Jurjen Koksma
Jurjen Ferdinand Koksma (* 21. April 1904, Schoterland; † 17. Dezember 1964, Amsterdam) war ein niederländischer Mathematiker, der auf dem Gebiet der analytischen Zahlentheorie, insbesondere über Diophantische Approximation, arbeitete.
Koksma promovierte 1930 an der Universität Groningen über das Thema Over stelsels Diophantische ongelijkheden (Über Systeme diophantischer Ungleichungen). Sein Doktorvater war Johannes van der Corput. Nach einem halbjährigen Aufenthalt in Göttingen wurde Koksma im Oktober 1930 Professor an der Freien Universität Amsterdam, wo er zusammen mit dem Physiker Johannes Gerardus Sizoo die neugegründeten Fakultäten für Mathematik und Physik aufzubauen begann.[1] In den Jahren 1938 und 1953 war er Rector Magnificus der Freien Universität[2], 1954 Hauptorganisator des Internationalen Mathematikerkongresses in Amsterdam und von 1954 bis 1961 Sekretär der naturwissenschaftlichen Abteilung der Königlich-Niederländischen Akademie der Wissenschaften.
Im Jahr 1946 begründete Koksma mit den Mathematikern und Physikern van Dantzig, van der Corput, Kramers, Minnaert, Schouten das mathematische Zentrum (Mathematisch Centrum) in Amsterdam, welches heute Centrum Wiskunde & Informatica (CWI) heißt.[3]
Koksmas bekanntestes Werk ist das Buch Diophantische Approximationen, welches 1936 in der Reihe Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete beim Julius Springer Verlag in Berlin erschien und einen umfassenden Überblick des damaligen Forschungsstandes gab.[4]
1939 führte er eine zu der von Kurt Mahler (der 1932 S, T, U Klassen definierte) äquivalente Klasseneinteilung reeller und komplexer Zahlen nach Transzendenzeigenschaften ein.
1942 bewies Koksma die nach ihm benannte Ungleichung[5], die 1961 von Edmund Hlawka auf mehrere Dimensionen verallgemeinert wurde und noch heute bei der Behandlung von numerischen Integrationsmethoden mit Quasi-Zufallszahlen eine große Rolle spielt[6] (siehe auch Gleichverteilung modulo 1, Diskrepanz und Monte-Carlo-Algorithmus).
Zu Koksmas Schülern gehören Nicolaas Govert de Bruijn und Lauwerens Kuipers.[7]
Jurjen Koksma hatte zwei Brüder, die auch Mathematiker waren: Jan Koksma (Promotion 1937 in Groningen[8]) und Marten Koksma. Koksma heiratete 1933 Grietje van der Stouwe, sie hatten fünf Söhne und zwei Töchter.
Schriften
Koksmas Publikationsliste enthält rund 50 mathematische Artikel[9], sowie sein Hauptwerk
- Diophantische Approximationen, Springer, Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete, 1936 (Nachdrucke 1950, 1974, 2002)
und einen Konferenzband (zusammen mit Lauwerens Kuipers)
- Asymptotic distribution modulo 1, Nuffic International Summer School, 1962 (P. Noordhoff, Groningen 1964).
Aus dem Jahr 1930 stammen seine ersten beiden Schriften, nämlich die
- Dissertation: Over stelsels Diophantische ongelijkheden (137 Seiten) und die
- Antrittsrede an der freien Universität Amsterdam: Benaderingsproblemen bij irrationale getallen (19 Seiten).
Koksmas Koautoren waren (in chronologischer Reihenfolge) Johannes van der Corput, Jan Popken, Barend Meulenbeld, István Gál (Steven Gaal), Paul Erdős, Raphaël Salem und Gerrit Lekkerkerker.[10] Er schrieb zu ungefähr gleichen Anteilen auf Niederländisch, Deutsch, Französisch und Englisch – allerdings verwendete er Deutsch nur bis 1942 und Englisch erst ab 1943.
Literatur
- John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: Jurjen Koksma. In: MacTutor History of Mathematics archive.
- Lauwerens Kuipers und Jan Popken: In memoriam J.F. Koksma (1904–1964), Nieuw Archief voor Wiskunde, Serie 3, 13 (1965), S. 1–18, enthält ein Photo und die Publikationsliste (auch die nicht-mathematischen Vorträge und Artikel)
- Jurjen Ferdinand Koksma (niederländisch, mit Photo)
- Arie van Deursen: The distinctive character of the Free University in Amsterdam, 1880–2005, Eerdmans Publishing (2008).
- Wissenschaftlicher Artikel über den Aufbau der naturwissenschaftlichen Fakultäten der Freien Universität Amsterdam 1927–30 (englisch, enthält auf Seite 375 ein Photo Koksmas; PDF; 386 kB)
Einzelnachweise
- Siehe Arie van Deursen, S. 183/84.
- Siehe Arie van Deursen, S. 511/12
- Siehe Joseph I. Naus: A Conversation with Johannes H. B. Kemperman. In: Statistical Science, Band 15, Nr. 4 (2000), S. 396–408. Hier wird die Situation an der Freien Universität Amsterdam von 1941 bis 1945 sowie die Anfangszeit des Mathematischen Zentrums beschrieben. Obwohl Kemperman hauptsächlich auf dem Gebiet der Statistik arbeitete, schrieb er 1949 auch eine Serie von Forschungsartikeln mit van der Corput.
- Über dieses Buch heißt es beispielsweise bei Paul Erdős: Problems and results on diophantine approximations. In: Compositio Mathematica, Band 16 (1964), S. 52–65: „The older literature on this subject (until about 1935) is treated in the excellent book of Koksma. The more recent literature is discussed in a very interesting paper of Cigler and Helmberg.“ Gemeint ist der Artikel Johann Cigler/G. Helmberg: Neuere Entwicklungen der Theorie der Gleichverteilung. In: Jahresbericht der DMV, 64 (1961).
- J. F. Koksma: Een algemeene stelling uit de theorie der gelijkmatige verdeeling modulo 1. In: Mathematica B (Zutphen), Band 11 (1942/1943), S. 7–11.
- Siehe z. B. Harald Niederreiter: Random Number Generation and Quasi-Monte Carlo Methods. SIAM (1992)
- Kuipers schrieb zusammen mit Harald Niederreiter das Buch Uniform Distribution of Sequences, John Wiley, New York (1974).
- Quelle: Zentralblatt der Mathematik
- Es sind 65 Artikel, wenn man Teilartikel, die in aufeinanderfolgenden Ausgaben einer Zeitschrift erschienen sind, als separate Artikel zählt (Beispiele dafür sind die vier Artikel mit B. Meulenbeld aus dem Jahr 1942, „Sur le théorème de Minkowski,...,I-IV“). 7 der 50 Artikel sind einführender Art, die übrigen Forschungsartikel. Quellen: Mathematical Reviews (MR), Zentralblatt der Mathematik (Zbl) und Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik (JFM).
- Koksmas Artikel wurden in den Mathematical Reviews (MR), Zentralblatt der Mathematik (Zbl) und Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik (JFM) – unter anderen – von den folgenden Mathematikern rezensiert: Kurt Mahler, Vojtěch Jarník, Theodor Schneider, Hendrik Kloosterman, Oskar Perron, Edmund Hlawka, Raphaël Salem, Paul Erdős, John Cassels, Georg Feigl, Antoni Zygmund, Ivan M. Niven, Steven Gaal, William LeVeque, Hildegard Rothe-Ille, Donald Spencer, Peter Szüsz, was einen interessanten Einblick in die zahlentheoretischen Forschung von 1930 bis Anfang der 50er Jahre liefert.