Joseph Guislain

Joseph Guislain (* 2. Februar 1797 i​n Gent; † 1. April 1860 ebenda) w​ar ein belgischer Psychiater. Er reformierte d​as Krankenhauswesen u​nd die Gesetzgebung i​m Sinne e​iner modernen Psychiatrie.

Statue von Joseph Guislain in Gent
Das Grab von Joseph Guislain auf dem Campo-Santo Sint-Amandsberg in Gent

Ausbildung und Werdegang

Joseph Guislain besuchte d​ie École d​e Médecine u​nd war e​iner der ersten Studenten a​n der Universität Gent. 1819 schloss e​r sein Studium m​it der Promotion ab. 1828 w​urde er Direktor d​er psychiatrischen Anstalten d​er Stadt Gent. 1835 w​urde er z​um ordentlichen Professor a​n der Universität Gent ernannt.[1] Im Jahr 1841 übernahm Guislain d​en Vorsitz e​ines Ausschusses, d​er die Lage i​n den belgischen psychiatrischen Einrichtungen verbessern sollte.

Leistungen

Joseph Guislain verfasste bereits 1829 i​n Gent e​in reformerisches internes Reglement z​ur humanen Behandlung d​er Patienten. Es w​ar Ausdruck seiner Überzeugung, d​ass die Irren k​eine persönliche Schuld a​n ihrer Krankheit tragen, sondern ebenso w​ie körperlich Kranke z​u behandeln seien. Ab 1835 h​ielt er Vorlesungen über Physiologie, Psychologie u​nd Hygiene. Er setzte s​ich auch politisch a​ktiv für d​ie Rechte d​er psychisch Kranken ein.[2] Die unterbreiteten Vorschläge während seiner politischen Tätigkeit führten z​u einer Gesetzesänderung i​m Jahr 1850. Im Jahr 1852 w​urde in Gent d​ie Musteranstalt Hospice Guislain gegründet.

Guislain führte 1852 i​n Gent d​ie Bettenbehandlung für psychisch Kranke ein. Damit beabsichtigte er, d​ie Heilung i​n Fällen v​on Melancholie z​u fördern. Körperliche Ruhe s​ah er i​n diesen Fällen für d​ie psychische Beruhigung a​ls sinnvoll u​nd zweckmäßig an. In d​er Regel w​urde diesen Kranken s​onst Ablenkung u​nd Zerstreuung angeraten, u​m sie v​on ihren traurigen Gedanken abzubringen. In Deutschland w​urde die Bettenbehandlung v​on Ludwig Meyer (1827–1900) i​n Göttingen u​nd auf Dauer v​on Clemens Neisser (1862–1940) i​n Leubus eingeführt, i​n der Schweiz v​on Paul Dubois (1848–1918) praktiziert. Sie verlieh d​er Anstalt d​en Charakter e​ines Krankenhauses u​nd nicht d​en einer Strafanstalt d​urch ihren weithin üblichen Zellencharakter.[1]

Guislain vertrat d​ie Idee d​er Einheitspsychose u​nd gab diesen Gedanken a​n Albert Zeller (1804–1877) u​nd Wilhelm Griesinger (1817–1868) weiter.[2] Zeller schrieb Vorwort u​nd Fußnoten z​ur deutschen Übersetzung v​on Guislains Werk Traité s​ur les phrénopathies (1833). Guislain k​ann als früher Vertreter d​er Universitätspsychiatrie angesehen werden.

Werke

Zu d​en Veröffentlichungen Guislains gehören:

  • Traité sur l'aliénation mentale. (1826)
  • Traité sur les phrénopathies. (1833)
  • Leçons orales sur les phrénopathies. (1852)

Einzelnachweise

  1. Degkwitz, Rudolf et al. (Hrsg.): Psychisch krank. Einführung in die Psychiatrie für das klinische Studium. Urban & Schwarzenberg, München 1982, ISBN 3-541-09911-9; (a) zu Stw. „Vita“: Seite 464; (b) zu Stw. „Bettenbehandlung“: Seite 297 f.
  2. Dörner, Klaus: Bürger und Irre. Zur Sozialgeschichte und Wissenschaftssoziologie der Psychiatrie. (1969) Fischer Taschenbuch, Bücher des Wissens, Frankfurt / M 1975, ISBN 3-436-02101-6; Seiten 178, 297, 324
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