Luzerner Fasnacht
Die Luzerner Fasnacht ist der grösste jährlich stattfindende Anlass der Stadt Luzern und der Zentralschweiz. Sie ist neben der Basler Fasnacht, dem Rabadan und der Bärner Fasnacht eine der grössten Fasnachtveranstaltungen der Schweiz.
Tagwache, Urknall und «Fötzeliregen»
Die Fasnacht startet am Schmutzigen Donnerstag («Schmotzige Donnschtig»), dem Donnerstag vor dem Rosenmontag («Güdismäntig»). Mit der Tagwache um 5 Uhr morgens fängt das Volksfest in der Altstadt an. Ein Boot mit Bruder Fritschi und seiner Fritschifamilie an Bord fährt vom Vierwaldstättersee in Luzern am Schweizerhofquai ein. Bruder Fritschi ist das imaginäre Oberhaupt der grössten und ältesten Zunft Luzerns, der Zunft zu Safran (um 1400 gegründet). Der «Urknall», eine sehr laute Detonation, gibt den Guuggenmusigen und allen Fasnächtlern das Signal zum Beginn.
Der Fritschivater und Zunftmeister zu Safran empfängt Bruder Fritschi und geleitet ihn zum Fritschibrunnen auf dem Kapellplatz. Begleitet werden sie von Ehrengästen, der Fritschifamilie (Fritschene, die Frau von Bruder Fritschi, mit Narr, Bajazzo, Kindsmagd und Bauern) sowie von Harsthornbläsern und einigen Guggenmusiken. Auf dem Kapellplatz treffen sich anschliessend die Fasnächtler zum «Fötzeliregen», welcher aus mehr als 5 Millionen «Fötzeli», d. h. ca. 4 × 4 cm grossen Papierschnipseln (Fetzen), besteht. Die Papierschnipsel, die aus alten Telefonbüchern gemacht werden, sind in mehreren Säcken mit je einem Explosivkörper abgefüllt. Diese Säcke, welche am Vortag hoch über dem Kapellplatz angebracht wurden, werden zur Explosion gebracht, sobald die Fritschifamilie beim Fritschibrunnen eingetroffen ist. Die «Fötzeli» regnen auf die Menschenmenge. Danach beginnt das traditionelle Orangenauswerfen rund um den Fritschibrunnen. Einen Besucherrekord gab es bei der Tagwache 2015 mit 18'000 Teilnehmern.[1] 2021 musste die Fasnacht wegen der COVID-19-Pandemie abgesagt werden.[2]
Die Umzüge
Am Nachmittag des Schmutzigen Donnerstags findet der erste von zwei – vom Lozärner Fasnachtskomitee (LFK) organisierten – grossen Umzügen statt. Auf der Umzugsstrecke von der Hofkirche über die Seebrücke bis in die Neustadt präsentieren sich die Zünfte und Gesellschaften der Stadt Luzern, Guuggenmusigen und weitere Gruppierungen mit Wagen, auf denen kleine Bühnen aufgebaut sind. Dort werden aktuelle Ereignisse politischer und gesellschaftlicher Natur persifliert. Immer häufiger befinden sich aber auch Phantasie-Sujets darunter, bei denen vor allem die handwerkliche Kunst beim Bau des Wagens und der Masken («Grende») im Vordergrund steht.
Rund vierzig offizielle (beim LFK registrierte) und meist nochmals so viele inoffizielle Nummern werden an den Luzerner Fasnachtsumzügen gezeigt.
Der zweite wichtige Tag ist der «Güdis-Mäntig», der dem deutschen Rosenmontag entspricht. Güdis kommt von Güdel und bedeutet Magensack, Bauch oder Wanst; damit ist gemeint, dass man sich am Güdismontag und -dienstag nochmals den Bauch fülle, bevor ab Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt.[3][4] Dieser Tag wird von einer zweiten Zunft getragen, der Wey-Zunft. Die Wey-Tagwache findet um 6 Uhr statt. Urknall und «Fötzelirääge» gibt es am Montag nicht mehr, jedoch ein weiteres Orangenauswerfen beim Kapellplatz. Am Nachmittag findet der Umzug statt, der bis auf einen Wagen (der Wagen der Wey-Zunft anstelle der Zunft zu Safran) gleich dem am Schmutzigen Donnerstag gestaltet ist.
