Jehuda ibn Tibbon
Jehuda ben Saul ibn Tibbon (* 1120 in Granada; † 1190 in Marseille) war ein jüdischer Übersetzer des Mittelalters. Er ist der Stammvater der Familie Ibn Tibbon („ibn“ bedeutet Sohn; Jehuda ibn Tibbon ist der erste bekannte Vertreter der Familie; ob er noch nach seinem Vater benannt wurde, ist unbekannt) und erhielt den Beinamen Vater der Übersetzer.
Jehuda ibn Tibbon zog, wahrscheinlich aufgrund der während seiner Lebzeiten einsetzenden Judenverfolgung im maurischen Spanien, um 1150 nach Südfrankreich und ließ sich in Lunel nieder, wo er Medizin praktizierte. Aus seinem Testament ist zu erkennen, dass die Leistungen seines Sohnes Samuel ibn Tibbon nicht seinen Erwartungen entsprachen. Jehuda wurde vor allem als Übersetzer von arabischen Werken ins Hebräische bekannt. In der Einführung zu seiner Übersetzung des ethischen Werks Chowot ha-Lewawot („Pflichten der Herzen“) von Bachja ibn Pakuda erklärt Jehuda ibn Tibbon, dass Juden in islamischen Ländern, welche ihr Interesse an weltlichen Studien pflegen wollten, im Gegensatz zu ihren Glaubensgenossen unter christlicher Herrschaft zum Studium des Arabischen anstelle des Hebräischen gezwungen waren, da sich die arabische Sprache durch Reichtum und Klarheit auszeichne; eine viel pragmatischere Begründung gibt er in seiner Testamentsschrift, in der er nüchtern feststellt, dass viele Juden allein durch die Fähigkeit, Arabisch zu schreiben, bei den arabischen Herrschern in Rang und Position gekommen waren, so wie sein Freund Schmuel ha-Nagid. Ferner hielt er fest, dass für eine gute Übersetzung eine gründliche Kenntnis der Ausgangssprache, der Zielsprache sowie des Themas erforderlich sei, von dem das Buch handelt. Zu seinen weiteren Übersetzungen gehören das philosophische Werk Kusari von Jehuda ha-Levi, Emunot we-Deot von Saadia Gaon, eine hebräische Grammatik und ein Wörterbuch von Jona ibn Jana sowie Tikkun Middot ha-Nefesch von Solomon ibn Gabirol.
Literatur
- Encyclopedia Judaica, Bd. 15, S. 1129.
- Udo Tavares: Tibbon, Jehuda ben Saul ibn Tibbon. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 3–6.