Kalabscha
Kalabscha (arabisch كلابشة, DMG Kalābaša) war ein Ort im heutigen Ägypten in Unternubien und ist die moderne Bezeichnung für das antike Talmis. Der Ort lag etwa 50 Kilometer südlich von Assuan auf 195 Metern Höhe und ist heute im Nassersee versunken.
Stadtbild
Der Ort erlebte seine Blütezeit als lokales Herrschaftszentrum nach der Einführung des Christentums im 6. Jahrhundert. Zur Verteidigung gegen Nomadenüberfälle wurde er von einer Stadtmauer umgeben, wie sie ähnlich einige Jahrhunderte zuvor in Faras und in christlicher Zeit in Ikhmindi, Sabagura und Sheik Daud errichtet wurden. Charakteristisch für die nubischen Verteidigungsanlagen waren gewinkelte Torvorbauten.[1]
Mandulis-Tempel
Kalabscha ist besonders durch seine Tempelanlage bekannt: Hier stand der ganz in Sandstein erbaute Haupttempel des nubischen Gottes Mandulis und der Göttin Isis von Philae. Bei dem Tempel, dessen Tempelhaus allein 77 Meter lang ist, handelt es sich um die größte freistehende Tempelanlage in Unternubien. Der von einer 15 Meter hohen Ziegelmauer umgebene Tempelbezirk hat die Ausmaße von 66 × 92 Meter.
Ptolemaios VIII. ließ ein Heiligtum der 18. Dynastie durch einen kleinen Tempel ersetzen. Dieser Tempel wurde unter Augustus durch eine größere Anlage ersetzt. Die Inschriften und Dekorationen des Tempels blieben jedoch unvollendet. In christlicher Zeit wurden Teile der Anlage in eine Kirche umgewandelt.
Der Tempel von Kalabscha wurde beim Bau des Assuan-Staudamms 1961–1963 unter deutscher Federführung in 13.000 Blöcke zerlegt und zusammen mit den aus einigen anderen Orten geborgenen Tempeln auf der Insel Neu-Kalabscha etwas südlich und in Sichtweite des Staudamms von Assuan wieder aufgebaut. Ein beim Abtragen des Tempels in den Fundamenten entdeckter Vorgängerbau, der unter Ptolemaios VIII. gebaut worden war, wurde auf der Insel Elephantine wieder aufgebaut. Ein ebenfalls in den Fundamenten gefundener älterer und als Füllmaterial verwendeter Torbau wurde von ägyptischer Seite der Bundesrepublik Deutschland zum Dank für ihre Hilfe im Rahmen der UNESCO-Kampagne zur Rettung nubischer Altertümer zum Geschenk gemacht und befindet sich seit 1973 im Ägyptischen Museum Berlin. Ein Umzug ins Pergamonmuseum ist geplant. In unmittelbarer Nähe wurde auch der Kiosk von Kertassi auf Neu-Kalabscha wieder aufgebaut.
Der Tempel steht seit 1979 auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO.[2]
Literatur
- Dieter Arnold: Lexikon der ägyptischen Baukunst. Albatros, Düsseldorf 2000, ISBN 3-491-96001-0, S. 119.
- Dieter Arnold: Die Tempel von Kalabscha. Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo (DAI), Kairo 1975.
- Henri Gauthier: Le Temple de Kalabchah (= Les Temples immergés de la Nubie.). 3 Bände, Imprimerie de l' Institut français d'archéologie orientale, Kairo 1911/ 14 (Digitalisat. Band 1 / Digitalisat. Band 2 / Digitalisat. Band 3).
- Edwin Henfling: Kalabscha. In: Wolfgang Helck (Begr.): Lexikon der Ägyptologie. Band 3, Harrassowitz, Wiesbaden 1983, ISBN 3-447-02100-4, S. 295 f.
- Karl G. Siegler: Kalabsha. Architektur und Baugeschichte des Tempels. Mann, Berlin 1980, ISBN 3-7861-2062-5 (Nachdruck der Ausgabe Mainz 1970).
- George R. Wright: Kalabsha. The Preserving of the Temple. Neuauflage, Mann, Berlin 1972, ISBN 3-7861-2186-9.
- George R. Wright: The Ptolemaic Sanctuary of Kalabsha. Its Reconstruction on Elephantine Island. von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0892-2.
- Hanns Stock, Karl Georg Siegler: Kalabsha. Der größte Tempel Nubiens und das Abenteuer seiner Rettung. F. A. Brockhaus, Wiesbaden 1965.
- Max-Pol Fouchet: Nubie. Splendeur sauvée. La Guilde du Livre, Lausanne 1965, S. 86 ff.
Weblinks
- Tempel von Kalabsha, Beit el-Wali, Dedwen und Qirtas auf www.leben-in-luxor.de
- Plan des Tempels von Kalabscha
Einzelnachweise
- Friedrich Wilhelm Deichmann, Peter Grossmann: Nubische Forschungen. Deutsches Archäologisches Institut. Mann, Berlin 1988, ISBN 3-7861-1512-5, S. 89.
- Nubian Monuments from Abu Simbel to Philae - UNESCO World Heritage Centre