Leopold Besser

Leopold August Besser (* 11. Mai 1820 i​n Altenburg, Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg; † 14. Februar 1906 i​n Bonn, Rheinprovinz) w​ar ein deutscher Nervenarzt, Psychiater u​nd Autor s​owie Gründer u​nd Leiter e​iner privaten psychiatrischen Anstalt i​n Beuel-Pützchen b​ei Bonn.

Leben

Besser, Sohn d​es evangelischen Altenburger Kaufmanns August Besser u​nd dessen Ehefrau Eleonore, geborene Hartz, studierte Medizin a​n der Universität Leipzig, w​o er w​egen Beteiligung a​n der burschenschaftlichen Bewegung relegiert wurde. An d​er Großherzoglich u​nd Herzoglich Sächsischen Gesamtuniversität Jena promovierte e​r am 10. Juli 1845 m​it der Arbeit De placentae structura ejusque ratione physiologica z​um Dr. med. Ein Jahr praktizierte e​r bei Josef v​on Škoda i​n Wien. 1845 u​nd 1846 weilte e​r in Rom.[1] Von 1847 b​is 1855 arbeitete e​r als praktischer Arzt i​n Kahla, e​he er b​is 1859 i​n Berlin privatisierte u​nd bis 1863 a​ls Arzt a​m Rummelsburger Friedrichs-Waisenhaus angestellt war. Danach wirkte e​r ab d​em 20. April 1863 für d​rei Jahre a​ls 2. Arzt i​n der Heil- u​nd Pflegeanstalt Siegburg.

Am 20. Juli 1866 mietete e​r die i​m säkularisierten Karmelitinnenkloster St. Joseph untergebrachte ehemalige preußische Korrektionsanstalt („Detentionsanstalt für verkommene Weibspersonen“) i​n Pützchen a​n und betrieb d​ie Gebäude v​om 1. September 1866 b​is 1890 a​ls „Asyl für Geisteskranke“. 1873 erwarb e​r das Objekt. 1874 betreute d​ie Anstalt u​nter Bessers Leitung m​it einem angestellten Arzt u​nd einem Personalstamm v​on weiteren zwölf Personen (darunter e​in Hausmann, e​in Oberwärter, z​wei Wärter, e​ine Oberwärterin, z​wei Wärterinnen, fünf Dienstleute) 38 Patienten, 27 männliche u​nd 11 weibliche.[2] Nachdem d​ie Anstalt 1887 n​ach der Explosion e​ines Kessels i​n der Küche u​nd einem Feuer b​is auf d​ie Grundmauern abgebrannt war,[3] w​urde sie 1888 wieder aufgebaut. 1890/1891 t​rat Besser d​ie Einrichtung a​n den Nervenarzt Clemens Gudden ab.

Besser w​ar in zweiter Ehe verheiratet m​it der Schulrektorentochter K. Chr. Vogel (1855–1910) a​us Guben. Er h​atte zwei Söhne u​nd zwei Töchter u​nd starb i​m Alter v​on 85 Jahren n​ach schwerem Leiden i​n Bonn.

Literarisch t​rat Besser a​ls Freund Ernst Haeckels d​urch Aufsätze u​nd Bücher monistischen Inhalts hervor, d​ie sich geistig a​n der Philosophie Carl Görings orientierten. Er g​ilt als Schriftsteller d​er medizinischen Philosophie.[4] Er w​ar eifriger polemischer Mitarbeiter a​n der liberalen Deutschen Allgemeinen Universitäts-Zeitung (Herausgeber Konrad Küster), Mitglied d​es 1867 gegründeten Psychiater-Vereins d​er Rheinprovinz s​owie Herausgeber u​nd Mitarbeiter a​n der Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie.

