Knuddels
Knuddels | |
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Knuddels der Chat: Chatten. Flirten. Spielen. | |
Sprachen | deutsch |
Betreiber | Knuddels GmbH & Co. KG, Karlsruhe |
Redaktion | Holger Kujath, Mathias Retzlaff, Mirko Strauß (Gesellschafter) |
Registrierung | notwendig (anonym) |
Online | 9. Sep. 1999 |
https://www.knuddels.de/ |
Knuddels | |
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Basisdaten | |
Entwickler | Knuddels GmbH & Co KG |
Aktuelle Vorabversion | 10.2 |
Betriebssystem | unabhängig |
Programmiersprache | Java, JavaScript, TypeScript, React |
Kategorie | Chat |
Lizenz | proprietär |
deutschsprachig | ja |
www.knuddels.de |
Knuddels ist eine Online-Community im deutschsprachigen Raum, die 1999 gegründet und im Laufe der 2000er Jahre populär wurde. Nutzer können sich Accounts erstellen und sich innerhalb verschiedener meist themenbezogener Chaträume mit anderen Nutzern austauschen. Der Onlinedienst stand wegen seines Missbrauchspotentials, insbesondere aufgrund Cyber-Groomings und Sexueller Belästigung in der Kritik. Im Jahr 2018 wurde ein umfangreicher Hack bekannt, bei dem 1,8 Millionen personenbezogene Daten illegal kopiert wurden.
Entstehung und Werdegang
Das im Sommer 1999 gestartete Projekt wurde von Holger Kujath (Idee und Chat) gegründet, um die technischen Möglichkeiten und den Unterhaltungswert der auf dem Markt befindlichen Chatsysteme zu verbessern. Mathias Retzlaff (Chatclient, Fotogalerie und Homepages) und Mirko Strauß (Design) vervollständigten 2000 das Gründerteam. Kujath und Retzlaff waren zu diesem Zeitpunkt Informatikstudenten im dritten Semester an der Universität Karlsruhe. Im September 2002 wurde die Firma Knuddels GmbH & Co. KG mit Kujath und Retzlaff als Geschäftsführer gegründet, welche als Entwickler und Betreiber der Seite fungieren.
Im Frühjahr 2002 wurde Knuddels von CAMPUS im Cyberforum für die CAMPUS-Förderung ausgewählt. Am 4. Dezember 2002 wurde Knuddels auf der Netnight in Stuttgart der NEO Award für die „beliebteste Internetseite“ verliehen. Finanzielle Einnahmen beziehen die Betreiber von Knuddels durch Werbeeinblendungen und durch verschiedene, kostenpflichtige Premiumdienste (Smiley-Abo, Smiley-Kauf).
Ab Mitte 2005 wurden nach heftiger Kritik sowohl in den Medien als auch intern schrittweise neue Maßnahmen für den Jugendschutz ergriffen. 2014 hatte das Unternehmen 30 Mitarbeiter.
Im Jahr 2018 gab es monatlich etwas mehr als 300.000 aktive Benutzer.[1] 2019 stellte Knuddels seinen Web Client auf ein neues Design um, welches seit 2020 auch für die Knuddels iOS App Verwendung findet.
Anti-Extremismus
Um die politischen Aktivitäten von etwaigen Extremisten unter den Benutzern so gering wie möglich zu halten, wurde anfangs ein „Anti-Rechts-Team“ (kurz ART) gegründet, welchem Admins, Stammchatter und Ehrenmitglieder angehörten. Dieses Team hat sich darauf spezialisiert, rechtes Gedankengut aus dem Chat zu verbannen. Später wurde das Team in „Anti-Extremismus-Team“ (kurz AET) umbenannt, welches nun sämtliche Formen von Extremismus überwacht. Hierbei werden auch die Channel-Moderatoren darüber aufgeklärt und einbezogen.[2]
Am 11. Oktober 2012 wurde eine Spendenaktion für mehr Toleranz ins Leben gerufen.[3] Zusammen mit der Amadeu Antonio Stiftung wollte man ein Zeichen für mehr Toleranz und Akzeptanz in der Bevölkerung, gegen rechte Gewalt (Rechtsextremismus), setzen. Während der etwa viermonatigen Sammelzeit kamen insgesamt 5.392,24 Euro durch die Usergemeinschaft zusammen, welche von der Chatleitung auf 10.000 Euro aufgestockt wurde.[4]
Kritik
Suchtgefahr
Kritiker warnen, dass die Suchtgefahr von Knuddels im Vergleich zu anderen Chats höher sei, da es sich nicht nur um eine Kommunikationsmöglichkeit wie üblich handele, sondern „eine eigene Gesellschaft aufgebaut“ werde.[5]
Sexueller Missbrauch und Cybergrooming
