Kuhreiher
Der Kuhreiher (Bubulcus ibis) gehört zur Familie der Reiher aus der Ordnung Pelecaniformes. Er ist weltweit verbreitet und fehlt nur auf der Antarktika, sein Verbreitungsgebiet hat sich insbesondere im Verlauf des 20. Jahrhunderts stark ausgedehnt. Es werden zwei Unterarten unterschieden, die von einigen Autoren auch als eigene Arten aufgefasst werden.[1] In diesem Artikel wird der traditionellen Darstellung gefolgt, nach der der Kuhreiher die einzige Art der Gattung Bubulcus darstellt.
Kuhreiher | ||||||||||||
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Ein Kuhreiher in Osttimor | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Bubulcus | ||||||||||||
Bonaparte, 1855 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Bubulcus ibis | ||||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Die IUCN stuft den Kuhreiher als nicht gefährdet (least concern) ein.
Aussehen
Der Kuhreiher erreicht eine Körperlänge von 46 bis 56 Zentimeter und wiegt zwischen 300 und 400 Gramm. Die Flügelspannweite beträgt 88 bis 96 Zentimeter.[2]
Auf den ersten Blick erinnert der Kuhreiher an den Rallenreiher, der jedoch etwas dunkler und kleiner ist. Ausgewachsene Tiere besitzen ein hauptsächlich weißes Gefieder, einen gelben Schnabel und gelbe Beine. Außerhalb der Fortpflanzungszeit ist die Augenumgebung grünlich bis gelb. Im Prachtkleid zur Brutzeit trägt der Kuhreiher Federbüschel auf dem Kopf und rotbräunlich gefärbte Federn auf Rücken, Brust und Kopf. Die Augenumgebung ist dann blau, während der Hochbalz ist außerdem der Schnabel und die Zügel rötlich.
Verbreitung
Verbreitung weltweit
Ursprünglich war der Kuhreiher nur in der alten Welt beheimatet. Die Nominatform Bubulcus ibis ibis kam in Südeuropa, Nordwestafrika, der Region südlich der Sahara, auf Madagaskar und anderen Inseln des Indischen Ozeans sowie im Süden der Türkei und im Südwesten Asiens sowie in Südrussland vor. Die Unterart Bubulcus ibis coromandus ist von Vorderindien über Südchina bis nach Südjapan, Korea und den Sundainseln verbreitet.
Der Kuhreiher hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts stark ausgebreitet. Er hat dabei stark von der Umwandlung von Waldgebieten in Weideland profitiert. Die Bestandszahlen sind vor allem in Regionen mit hohen jährlichen Niederschlagsmengen gestiegen. Der Bestandsanstieg wurde vor allem dann begünstigt, wenn die Region zuvor eine niedrige Dichte an Megaherbivoren aufwies und mittlerweile intensiv als Weideland genutzt wird. Die Arealausweitung in afrikanische und australische Regionen mit niedrigeren Niederschlagsmengen wurde durch die Anlage künstlicher Gewässer und Bewässerungsanlagen unterstützt. Farmer schätzen gewöhnlich die Ansiedlung von Kuhreihern, da sie Weideschädlinge fressen. Eine hohe Dichte an Kuhreihern trägt dazu bei, die Zahl der Schildzecken zu reduzieren, die an Rindern saugen.[3]
Ausbreitung in Amerika, Australien und Neuseeland
Um das Jahr 1877 waren erste Kuhreiher in Südamerika zu sehen, ab 1930 besiedelte die Art von Britisch-Guayana ausgehend Nord- und Südamerika. Das amerikanische Verbreitungsgebiet reicht heute von Kanada, wo diese Art ab 1940 einwanderte, über Mittelamerika bis nach Chile. Auf Hawaii wurde die Art 1949 eingeführt. Mittlerweile ist der Kuhreiher eine der häufigsten Reiherarten der warm-gemäßigten Regionen Amerikas.