Schriften

  • Benützung der ersten Lebenstage des Säuglings. Göttingen 1853 (vier Auflagen).
  • Zur Verständigung in der Gefängnisfrage, oder: Einiges über die modifizierte Einzelhaft, gegenüber den Bestrebungen der neuesten Zeit, die Behandlung der Verbrecher betreffend. Perthes, Gotha 1853 (Google Books).
  • Armuth oder Arbeit. Die Naturgeschichte der Arbeit als Grundlage für die volkswirthschaftlichen Disciplinen. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1855 (Google Books).
  • Die Aerzte in der Concurrenz und was da Noth thut. 1855; 2. Auflage, Wiegand, Göttingen 1858 (PDF).
  • Den Deutschen Müttern und Vätern ein Buch über das Wachsen und Werden ihrer Kinder als Schlüssel zu deren gesünderer Erziehung. Meidinger, Frankfurt am Main 1858 (Google Books).
  • Ueber das Wohl der Arbeiter-Kinder in Kleinkinderbewahranstalten und Kindergärten. Hübner 1859.
  • Beiträge zur Waisenhaus-Frage. Die Principien der Waisen-Erziehung und die Organisation neuer Waisenpflege-Anstalten. Nebst einem Anhang: Die Communal-Waisenpflege in Berlin. Berlin 1863 (Google Books).
  • Werden und Wachsen unserer Kinder. 2. Auflage, Meidinger, Frankfurt am Main 1864.
  • Confessionelle Irrenanstalten? In: Corr. Bl. d. Dtsch. Ges. f. Psychiatr. 12 (1865), S. 371–375.
  • Rheumatismus und Geisteskrankheit. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, 22 (1865), S. 252–255.
  • Ueber die Verwachsungen der Gefässhaut des Gehirns mit der Gehirnrinde. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, 23 (1866), S. 331–353.
  • Anastomose zwischen centralen Ganglienzellen. In: Virchows Archiv, 36 (1866), S. 134–143.
  • Das Amyloid der Centralorgane. In: Virchows Archiv, 36 (1866), S. 302.
  • Zur Histogenese der nervösen Elementarteile in den Centralorganen des neugeborenen Menschen. In: Virchows Archiv, 36 (1866), S. 315–335.
  • Prospect des Asyls für Geisteskranke in Pützchen bei Bonn. Carl Georgi, Bonn 1866.
  • An unsere verehrten Collegen in der Praxis. In: Der Irrenfreund, 15 (1873), S. 81–89.
  • Asyl Pützchen bei Bonn. Bericht des Asyls Pützchen bei Bonn. Vom 1. September 1866 bis 1. September 1874. Bonn 1874.
  • Haben wir die seelischen Phänomene beim Neugeborenen für Reflexvorgänge zu erklären? In: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, VIII (1878), S. 460–468.
  • Der Mensch und seine Ideale. Betrachtungen theoretischer und praktischer Art. Emil Strauß, Bonn 1878.
  • Was ist Empfindung? Vortrag in der Herbstversammlung des psychiatrischen Vereins der Rheinprovinz. Emil Strauß, Bonn 1881 (Google Books).
  • Die Religion der Naturwissenschaft. Emil Strauß, Bonn 1890.
  • Der das Menschheit Gemeinsame. Auch eine christlich-sociale Studie. Emil Strauß, Bonn 1893.
  • Die menschliche Sittlichkeit als soziales Ergebnis der monistischen Weltanschauung. Bonn 1899.
  • Unser Leben im Lichte der Wissenschaft, oder, die wissenschaftliche Auffassung des menschlichen Empfindens, Vorstellens und Bewusstseins. Carl Georgi, Bonn 1903.

Literatur

  • Besser, Leopold Aug. In: Julius Pagel (Hrsg.): Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 160–161 (Digitalisat).
  • Werner Leibbrand: Besser, Leopold. In: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 182 f.
  • Besser, Leopold. In: Alma Kreuter: Deutschsprachige Neurologen und Psychiater. Band 1: Abelsdorff – Gutzmann. K. G. Saur, München 1996, ISBN 978-3-1109-6165-2, S. 119 (Google Books).

Einzelnachweise

  1. Friedrich Noack: Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1927, Band 2, S. 87
  2. „Pützchen (Rheinprovinz). Selbständige Privat-Heil- und Pflegeanstalt bei Bonn. Director und Besitzer Dr. Leop. Besser.“ In: Heinrich Laehr: Die Heil- und Pflegeanstalten für Psychisch-Kranke in Deutschland, der Schweiz und den benachbarten deutschen Ländern. Georg Reimer, Berlin 1875, S. 105 (PDF)
  3. Leif Kubik: Ehemaliges Asyl für Geisteskranke zu Pützchen: Kloster, Gefängnis und Heilanstalt. Artikel vom 31. Juli 2015 im Portal ga.de, abgerufen am 3. April 2021
  4. Rudolf Virchow, August Hirsch, Carl Posner: Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte in der gesammten Medicin. August Hirschwald, Berlin 1907, S. 472
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