Liber Diurnus
Liber Diurnus Romanorum Pontificum ist die Bezeichnung für eine Sammlung von Schriften der päpstlichen Verwaltung in Rom. Die Sammlung umfasst Dokumente aus der Zeit vom Ende des 5. Jahrhunderts bis in das 11. Jahrhundert.
Inhalt und Geschichte
Die Sammlung enthält ca. 100 Formulare für die in der Kanzlei üblichen Vorgänge, wie Briefe, Formulare für die Wahl, die Inthronisation und die Beerdigung des Papstes, über das Verfahren bei der Einsetzung von Bischöfen, über die Gründung von Klöstern und das Einweihen von Kirchen, d. h. Dokumente, die alle Bereiche der Kirchenverwaltung betreffen. Die ersten Schriftstücke stammen aus dem Ende des 5. Jahrhunderts, wobei es über die genaue Datierung geteilte Meinungen gibt. Wesentliche Teile der Sammlung stammen aus der Zeit der Päpste Gelasius I. (492–496) und Gregor I. (590–604). Der Liber Diurnus war in der päpstlichen Kanzlei bis ins 11. Jahrhundert in Gebrauch. Wegen Veränderungen und gewandelter Erfordernisse der Bürokratie wurde das Buch nicht mehr gebraucht und geriet in Vergessenheit.
Um 1641 wurde ein Exemplar im Kloster von Santa Croce in Gerusalemme in Rom von dem päpstlichen Bibliothekar Lucas Holstenius wiederentdeckt. Vom Kolleg der Jesuiten in Paris, dem Collège de Clermont, erhielt Holstenius ein weiteres Exemplar. Er bekam jedoch keine Erlaubnis, die Texte zu veröffentlichen, da offenbar einzelne Dokumente von der Kurie als unpassend betrachtet wurden.
Das Pariser Exemplar wurde 1680 von dem Jesuiten Jean Garnier zum ersten Mal publiziert. Die Vorlage dieser zum Teil offenbar fehlerhaften Druckausgabe ging zum Teil verloren. Der Benediktiner Jean Mabillon veröffentlichte einen Ergänzungsband zu der Garnier-Ausgabe. Eine Kombination dieser Druckausgaben lieferte die Grundlage für den Basler Druck von 1741, der von Jacques Paul Migne in seine umfängliche Textausgabe der Patrologia Latina von 1851 (PL 105,21–186) aufgenommen wurde.
Manuskripte
Die drei Manuskripte, die Grundlage für die Textausgaben bilden, sind:
- das MS Vaticanus, das von Lukas Holste in Santa Croce di Gerusalemme in Rom entdeckt worden ist und heute im Vatikanischen Geheimarchiv aufbewahrt wird (Misc., Arm. XI,19);
- das MS Claromontanus aus Paris;
- das MS Ambrosianus aus der Abtei Bobbio in Italien, seit 1606 in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand (Ambros. I 2 sup.). Die Handschrift ist auf der Reichenau entstanden.
Ausgaben
- Theodor von Sickel, Liber Diurnus Romanorum Pontificum ex unico codice Vaticano, Wien 1889.
- Hans Foerster, Liber Diurnus Romanorum Pontificum, Bern 1958.
- Il Codice Ambrosiano Del Liber Diurnus Romanorum Pontificum. Per cura di L. Gramatica, E G. Galbiati. 1921. (Analecta Ambrosiana. 7.) [Facsimile mit einer Einführung].
Literatur
- H. Leclerq: Liber diurnus, In: Dictionnaire d’archéologie chrétienne et de liturgie. Band 9, Letouzey et Ané, Paris 1930, Sp. 243–344.
- Leo Santifaller: Liber Diurnus. Studien und Forschungen. Herausgegeben von Harald Zimmermann. Hiersemann, Stuttgart 1976, ISBN 3-7772-7612-X, (Georg Denzler (Hrsg.): Päpste und Papsttum 10).