Im australischen Northern Territory wurden 1933 18 Kuhreiher ausgewildert, die aus Indien stammten. Diese Einführung gilt aber als nicht erfolgreich.[4] 1949 wurden erstmals im nur dünn besiedelten Landkreis Oenpelli des Northern Territorys Kuhreiher beobachtet. Die Reiher waren hier bereits so zahlreich anzutreffen, dass man es für unwahrscheinlich hält, dass sie von den 1933 ausgewilderten Reiher abstammten. Zwischen 1949 und 1979 beobachtete man gleichzeitig immer wieder Irrgäste in der westaustralischen Region Pilbara. Die erste Brut in Westaustralien wurde jedoch erst 1980 in der Nähe von Wyndham beobachtet. Bereits 1954 wurden brütende Kuhreiher in New South Wales im Südosten Australiens beobachtet, dort wuchs die Population innerhalb von 20 Jahren auf 2.300 Brutpaare an. Mittlerweile ist der Kuhreiher eine in Australien weit verbreitete und lokal häufige Reiherart. Ein Verbreitungsschwerpunkt ist der Norden Australiens von Wyndham bis Arnhemland sowie der Osten Australiens von Bundaberg in Queensland bis in den äußersten Südosten Australiens und Tasmanien. Kuhreiher sind außerdem zahlreich in einer Region im Südwesten Australiens, die von Perth bis nach Esperance reicht.[5]
Ausgehend von Australien wurde auch Neuseeland von Kuhreihern besiedelt. Die erste gesicherte Beobachtung gibt es aus dem Jahr 1963. Mittlerweile erreichen Irrgäste Neuseeland regelmäßig in den Monaten April bis Mai die Westküste Neuseelands. Die Zahl schwankt dabei sehr stark. 1986 zählte man beispielsweise mehr als 3.200 Kuhreiher, 1988 ging die Zahl auf 1.142 Reiher zurück. Bruten wurden im 20. Jahrhundert in Neuseeland nicht festgestellt.[6]
Verbreitung in Europa
Der europäische Verbreitungsschwerpunkt ist die Iberische Halbinsel. In Mitteleuropa kommt er in geringer Zahl als Brut- und Jahresvogel in Belgien und den Niederlanden vor. In Belgien brütet er seit 1998, im Jahr 2000 gab es schon 9 Nester dieser Art. In den Niederlanden brütet er gleichfalls seit 1998.[7] In den übrigen mitteleuropäischen Ländern ist er regelmäßig zu beobachten. Dies ist zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass der Bestand in Südwest-Europa zugenommen hat und es dadurch in Mitteleuropa verstärkt einen Einflug gibt. Daneben gibt es eine Reihe von Gefangenschaftsflüchtlingen. In einigen mitteleuropäischen Zoos, wie etwa dem Zoo Hannover und dem Nürnberger Zoo, werden Kuhreiher in Freiflughaltung gehalten.
Wanderungen
Der Kuhreiher ist ein Kurzstreckenzieher beziehungsweise Teilzieher. Die Brutvögel Spaniens wandern ungerichtet ab, wobei hierbei nicht deutlich zwischen nachbrutzeitlichen Streuungswandungern und einem Wegzug zu trennen ist. Bei den Nordafrikanischen Kuhreihern erfolgen zum Teil sehr weite Flüge zu Nahrungsgründen, es ist aber kein Zug zu beobachten. Auch die Brutvögel in Südfrankreich sind dort Überwinterer. Einzelne Wanderungen europäischer Brutvögel bis nach Südafrika sind nachgewiesen, jedoch handelt es sich hier ebenfalls mehr um Zerstreuungswanderungen als um einen gerichteten Zug.[8]
Lebensraum
Im Gegensatz zu anderen paläarktischen Reihern ist der Kuhreiher nicht sehr stark an Wasser gebunden. Er fängt auch gerne Insekten in trockeneren Gebieten wie Felder und Weiden. Oft bewegt er sich zwischen Viehherden, auch setzt er sich gerne weidenden Tieren auf den Rücken. Daneben kommt er auch in sumpfigen Gebieten sowie auf Überschwemmungsflächen vor. Er schließt sich sehr häufig pflanzenfressenden Großsäugern an oder folgt auch pflügenden Bauern.
