Jugend debattiert (Deutschland)
Jugend debattiert ist ein in Deutschland bundesweit ausgerichteter Schülerwettbewerb im Debattieren.
Stifter und Ausrichter
Der Wettbewerb wird von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Robert Bosch Stiftung, der Stiftung Mercator und der Heinz Nixdorf Stiftung auf Initiative und unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten durchgeführt. Kooperationspartner sind die Kultusministerkonferenz und die Kultusministerien der Länder. Mit einem Etat von rund 15 Mio. Euro seit dem bundesweiten Start 2002 ist Jugend debattiert das größte privat-öffentlich finanzierte Projekt zur sprachlichen und politischen Bildung in Deutschland.
Geschichte und Zahlen
Mit einer Unterrichtsreihe und einem bundesweiten Wettbewerb bringt Jugend debattiert Rhetorik in die Schule. Über 135.000 Schüler und 5500 Lehrkräfte an rund 800 weiterführenden Schulen in ganz Deutschland beteiligten sich im Schuljahr 2011/12 an dem Projekt. Jugend debattiert feierte 2011 sein 10-jähriges Bestehen. Im Jahr 2001 wurde Jugend debattiert in Frankfurt am Main an rund 30 Schulen unter dem Projektleiter Ralf Langhammer (2000–2003) erprobt. Im selben Jahr hat der Bundespräsident initiiert, den Wettbewerb bundesweit und unter seiner Schirmherrschaft auszuweiten. Heute ist Jugend debattiert das größte privat-öffentlich finanzierte Projekt zur sprachlichen und politischen Bildung.
Seit einigen Jahren existieren erste an den Wettbewerb Jugend debattiert angelehnte, gemeinnützige Vereine zum Erhalt der Debattierkultur an deutschen Schulen. Der Verein der Landessieger und Freunde von Jugend debattiert in Bayern (VLFJD) Bayern stellt den ersten Verein dieser Form innerhalb Deutschlands dar. Er wurde im Jahr 2009 von einigen ehemaligen bayerischen Landessiegern und anderen ehemaligen Wettbewerbsteilnehmern ins Leben gerufen.
Teilnahme am und Aufbau des Wettbewerbes
Teilnehmen können Schüler der Stufe I (8.–9. Klasse) und der Stufe II (11.–12. Klasse) an Schulen, die einem Jugend debattiert-Regionalverbund angehören. Ein Regionalverbund sollte möglichst aus verschiedenen Schulformen bestehen. Interessierte Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen und Berufsschulen können sich über die Kultusministerien der Länder für eine Teilnahme ab dem kommenden Schuljahr bewerben.
Jugend debattiert beginnt in der Schule mit einer Unterrichtsreihe zur Vorbereitung auf den Wettbewerb. Der Wettbewerb hat mehrere Stufen: Zunächst werden die jeweils zwei Besten der beiden Sekundarstufen in einem internen Schulwettbewerb ermittelt, diese vier nehmen am Regionalverbundwettbewerb teil, wo sie gegen die besten anderer Schulen antreten. Die besten vier der Regionalverbundwettbewerbe – zwei je Sekundarstufe – kommen in den Landeswettbewerb, auf den sie in einem mehrtägigen Rhetorikseminar vorbereitet werden. Die vier besten je Sekundarstufe bestreiten das Landesfinale. Für die zwei Besten je Sekundarstufe folgt der Bundeswettbewerb. Auf Bundesebene sind somit noch 64 Schüler im Wettbewerb. Die besten vier jeder Sekundarstufe qualifizieren sich für das Bundesfinale. Als Preis erhalten sie ein sechstägiges Rhetorik-Siegerseminar und die Aufnahme in das Alumniprogramm des Wettbewerbes.
Ablauf einer Debatte
In einer Debatte debattieren jeweils vier Debattanten zu einem Thema, zu dem klar eine Pro- oder Kontra-Position übernommen werden muss (jeweils zwei Pro- und zwei Kontra-Debattanten). Die Debatte im Sinne des Wettbewerbes ist streng reglementiert:
Sie beginnt mit einer Eröffnungsrunde. Bei dieser hat jeder der vier Debattanten zwei Minuten Zeit, seine Position vorzustellen und für seine Seite zu argumentieren, ohne dass er dabei unterbrochen werden darf. Die Pro- und Contraredner wechseln sich hierbei ab. (Zuerst spricht in der Eröffnungsrunde derjenige, der etwas an der momentanen Situation ändern möchte, also der erste Pro-Debattant.) Der zweite Teil ist die freie Aussprache. Diese dauert zwölf Minuten und wird in Form einer unmoderierten Debatte geführt. Der letzte Teil ist die Schlussrunde. Hier bekommen alle Debattanten erneut eine Minute Redezeit, um noch einmal ihren Standpunkt klarzumachen. Im Unterschied zu anderen Debattenformaten darf die eigene Position hier geändert werden, in jedem Fall muss die Position allerdings durch die vorausgegangene Debatte begründet werden. Es dürfen folglich keine neuen Argumente genannt werden.
Bewertung der Debatten
Eine Jury, bestehend aus drei Personen – in Finaldebatten aus drei oder fünf Personen – bewertet die Debattanten nach vier Kriterien: Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft. Jedes Jurymitglied gibt jedem Debattanten für diese vier Kriterien jeweils Punkte, wobei maximal fünf Punkte pro Kriterium vergeben werden können. So kann jeder Debattant in einer Debatte also maximal 60 Punkte erreichen, in Finaldebatten einigen sich die Mitglieder der Jury dann auf eine Rangfolge.
- Die Sachkenntnis soll wiedergeben, wie gut sich ein Debattant auf das jeweilige Debatten-Thema vorbereitet hat.
- Das Ausdrucksvermögen bezieht sich auf die sprachliche Gewandtheit und die Rhetorik eines Debattanten.
- Die Gesprächsfähigkeit bewertet, ob der Debattant auf die Mitdebattanten eingeht und Bezug auf sie nimmt. Genauso fließt hier die Fähigkeit ein, in der Debatte Moderationsfunktionen zu übernehmen, um etwa die Debatte auf wichtige Gesichtspunkte zu lenken, sie zusammenzufassen oder ähnliches.
- Die Überzeugungskraft bewertet, ob Argumente gut begründet sind und ob der Standpunkt überzeugend vermittelt wurde.