musik“ - Musik und Musikmißbrauch im Frauenlager von Auschwitz-Birkenau. In: Acta Musicologica. Vol. 68, Fasc. 2 (Jul. - Dec., 1996), pp. 149–166. (online)
- Shoa.de: David Schwackenberg: Musik in Konzentrationslagern.
- MANDL "Freizeitgestaltung" in a concentration camp - "Tracks to Terezín". Abgerufen am 23. November 2021 (deutsch).