Johann Heinrich Moritz von Poppe
Johann Heinrich Moritz von Poppe (* 16. Januar 1776 in Göttingen; † 21. Februar 1854 in Tübingen) war ein deutscher Mathematiker und Physiker.
Leben und Werk
Heinrich Poppe wurde am 16. Januar 1776 in Göttingen als Sohn des dortigen Universitätsmechanikus Heinrich Balthasar Poppe (1725–1818) geboren. Von 1784 bis 1791 besuchte er das Gymnasium in Göttingen. Nebenbei erlernte er in der Werkstatt seines Vaters das Uhrmacherhandwerk und begann bereits im Alter von 18 Jahren mit der Anfertigung von Publikationen. Ab 1793 studierte er an der Universität Göttingen Mathematik und Physik, u. a. bei Abraham Gotthilf Kästner und Georg Christoph Lichtenberg. 1803 erwarb er an der Universität Helmstedt den Doktorgrad, worauf ihm die Universität Göttingen die Lehrbefugnis erteilte. 1804 hielt er hier eine Vorlesung über "Mathematische Geographie".
1805 wurde Poppe Professor für Mathematik und Physik am Städtischen Gymnasium in Frankfurt am Main. Als erster Naturwissenschaftler wurde er als ordentlicher Lehrer und Collega in das Kollegium der 1520 gegründeten Anstalt aufgenommen, das bis dahin nur aus Altphilologen bestanden hatte. 1812 bis 1814 war er zugleich Professor am kurzlebigen Lyceum Carolinum, einer vom damaligen Frankfurter Großherzog Karl Theodor von Dalberg gegründeten Universität. Außerdem wirkte er in Frankfurt an der Gründung eines Polytechnischen Gesellschaft mit, die noch heute besteht und in der Anfangszeit den Zweck hatte, den Handwerkerstand durch Fortbildungsmaßnahmen mit dem technologischen Fortschritt bekannt zu machen. Poppe wurde zu ihrem ersten Präsidenten gewählt.
1818 ging er als Professor für Technologie auf einen hierfür neu geschaffenen Lehrstuhl an die Universität Tübingen und bekleidete dieses Lehramt bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1841. Sein Nachfolger wurde der Direktor der Polytechnischen Schule in Karlsruhe Wilhelm Ludwig von Volz (1799–1855).
Poppe machte sich durch zahlreiche Publikationen im Bereich des Maschinenwesens und der Technologie einen Namen. Viele richteten sich an ein breites Leserpublikum und an die Jugend. Seine Bücher haben überwiegend einen beschreibend-enzyklopädischen Charakter. Seit seiner Jugend beschäftigte er sich intensiv mit der Uhrmacherkunst und gehörte zu den ersten Autoren, die sich mit praktischen Fragen des Rettungswesens und der Unfallverhütung auseinandersetzten. In einigen seiner Publikationen verwendete er das Pseudonym Jacob Auch (s. die Personendatei in der Deutschen Nationalbibliothek).[1]
Heinrich Poppe heiratete 1805 die Göttingerin Christiane Mentzer (1789–1861). Aus dieser Ehe gingen drei Töchter und ein Sohn hervor. Zwei seiner Töchter heirateten nacheinander den Tübinger Medizinprofessor Hermann Friedrich Autenrieth (1799–1874).
1836 wurde Poppe vom württembergischen König der Kronorden (und damit der Personaladel) verliehen.
Schriften
- Versuch einer Geschichte der Entstehung und Fortschritte der theoretisch-praktischen Uhrmacherkunst, Göttingen 1797.
- Ausführliche Geschichte der theoretisch-praktischen Uhrmacherkunst, Leipzig 1801.
- Allgemeines Rettungsbuch, Hannover Pyrmont 1805.
- Encyklopädie des gesamten Maschinenwesens, 2. Auflage. Leipzig 1820–26, 8 Bde.
- Handbuch der Technologie. Heidelberg 1806–10. 4 Bde.
- Geschichte der Technologie. Göttingen 1807–11, 3 Bde.
- Anleitung zur Kenntniß und Behandlung der Taschen-Uhren für Uhren-Besitzer und Verfertiger, Gotha 1807
- Joh. Heinr. Moritz Poppe's Praktisches Handbuch für Uhrmacher, Uhrenhändler und für Uhrenbesizzer; Oder: vollständiges Lexikon und Erklärung der Begriffe und Kunstwörter, welche bey der Verfertigung, Reparatur, und bey dem Gebrauche aller Arten von Uhrwerken, nebst denen dazu gehörigen Werkzeugen und andern Einrichtungen, vorkommen. Neue Ausgabe. Leipzig 1810, 2 Bde. Digitalisat
- Noth- und Hülfslexikon zur Behütung des menschlichen Lebens vor allen erdenklichen Unglücksfällen, Nürnberg 1811
- Anleitung zur allgemeinen Technologie. Stuttgart 1821.
- Geschichte aller Erfindungen und Entdeckungen im Bereiche der Gewerbe, Künste und Wissenschaften von der frühesten Zeit bis auf unsere Tage. Stuttgart 1837
- Technologisches Lexicon, mit einer genauen Beschreibung aller mechanischen Künste, Handwerke, Manufacturen und Fabriken..., 5 Bände, 1816–20[2]
- Schutz und Wehr gegen Unglücksfälle, Stuttgart/Tübingen 1839.
Literatur
- Siegmund Günther: Poppe, Johann Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 418–420.
- Helmut Kahlert: Johann Heinrich Moritz von Poppe (1776-1854). Würdigung einer umstrittenen Persönlichkeit. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, Jg. 64 (2005), S. 211–225.
- Wilfried Lagler: Johann Heinrich Moritz von Poppe. Von der Mathematik zur Technologie. In: Henning Schüler (Hrsg.): Adolph Diesterweg. Wissen im Aufbruch, Deutscher Studien Verlag, Weinheim 1990, S. 113–116, ISBN 3-89271-243-3.
- Wilfried Lagler: Johann Heinrich Moritz von Poppe. Uhrmacher, Naturwissenschaftler, Professor für Technologie, 1776–1854. In: Gerhard Taddey/Rainer Brüning (Hrsg.): Lebensbilder aus Baden-Württemberg, Band 22, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2007, S. 136–152, ISBN 978-3-17-020184-2.
- Wilfried Lagler: Die Professoren Lichtenberg und Kästner aus der Sicht des Göttinger Studenten Heinrich Poppe, in: Lichtenberg-Jahrbuch 2008, S. 125–132.
Einzelnachweise
- Personennamendatei Johann Heinrich Moritz von Poppe in der DNB
- Ludwig Hoerner in: Agenten, Bader und Copisten, Hannoversches Gewerbe-ABC 1800-1900, Hannover 1995, S. XII
Weblinks
- Literatur von und über Johann Heinrich Moritz von Poppe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Johann Heinrich Moritz von Poppe in der Deutschen Digitalen Bibliothek