Wie bei anderen Chat-Angeboten existiert auch bei Knuddels die Gefahr, dass erwachsene Personen die Plattform zum Kontaktaufbau zu Heranwachsenden ausnutzen. Für männliche Täter ist dabei besonders vorteilhaft, dass sie anonym sind, vor dem Computer nicht beobachtet werden und parallel Netzwerke wie Skype, Facebook oder Instagram nutzen können.[6]
Wiederholt kam es schon zu Straftaten bis hin zu Mord und konkreten Missbrauchsdelikten im Zusammenhang mit der Nutzung von Knuddels.[7]
Im RTL-Spezial Angriff auf unsere Kinder berichteten Eltern und Missbrauchsopfer über Cybergrooming auf Knuddels. Zwei ehemalige Administratoren gaben an, dass dagegen kaum etwas unternommen werde.[8][9] Im Rahmen der Sendung meldeten sich in einem Experiment drei erwachsene Frauen auf Knuddels an und gaben sich als Zwölfjährige aus; sie wurden von Männern teils massiv bedrängt und erhielten innerhalb von drei Tagen über 500 übergriffige, sexualisierte Kontaktanfragen. In einem Statement sagte der Betreiber: „Wir von Knuddels nehmen die im RTL-Beitrag gezeigten Herausforderungen für unser Netzwerk seit Jahren sehr ernst und setzen viel daran, dass unsere User maximal gut geschützt werden.“ Knuddels verwies weiterhin auf eine Reihe bestehender und kommender Schutzmaßnahmen, welche auf seiner Jugendschutzseite gesammelt zur Einsicht vorliegen.[10]
Datendiebstahl 2018 & DSGVO-Verletzung
Im September 2018 wurde bekannt, dass 1,8 Millionen Datensätze von Knuddels unbefugt kopiert wurden (sog. Datendiebstahl). Diese Datensätze enthielten unter anderem Namen, Wohnort, E-Mail-Adresse und das unverschlüsselte Passwort der Nutzer.[11] Die Speicherung von Passwörtern im Klartext ist ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung, das Unternehmen musste daher 20.000 Euro Strafe zahlen.[12] Laut dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg wurde das Urteil u. a. durch die hohe Kooperationsbereitschaft bei der Behebung dieser Missstände abgemildert.[13]
Einzelnachweise
- "Bock zu chatten?" – Ich habe mich nach 15 Jahren wieder bei Knuddels.de angemeldet, Vice, 13. Juli 2018
- Die offizielle Webpräsenz des Anti-Extremismus-Teams, abgerufen am 26. Dezember 2010
- Offizielle Ankündigung der Spendenaktion der Chatleitung, vom 11. Oktober 2012
- Ende der Spendenaktion für die Amadeu Antonio Stiftung, vom 18. Februar 2013
- Die Knuddel-Kinder, Tagesspiegel vom 2. Juli 2007
- Missbrauch: Ansprache von Kindern im Netz soll strafbar sein, Berliner Morgenpost vom 12. April 2019
- vgl. z. B.:
Spiegel.de: Morde nach Chat-Flirt: "Was sagen die bei knuddels.de jetzt über mich?", vom 14. Januar 2009.
Stern.de: Sehnen und Sterben im Netz, vom 14. Januar 2009.
Stefan Wette: Sex-Täter nutzte knuddels.de. In: www.derwesten.de. 1. Oktober 2010, archiviert vom Original am 2. Oktober 2016 .
nordbayern.de, Nürnberg, Germany: Zwei Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs im Internet. In: www.nordbayern.de. Abgerufen am 28. September 2016.
Ermittler sagen im Prozess gegen Silvio S. aus. Abgerufen am 28. September 2016.
Zeitungsverlag Waiblingen, Germany: Waiblingen: Amtsgericht: 15-Jährige missbraucht. Abgerufen am 28. September 2016. - Nach RTL-Spezial: "Angriff auf unsere Kinder - Die Reaktionen": Experten-Talk mit Ihren Fragen auf rtl.de. Abgerufen am 10. März 2021.
- Video RTL Spezial - Angriff auf unsere Kinder und was WIR dagegen machen können! auf tvnow.de. Abgerufen am 10. März 2021.
- Jugendschutz bei Knuddels. Abgerufen am 17. September 2021.
- Chatcommunity: Millionen Zugangsdaten von Knuddels im Klartext im Netz - Golem.de. (golem.de [abgerufen am 8. September 2018]).
- heise online: Passwörter im Klartext: 20.000 Euro Bußgeld nach DSGVO gegen Knuddels.de. Abgerufen am 27. November 2018 (deutsch).
- Gepostet von Pressestelle | 22 November 2018 | Aktuelle Meldungen, Bußgeld, Datenschutz, Pressemitteilungen: LfDI Baden-Württemberg verhängt sein erstes Bußgeld in Deutschland nach der DS-GVO - Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg. Abgerufen am 17. September 2021 (deutsch).