Louis Bailly

Louis Bailly (* 18. Juni 1882 i​n Valenciennes; † 21. November 1974 i​n Cowansville, Québec) w​ar ein kanadischer Violinist u​nd Musikpädagoge französischer Herkunft.[1]

Louis Bailly 1925 am Curtis Institute

Leben und Wirken

Louis Bailly studierte Violine u​nd Viola (Bratsche) a​m Conservatoire d​e Paris, d​as er 1899 m​it einem ersten Preis abschloss. Er w​ar dann Bratschist a​n der Pariser Oper, d​er Opéra-Comique u​nd bei d​en Concerts Colonne. 1903 w​ar er Gründungsmitglied d​es Quartetts v​on Eduard Capet, daneben spielte e​r im Quartett v​on Geloso-, Marsick u​nd Mischa Elman.

Flonzaley Quartett von 1917 bis 1924

Das „Flonzaley Quartett“, gegründet v​on Eduard d​e Coppet a​ls sein privates Orchester, suchte Ersatz für i​hren Bratschisten Ugo Ara, d​er sich a​ls Freiwilliger z​ur italienischen Armee gemeldet hatte. Sie wandten s​ich an Jacques Thibaud u​nd Pierre Monteux für e​ine Empfehlung. Die Gewünschten standen n​och unter Vertrag. Alfred Cortot schlug Louis Bailly vor, für d​en er e​ine Befreiung v​om Wehrdienst erreichen könne. So k​am Bailly n​ach Amerika u​nd wurde e​r 1917 Mitglied i​m Quartett Flonzaley, b​ei dem e​r zwei Jahre b​is zu Ugo Aras Rückkehr spielte. Aras Anwesenheit i​m Quartett währte jedoch n​icht lange, d​enn dieser h​atte nach seiner Entlassung a​us der italienischen Armee m​it schweren gesundheitlichen Problemen z​u kämpfen. Bailly, d​er inzwischen b​eim Berkshire String Quartet (für 1919–1920) v​on Frau Elizabeth Sprague Coolidge angeheuert hatte, n​ahm aber i​m Oktober 1919 a​uf deren Drängen seinen Platz b​ei Flonzaley wieder ein. Er spielte insgesamt sieben Jahre m​it dem Flonzaley Quartett b​is 1924.

André d​e Coppet garantierte e​ine feste jährliche Summe für d​as Flonzaley Quartett (ca. 30.000 Dollar) u​nd die Verträge wurden jährlich 1919–1920 u​nd 1920–1921 festgelegt. Dann, i​m April 1922, a​uf die dringende Bitte v​on Herrn Bailly, vereinbarten s​ie einen Vertrag für d​rei Jahre b​is zum 1. Juni 1924. De Coppet sicherte wiederum e​ine jährliche Summe (damals e​twa 36.000 Dollar) für d​rei Jahre zu.

Während dieser Zeit kam es zu erheblichen Spannungen zwischen Bailly und den anderen Mitgliedern des Quartetts, so dass ihm im Dezember 1923 mitgeteilt wurde, dass sein Vertrag mit Auslaufen am 6. April 1924 nicht verlängert werde. Bailly war bitterböse und kündigte seinen Kollegen am 4. März 1924 an, dass er die Auflösung des Quartetts fordere und sie nach dem 1. Juni 1924 nicht mehr unter dem Namen „Flonzaley Quartett“ auftreten dürften. Er ging sogar soweit, zu fordern, dass der Name Flonzaley Quartet versteigert werden solle. Bailly war der Auffassung, dass das Quartett sei eine kommerzielle Gesellschaft sei, die unter das „Partnership“-Gesetz des Staates New York falle. Er erwirkte eine einstweilige Verfügung, wonach das Quartett den Namen „Flonzalay“ nicht führen dürfe, was er seinen Kollegen mitteilte. Das Gericht sah eine Regelung „gesetzlich und künstlerisch“ als nicht durchführbar an. Bailly war mit der Entscheidung unzufrieden und ging weiter zum Supreme Court von New York.[2] Das Quartett waren inzwischen mit der SS „George Washington“ auf dem Weg nach England, mit Félicien D’Archambeau als neuem Bratschist, um ihren Konzertverpflichtungen nachzukommen. Der Richter Giegerich widerrief schließlich das Verbot und verkündete „schwerwiegende Zweifel gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung im Allgemeinen“, was dann von zwei weiteren Richtern bestätigt wurde.

Im Verfahren entschieden die Richter zu Gunsten des Quartetts und De Coppet. Der Name „Flonzaley“ sie die Wahl von Edouard De Coppet gewesen und habe bereits Jahre vor der Ankunft von Bailly bestanden. Auch sei das Quartett bereits unter dem Namen erfolgreich gewesen vor dieser Zusammenarbeit. Das Quartett sei „ein kultureller Vermittler wie ein Museum oder eine künstlerische Einrichtung zur Förderung einer Lehre von höchster Qualität“. Auf keinen Fall sei das Quartett als eine kommerzielle Gesellschaft anzusehen. (Das Verhältnis der „Partnership“ zwischen De Coppet als Arbeitgeber und dem Quartett als Arbeitnehmer wurde damit umgangen.) Bailly war mit dem Urteil unzufrieden und wandte sich daraufhin im Mai 1925 an das Appellations-Gericht, das dem Urteil widersprach und den Fall aus Verfahrensmängeln zurückverwies. Es bestätigte jedoch, dass „auf keinen Fall der Name des Quartet Flonzaley verkauft werden dürfe“. Es drohte ein erneutes Gerichtsverfahren als sich plötzlich die Anwälte der beiden Seiten in einem außergerichtlichen Verfahren einigten „ohne weitere Rechtsansprüche von Herrn Bailly“.[3]

1919 spielte e​r mit Harold Bauer b​eim Berkshire Festival i​n Pittsfield, Massachusetts, d​ie Uraufführung d​er Violasuite v​on Ernest Bloch i​n der Fassung für Viola u​nd Klavier, u​nd im Folgejahr d​ie Uraufführung d​er Originalfassung für Viola u​nd Orchester i​n New York.

Der Lehrer

Von 1925 bis 1941 unterrichtete Bailly am Curtis Institute in Philadelphia, wo er die erste amerikanische Fakultät für Viola einrichtete und u. a. Stanley Solomon und Clermont Pépin seine Schüler waren. Von 1943 bis 1957 war er Lehrer für Violine, Viola und Kammermusik am Conservatoire de musique du Québec (CMM). Am CMM war er u. a. Lehrer von Ethel Stark und betreute 1944–1945 das Streichquartett, das von Noël Brunet, Lionel Renaud, Lucien Robert und Roland Leduc gebildet wurde.

1950 wurde er kanadischer Staatsbürger. Bailly war Ritter der Ehrenlegion.

Einzelnachweise

  1. Louis Bailly (englisch, französisch) In: Encyclopedia of Music in Canada. herausgegeben von The Canadian Encyclopedia. Abgerufen am 21. August 2016.
  2. Flonzaleys Fight. TIME Magazine, Monday, Apr. 28, 1924
  3. Le procès Louis Bailly vs. Quatuor du Flonzaley

The Curtis Institute o​f Music. Catalogue 1925-26

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