Kunst als Erfahrung
Kunst als Erfahrung (englisch Art As Experience) ist eine 1934 erschienene philosophische Schrift von John Dewey zur Ästhetik.
Inhalt
Das Buch basiert auf Vorlesungen von Dewey zum Thema "Philosophie der Kunst", die er 1931 auf Einladung der Harvard-Universität gehalten hat.
Dewey kritisiert die moderne Trennung von Kunst und Alltag. Durch die Verweisung der Kunst ins Museum sei die Kunst von den Erfahrungen des Alltags getrennt worden. Sein Ziel liegt daher in der "Wiederherstellung der Kontinuität zwischen der ästhetischen Erfahrung und den gewöhnlichen Lebensprozessen"[1].
Ein zentrales Konzept für Deweys Ästhetik stellt der Begriff der Erfahrung dar, der insbesondere in seinem Spätwerk auftaucht.[2] Dewey definiert eine Erfahrung als "Interaktion von lebendigem Geschöpf und Umwelt" und somit als "Teil des eigentlichen Lebensprozesses".[3] Diese Interaktion zeichne sich durch eine schwankende Wechselbeziehung aus, die dem Menschen als widerständig begegnet. Eine Erfahrung ist von ständigen Rhythmen und Mustern begleitet, die sich beispielsweise im Sonnenaufgang und -untergang, Tag und Nacht, Regen und Sonnenschein oder dem Kreislauf der Jahreszeiten ausdrücken, an die sich der Mensch in seiner Lebensweise angepasst hat. Eine Erfahrung zu machen ist somit alltäglich; sie bleibt jedoch in der Regel unvollständig.
Eine ästhetische Erfahrung dagegen ist eine vollständige Erfahrung. Sie gewinnt dadurch an Einheitlichkeit und Individualität und besteht im Wesentlichen in der Erhöhung des Lebensgefühls. Damit ein Kunstwerk eine ästhetische Erfahrung auslösen kann, muss der Künstler den Betrachter während des Schaffensprozesses mitdenken.[4] Der Betrachter dagegen muss eine aktive Rolle einnehmen und eine kontinuierliche Interaktion mit dem Kunstwerk eingehen. Die Rezeption der Kunst ist damit ebenso wie das Kunstschaffen ein Prozess und ein Akt der Neuschöpfung.
Ausgabe in deutscher Sprache
- John Dewey: Kunst als Erfahrung. Übersetzt von Christa Velten, Gerhard vom Hofe und Dieter Sulzer. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2021. ISBN 978-3-518-28303-5.
Weiterführende Literatur
- Stewart Buettner: "John Dewey and the Visual Arts in America", in: The Journal of Aesthetics and Art Criticism 33 (1975), S. 383–391.
- Klaus Mainzer: "John Dewey: Instrumentalismus und Naturalismus in der technisch-wissenschaftlichen Lebenswelt", in: Josef Speck (Hrsg.): Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie der Neuzeit V, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1991, ISBN 3-525-03318-4, S. 170–209.
- Stefan Neubert: Erkenntnis, Verhalten und Kommunikation. John Deweys Philosophie des 'experience' in interaktionistisch-konstruktivistischer Interpretation, Münster u. a.: Waxmann Verlag 1998, ISBN 3-89325-605-9.
- Norbert Schneider: Geschichte der Ästhetik von der Aufklärung bis zur Postmoderne. Eine paradigmatische Einführung, 6. Aufl., Stuttgart: Reclam 2017, ISBN 978-3-15-009457-0.
- Wolfgang Ullrich: "John Dewey", in: Monika Betzler, Julian Nida-Rümelin, Mara-Daria Cojocaru (Hrsg.): Ästhetik und Kunstphilosophie. Von der Antike bis zur Gegenwart in Einzeldarstellungen, 2., aktualisierte und ergänzte Auflage, Stuttgart: Kröner Verlag 2012, ISBN 978-3-520-37502-5, S. 257–262.
Einzelnachweise
- John Dewey: Kunst als Erfahrung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980, S. 18.
- Stefan Neubert: Pragmatismus - thematische Vielfalt in Deweys Philosophie und in ihrer heutigen Rezeption. In: Larry A. Hickman, Stefan Neubert, Kersten Reich (Hrsg.): John Dewey. Zwischen Pragmatismus und Konstruktivismus. New York, München, Berlin 2004, S. 26.
- John Dewey: Kunst als Erfahrung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980, S. 47.
- John Dewey: Kunst als Erfahrung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980, S. 61.