Ludwig Otto Bleibtreu
Ludwig Otto Bleibtreu (* 1752; † 26. August 1820 in Braunschweig) war ein deutscher Kaufmann und Unternehmer sowie Gründer der Zichorienfabrik Ludwig Otto Bleibtreu.[1]
Leben und Werk
Bleibtreu war zunächst Kammerlakai des Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel. Von diesem erhielt er, als er 1781 ehrenhaft entlassen worden war, ein herzogliches Privileg zur Herstellung von Zichorienkaffee.[2] Mit seinen Ersparnissen gründete Bleibtreu am 7. September 1781[1] in der eng bebauten Braunschweiger Innenstadt eine erste Produktionsstätte. 1793 verlegte er nach Anwohnerklagen den Betrieb vor die damalige Stadtgrenze, an die heutige Mühlenpfordtstraße vor dem Wendentor.[3]
Bleibtreu gelang es, sich um 1800 erfolgreich gegen die etwa zwei Dutzend Konkurrenzbetriebe[4] in Braunschweig selbst, aber auch in anderen deutschen Städten durchzusetzen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Braunschweig eines der bedeutendsten Zentren der aufstrebenden deutschen Zichorienkaffeeindustrie und Bleibtreus Fabrik war eine der größten und erfolgreichsten unter ihnen.[5] Das Unternehmen florierte und überstand als eine der wenigen Braunschweiger Zichorienfabriken die durch Napoleon Bonaparte zwischen 1806 und 1814 verhängte Kontinentalsperre. Dieser Wirtschaftskrieg hatte unter anderem auch nachteilige Auswirkungen auf das französische Königreich Westphalen, zu dem Braunschweig als Hauptstadt des Departements der Oker gehörte.
Ludwig Otto Bleibtreu heiratete Eleonore Friederike, geb. Lohse (1753–1824).[6] Die Ehe blieb kinderlos. Mitte der 1780er Jahre erlernte Bleibtreu das Reiten bei dem sachsen-meiningschen Stallmeister Franquet. Daraus entwickelte sich eine so enge Freundschaft, dass Bleibtreu 1787 dessen vierjährigen Sohn Carl Friedrich Franquet als Pflegekind annahm,[7] als dessen Vater zum Stallmeister der Universität Helmstedt berufen wurde.[8] Bleibtreu war um die Wende des 19. Jahrhunderts einer der wohlhabendsten Bürger Braunschweigs und zahlte entsprechend hohe Steuern. Für 17.000 Gold-Taler erwarb er das repräsentative Gebäude Steinweg 4 (Assekuranznummer 1956) mitsamt den darin enthaltenen Möbeln und Kunstgegenständen.[1] Es handelte sich um einen viergeschossigen Bau, der von 1748 bis 1786 als Stadtkommandantur diente und 1784 für Hofmarschall C. C. G. von Staffenhorst im Stil des Frühklassizismus umgebaut worden war.[9] Bleibtreu nutzte das Gebäude bis zu seinem Tode 1820 als Wohn- und Geschäftshaus.[10]
Als Ludwig Otto Bleibtreu 1820 starb, erbte Carl Friedrich Franquet sowohl das Haus Steinweg 4 als auch die Zichorienfabrik, die er bis zu seinem Tode 1851 erfolgreich fortführte. Franquet setzte seinem Pflegevater im Garten, der an das Fabrikgebäude angrenzte, ein kleines Denkmal, das allerdings nicht mehr vorhanden ist.[11] Das Unternehmen blieb bis 1909 in Familienbesitz[12] und bestand unter gleichem Namen noch bis Ende der 1930er Jahre weiter.[13]
Ludwig Otto Bleibtreus Grab befindet sich noch heute auf dem Andreasfriedhof in Braunschweig.
Ehrungen
Im Braunschweiger Stadtbezirk Nordstadt ist der Bleibtreuweg nach Ludwig Otto Bleibtreu benannt.[14]
Literatur
- Peter Albrecht: Braunschweig und der Kaffee. Die Geschichte des Röstkaffeemarktes von den Anfängen bis in unsere Tage. (= Braunschweiger Werkstücke, Reihe A, Band 60, 119 der ganzen Reihe), Veröffentlichung aus dem Stadtarchiv und der Stadtbibliothek, Wallstein, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-3350-5.
- F. J. Christiani: Karl Friedrich Franquet. Hoffabrikant in Braunschweig (1783–1851). In: Miszellen. 34, Städtisches Museum Braunschweig, 1982, ISSN 0934-6201.
- Ludwig Hänselmann: Von 1781 bis auf diesen Tag!. Nachricht von der Gründung und dem hundertjährigen Fortgange der Cichorienfabrik von Ludwig Otto Bleibtreu in Braunschweig. Krampe, Braunschweig 1881, OCLC 248120971.
- Jörg Leuschner, Karl Heinrich Kaufhold, Claudia Märtl (Hrsg.): Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Braunschweigischen Landes vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Band 2: Frühneuzeit. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2008, ISBN 978-3-487-13599-1.
- Wilhelm Schrader: Braunschweiger Familienchronik. Die Familien Bleibtreu und Franquet. In: Braunschweigische Landeszeitung. Nr. 117 vom 29. April 1934.
Einzelnachweise
- F. J. Christiani: Karl Friedrich Franquet. Hoffabrikant in Braunschweig (1783–1851). S. 2.
- Peter Albrecht: Die Lebens- und Genussmittel. In: Leuschner et al. (Hrsg.): Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Braunschweigischen Landes vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Band 2: Frühneuzeit. S. 545.
- Karl Liedke, Bernd Rother: Von der Zuckerfabrik zum Mikrochip: Braunschweigs Industrie von 1850 bis heute. Dipa-Verlag, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-7638-0309-2, S. 10.
- Carl Philipp Ribbentrop: Vollständige Geschichte und Beschreibung der Stadt Braunschweig. Zweiter Band, Braunschweig 1791, S. 146 ff.
- Hans-Walter Schmuhl: Die Herren der Stadt. Bürgerliche Eliten und städtisches Selbstverwaltung in Nürnberg und Braunschweig vom 18. Jahrhundert bis 1918. Focus Verlag, Gießen 1998, ISBN 3-88349-468-2, S. 9.
- Jean Pauls sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. IV. Abteilung. Band 6: Briefe an Jean Paul 1809–1814. Berlin 2012, ISBN 978-3-05-005588-6, S. 462.
- Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung. Beilage zu No. 253, Samstag, den 9. September 1820.
- F. J. Christiani: Karl Friedrich Franquet. Hoffabrikant in Braunschweig (1783–1851). S. 1.
- Paul Jonas Meier, Karl Steinacker: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig. 2. erweiterte Auflage, Braunschweig 1926, S. 72.
- Wilhelm Schrader: Anfang und Ende eines Patrizierhauses, eines Industrieunternehmens und einer Familie in Braunschweig. In: Braunschweiger Kalender. 1958, S. 39 f.
- Friedrich Knoll: Braunschweig und Umgebung: historisch-topographisches Handbuch und Führer durch die Baudenkmäler und Kunstschätze der Stadt. Braunschweig 1881, S. 196.
- F. J. Christiani: Karl Friedrich Franquet. Hoffabrikant in Braunschweig (1783–1851). S. 4.
- Werner Flechsig: Tafelfreuden in Braunschweig während des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Braunschweigische Heimat. 55. Jahrgang, Heft 1, Braunschweig 1969, S. 35.
- Der Bleibtreuweg auf der Webseite der Stadt Braunschweig, abgerufen am 28. Januar 2018