Ein weiterer Höhepunkt der Fasnacht ist der «Monstercorso» am darauf folgenden Güdisdienstagabend, bei dem alle Luzerner Guuggenmusigen, welche sich im Dachverband der «Vereinigten» von Luzern zusammengeschlossen haben, einen riesigen Umzug über die Seebrücke und durch die Altstadt, dem Zentrum der Strassenfasnacht, durchführen. Die Reihenfolge der verschiedenen Guuggenmusigen ist traditionell strukturiert, denn ältere Musigen dürfen im Ablauf weiter vorne laufen. Zuerst diejenigen, welche sich in einem Jubiläumsjahr befinden, danach ihrem Alter nach. Dabei werden keine oder nur sehr kleine Wagen mitgeführt. Grössere hätten in den engen Gassen der Luzerner Altstadt keinen Platz. Das Ereignis gestaltet sich als ein einziges, wild-rhythmisches Dröhnen der Blas- und Schlaginstrumente in einer ausgelassen tanzenden Menschenmenge.
Die Fasnacht endet mit dem Beginn der Fastenzeit, dem Aschermittwoch («Äschemettwoch»), also am Morgen nach dem Monsterzug.
Während der Fasnacht 2008 haben sich – laut Polizei- und Medienangaben – über 210'000 Fasnächtlerinnen und Fasnächtler in der engeren Innenstadt beidseits der Reuss aufgehalten. Das sind 10'000 mehr als im Vorjahr.
2009 säumten am Schmutzigen Donnerstag anlässlich des grossen Fritschiumzuges vom Nachmittag nach Polizei- und Medienberichten 27'000 Personen die Strasse. Das sind 2000 mehr als ein Jahr zuvor. Auch am Güdis-Mäntig-Umzug waren, trotz mässigen Wetters, 28'000 Zuschauer an der Umzugsroute. Insgesamt besuchten – laut Polizeiangaben – 170'000 Personen die Luzerner Fasnacht 2009. Das sind 40'000 weniger als ein Jahr zuvor. Das Lozärner Fasnachtskomitee begründete diesen Rückgang in den Luzerner Medien mit dem schlechten Wetter an den Fasnachtsabenden.
Literatur
- Karl Lüönd: Trommeln, Träume, Traditionen. Die Luzerner Fasnacht in Wort und Bild. Harlekin, Luzern 1972
- Silvio Panizza (Hrsg.): Faszination Lozärner Fasnacht, 3 Bände. Verlag Lozärner Fasnachtsfüerer, ISBN 3-9521102-0-5
- Band 1: Die Guggenmusigen, Luzern 1988
- Band 2: Geschichte, Zünfte, Umzug, Fasnachtsbälle, Luzern 1989
- Band 3: Brauchtum – Fasnachtskunst, Luzern 1996
- Margrit Thüler (Red.): Feste im Alpenraum. Migros-Presse, Zürich 1997, ISBN 3-9521210-0-2, Seite 84–91
- Emanuel Ammon (Hrsg.): Luzerner Fasnacht, Eine Zeitreise durch zwei Generationen (Bildband). Aura, Luzern 2005, ISBN 3-033-00508-X
- Emanuel Ammon (Hrsg.): JoDu-Fäscht: Luzerner Fasnacht 2008 (Bildband). Aura, Luzern 2008, ISBN 978-3-9523375-0-9
Weblinks
Einzelnachweise
- Urknall und Fötzeliregen: Die Tagwache läutet die Luzerner Fasnacht ein, Luzerner Zeitung, 23. Februar 2017, abgerufen am 25. Februar 2017.
- Urknall in Luzern – Fasnacht abgesagt – doch einige wollen trotzdem feiern. Schweizer Radio und Fernsehen, 11. Februar 2021, abgerufen am 11. Februar 2021.
- SRF: Tagesschau vom 11. Februar 2002: Güdismäntig (Memento des Originals vom 24. Juli 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 11. Februar 2013.
- Güdisdienstag. (Nicht mehr online verfügbar.) Wörterbuch Deutsch, archiviert vom Original am 1. Februar 2015; abgerufen am 31. Januar 2015. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.