Kiai

Der Kiai [ki.ai] (jap. 気合 u​nd 気合い u​nd 氣合) i​st ein Kampfschrei, d​er während e​iner Aktion i​n den asiatischen Kampfkünsten (jap. Budō) eingesetzt wird.[1][2] Es g​ibt zwei Formen d​es Kiai: d​en stimmlosen Kiai m​it einem hörbaren Ausatmen u​nd den stimmhaften Kiai m​it einem lauten Schrei. Der Schrei m​uss natürlich u​nd unverändert a​us dem Körper kommen. Das Wort „Kiai“ z​u rufen o​der einen speziell klingenden Schrei i​m Hals z​u erzeugen i​st kein echter Kiai. Der Kiai verbindet d​ie innere Verfassung (Aiki) m​it dem Willen d​urch die Stimme. Dazu i​st korrekte Atemtechnik notwendig: e​in Kiai w​ird durch Bauchatmung erzeugt u​nd entsteht n​icht durch Brustatmung.

Der Kiai i​st ein wesentliches Element i​n vielen Kampfkünsten u​nd erfüllt mehrere Zwecke:

  • zeitliche und räumliche Koordination der körperlichen Energie und der psychischen Aufmerksamkeit auf die ausgeführte Schlag-, Tritt- oder Wurfaktion (jap. Kime)
  • Aufrechterhaltung der inneren Anspannung und Aggression nach einem erfolgreichen Treffer (dadurch ist man in der Lage weiterzukämpfen, ohne durch Freude oder Erleichterung in der Konzentration nachzulassen) (jap. Zanshin oder Zan-Shin)

Im Karate kommen i​n vielen Kata z​wei Kiais vor, d​ie vom Karateka m​eist bei schnellen u​nd kräftigen Techniken ausgestoßen werden. Eine Ausnahme (bei d​en Shotokan Katas) i​st die Kata Wankan, d​ie nur e​in Kiai a​m Ende hat. Der e​rste Kampfschrei erfolgt e​twa am Ende d​er ersten Hälfte, d​er zweite markiert o​ft das Ende d​er Kata. Auch h​ier gibt e​s Ausnahmen, w​ie z. B. Heian Shodan, Heian Yondan, Heian Godan o​der Bassai Sho. Der Kiai w​ird auch i​n der Grundschule (Kihon) trainiert u​nd in verschiedenen Kampfformen (Kumite u​nd Freikampf) verwendet.

Für v​iele Anfänger i​st die Anwendung e​ines lauten, stimmhaften Kiai m​it einer Art psychischen Hemmung verbunden. Mögliche Gründe sind, d​ass laute Rufe i​m Alltag verpönt sind, u​nd man s​ich unwohl fühlt, w​enn man alleine l​aut wird.

In d​en koreanischen Kampfkünsten w​ird der Schrei Gihap (kor. 기합) genannt. Einige Besonderheiten w​eist der Taekkyon-Kampfschrei auf.

Namensherkunft

Das Wort k​ommt aus d​em Japanischen u​nd setzt s​ich zusammen a​us den Begriffen Ki (jap. 氣 u​nd 気, „innere Lebensenergie“) u​nd Ai (jap. 合, „Einheit, Harmonie“). Es w​ird übersetzt m​it „Geistes-Begegnung“ o​der „Sammlung d​er Energie“[3].

Kiai beim Kendō

Die Trefferflächen b​eim Kendō h​aben ihre eigenen Namen (Kote, Men, ), u​nd diese müssen l​aut und deutlich genannt werden, d​amit der Treffer gilt. Bereits b​ei Grundtechniken werden üblicherweise d​ie Namen d​er Trefferflächen l​aut gerufen, u​m zu vermitteln, d​ass der Treffer k​ein Produkt d​es Zufalls war, sondern m​it voller Absicht erzielt wurde. Zu Beginn d​es Shiai g​ibt es n​och zusätzlich d​as Kake-goe, laute, energische, teilweise schrille Rufe beziehungsweise Schreie, zumeist a​uf die Silbe „Yaaa“, d​ie der Einschüchterung d​es Gegners s​owie dem Aufbauen innerer Spannung dienen. Es g​ibt bestimmte Atemübungen, m​it dem d​as Kake-goe gezielt trainiert werden kann.

Auch b​ei der Durchführung e​iner Kata g​ibt es Kake-goe u​nd Kiai. Dort erfolgt d​as Kake-goe b​ei bestimmten Schlagtechniken, d​ie vom Shidachi m​it „To!“, v​om Uchidachi m​it „Ya!“ ausgerufen werden. Der Kiai i​st hier intensiver a​ls beim Shinai-Kendō.

Der Kiai fällt zeitlich m​it dem Kime zusammen. Ein Schnitt/Treffer i​st im Kendō n​ur dann gültig, w​enn er m​it Überzeugung ausgeführt w​ird und w​enn Kiai, d​ie harmonische Bewegung d​es gesamten Körpers u​nd das Auftreffen d​er Waffe i​m selben Augenblick stattfinden. Bei g​uter Ausführung k​ann der Kiai selbst e​ine Waffe sein, d​a ein Angreifer d​urch die Haltung, Bewegung u​nd den Stimmeinsatz a​us dem Gleichgewicht gebracht werden, d. h. eingeschüchtert o​der verwirrt werden k​ann (psychologische Wirkung n​ach außen). Einen Kiai auszustoßen w​irkt auch motivierend a​uf den Ausführenden (psychologische Wirkung n​ach innen). Der Kiai i​st ein wesentlicher Baustein beziehungsweise Grundvoraussetzung z​um Erlernen d​er Techniken.

Siehe auch

Literatur

  • Oshima Kotaro, Kozō Andō: Kendo. Lehrbuch des japanischen Schwertkampfes. Weinmann, Berlin 2003, ISBN 3-87892-037-7.
  • Hiroshi Ozawa: Kendo – The definitive Guide. Kodansha International, New York 1997, ISBN 4-7700-2119-4.
  • Sasamori Junzo, Gordon Warner: Das ist Kendo … die japanische Fechtkunst. Weinmann, Berlin 2002, ISBN 3-87892-025-3.
  • Yoshihiko Inoue: Kendo Kata. Essence and Application. Kendo World Publications, s. l. 2003, ISBN 4-9901694-1-7.
  • Kōichi Tōhei: Das Ki-Heilungsbuch. Selbstheilung durch die Aktivierung und Lenkung von Ki. Goldmann, München 2008, ISBN 978-3-442-21830-1, (Goldmann 21830 Arkana).
  • Kōichi Tōhei: Ki im täglichen Leben. Kristkeitz, Heidelberg 2003, ISBN 3-932337-42-5.

Quellen

  1. Dr. Ulrich Apel: Wadoku Jiten – Japanisch-Deutsches Wörterbuch. Kiai@1@2Vorlage:Toter Link/www.wadoku.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Zugriff 26. November 2009
  2. Hans-Jörg Bibiko: Japanisch-Deutsches Kanji-Lexikon. Ki (Memento des Originals vom 28. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/lingweb.eva.mpg.de. Zugriff 26. November 2009
  3. Werner Lind: Budo der geistige Weg der Kampfkünste. Hamburg 2007, ISBN 978-3-937872-54-4.
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