Lebensweise
Kuhreiher sind tagaktive Vögel und sind außerdem sehr sozial. Sie sind regelmäßig in kleinen Trupps auf Nahrungssuche, wobei die Gruppenjagd die Effizienz der Nahrungssuche erhöht. Lediglich individuelle Kleinstterritorien werden verteidigt. Kuhreiher nisten in Kolonien und sind dabei häufig mit anderen Reiherarten vergesellschaftet.
Zum Nahrungsspektrum des Kuhreihers gehören Heuschrecken, Spinnen, Zecken, Frösche, Reptilien und kleinere Säugetiere. In Australien frisst der Kuhreiher auch Aga-Kröten.[9] Im Winterhalbjahr spielen Regenwürmer eine größere Rolle im Nahrungsspektrum. Während der Nahrungssuche folgen Kuhreiher weidendem Vieh wie Schafen, Ziegen, Pferden und Kühen. Regelmäßig lesen sie auch Ektoparasiten von weidendem Vieh ab.
Ihre Geschlechtsreife erreichen Kuhreiher im 2. Lebensjahr. Sie führen eine monogame Saisonehe, wobei Bigynie jedoch beobachtet werden kann. Die Nester werden auf Bäumen oder in Büschen sowie im Röhricht errichtet. Gewöhnlich trägt das Männchen das Nistmaterial ein, das das Weibchen in durchschnittlich sechs bis sieben Tagen zu einem Nest verbaut. Der Legebeginn ist im April. Die Gelege umfassen in der Regel vier bis fünf Eier, wobei ein Legeabstand von ein bis zwei Tagen besteht. Die Eier werden von beiden Elternvögel 22 bis 26 Tage lang bebrütet. Die Jungvögel schlüpfen asynchron und werden erst ab dem 10. Tag von den Elternvögeln auch allein gelassen. Mit etwa 20 Tagen verlassen sie das Nest. Sie sind jedoch erst mit 25 bis 35 Tagen flügge.[10]
Bestand und Bestandsentwicklung
Der europäische Gesamtbestand betrug in den 1970er Jahren etwa 50.000 Brutpaare. Seitdem hat der Bestand teils sehr stark zugenommen. Seit den 1990er Jahren kommen allein auf der iberischen Halbinsel mehr als 80.000 Brutpaare vor. Auch in Frankreich gibt es einen zunehmenden Brutvogelbestand.[11]
Belege
Literatur
- Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg.): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel. Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2.
- P. J. Higgins (Hrsg.): Handbook of Australian, New Zealand & Antarctic Birds, Band 1, Ratites to Ducks, Oxford University Press, Oxford 1990, ISBN 0-19-553068-3
- James A. Kushlan & James A. Hancock: Herons. Oxford University Press, 2005, ISBN 0-19-854981-4
Weblinks
- Bubulcus ibis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2009. Eingestellt von: BirdLife International, 2009. Abgerufen am 10. März 2010.
- Videos, Fotos und Tonaufnahmen zu Bubulcus ibis in der Internet Bird Collection
- Alters- und Geschlechtsmerkmale (PDF; 2,6 MB) von J. Blasco-Zumeta und G.-M. Heinze (eng.)
- Federn des Kuhreihers
Einzelbelege
- Liste der Vogelnamen der IOU IOC World Bird List
- Bauer et al., S. 259
- Higgins, S. 1018
- Higgins, S. 1020
- Higgins, S. 1018
- Higgins, S. 1020
- Bauer et al., S. 259
- Bauer et al., S. 259
- Higgins, S. 1021
- Bauer et al., S. 260
- Bauer et al., S. 259 und S. 260