Leo Loewenson
Leben
Loewenson, der aus Würzburg stammte, wuchs in Russland auf. Er studierte vor dem Ersten Weltkrieg Geschichte und Rechtswissenschaften in Berlin, St. Petersburg und Moskau. 1911 absolvierte er das russische Staatsexamen in St. Petersburg. 1912 wurde er ordentliches Mitglied am Archäologischen Institut in Petersburg.
Seit 1914 lebte Loewenson in Deutschland. Von 1922 bis 1924 unterrichtete Loewenson Geschichte und Latein an der Schule des von Emigranten in Berlin eingerichteten „Russischen Akademischen Vereins“.
1925 erhielt Loewenson eine Stellung als Assistent am Seminar für Osteuropäische Geschichte der Berliner Friedrich-Wilhelms Universität. Dort war er bis 1933 beschäftigt, wobei er vor allem mit Otto Hoetzsch, zusammenarbeitete. Während dieser Zeit war Loweenson maßgeblich am Ausbau der damals bedeutendsten Bibliothek für die russische Geschichte in Deutschland beteiligt. Zudem verfasste er diverse Beiträge für Fachzeitschriften, die sich mit der russischen Kulturgeschichte des 17. Jahrhunderts und dem Bekanntmachen neuer sowjetischer Literatur befassten. Ferner war er seit 1925 ständiger Mitarbeiter der von Albert Brackmann und Fritz Hartung herausgegebenen Jahresberichte für deutsche Geschichte, in dem er deutsche Leser über Forschungsergebnisse der sowjetischen Historiographie informierte.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 wurde Loewenson aufgrund seiner – nach nationalsozialistischer Definition – jüdischen Abstammung gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aus dem Staatsdienst entlassen. Seine Stelle wurde stattdessen von Werner Philipp übernommen.
Loewenson emigrierte daraufhin nach Großbritannien, wo er bis 1964 als Bibliotheksleiter der School of Slavonic and East European Studies in London tätig war.
Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Loewenson nach seiner Emigration als Staatsfeind eingestuft. Im Frühjahr 1940 setzte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin ihn auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die der NS-Überwachungsapparat als besonders gefährlich oder bedeutend ansah, weshalb sie im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.[1]
Schriften (Auswahl)
- Geschriebene Zeitungen aus Rußland. In: Zeitschrift für Osteuropäische Geschichte. Bd. 6 = NF Bd. 2, 1932, ZDB-ID 201416-6, S. 83–93, S. 231–237, S. 402–415, S. 552–585.
- The Moscow Rising of 1648. In: The Slavonic and East European Review. Bd. 27, Nr. 68, 1948, ISSN 0037-6795, S. 146–156, JSTOR 4204005.
- Karl Stählin : 1865–1939. A Chapter of German Historiography on Russia. In: The Slavonic and East European Review. Bd. 28, Nr. 70, 1949, S. 152–160, JSTOR 4204101.
- The Death of Paul I (1801) and the Memoirs of Count Bennigsen. In: The Slavonic and East European Review. Bd. 29, Nr. 72, 1950, S. 212–232, JSTOR 4204196.
- Otto Hoetzsch: A Note. In: The Slavonic and East European Review. Bd. 30, Nr. 75, 1952, S. 549–551, JSTOR 4204351.
- Lady Rondeau's Letters from Russia (1728–1739). In: The Slavonic and East European Review. Bd. 35, Nr. 85, 1957, S. 399–408, JSTOR 4204849.
- Some Details of Peter the Great's Stay in England in 1698: Neglected English Material. In: The Slavonic and East European Review. Bd. 40, Nr. 95, 1962, S. 431–443, JSTOR 4205370.
- Escaped Russian Slaves in England in the 17th Century. In: The Slavonic and East European Review. Bd. 42, Nr. 99, 1964, S. 427–429, JSTOR 4205571.
Literatur
- Petra Kleeb: Leo Loewenson (1884–1968) als Rußlandhistoriker. Ein Nachruf. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. NF 17, Nr. 2, 1969, S. 259–268, JSTOR 41043805.
- Gerd Voigt: Otto Hoetzsch. 1876–1946. Wissenschaft und Politik im Leben eines deutschen Historikers (= Quellen und Studien zur Geschichte Osteuropas. 21, ISSN 0079-9114). Akademie-Verlag, Berlin 1978, S. 189 f.
Weblinks
- Literatur von und über Leo Loewenson in der bibliografischen Datenbank WorldCat