Jacques Daviel
Jacques Daviel (* vermutlich am 11. August 1693 oder 1696 in La Barre-en-Ouche in der Normandie; † 30. September 1762 in Genf) war ein französischer Chirurg und Augenarzt, der eine bis Ende des 20. Jahrhunderts angewendete Operationsmethode zur Behandlung des Grauen Stars durch Extraktion (mittels Schnitt) der getrübten Augenlinse entwickelte.
Daviel hatte eine Ausbildung als Wundarzt und Chirurg in Rouen und Paris erhalten und war als Militärarzt in den Niederlanden und in Salzburg tätig.[1] Er trat 1720 als Freiwilliger bei der Bekämpfung einer in der Provence aufgetretenen Pestepidemie in Marseille in Erscheinung.
Nach Aufenthalten in Digne, Toulon, Arles und Salon erhielt er 1722 in Marseille die Zulassung als Chirurg und wurde mit einer Medaille geehrt. In Marseille war er als Arzt der königlichen Galeeren angestellt. 1724 wurde er Demonstrator am Hôtel Dieu und ab 1728 spezialisierte er sich auf die Augenheilkunde.
Seit den 1730er Jahren war zur Ausübung der Augenheilkunde an Höfen von Spanien, Portugal, Italien sowie in Mannheim und Bayern tätig,[2] teilweise wirkte Daviel als umherziehender „Starstecher“.
Bei einem Starstich, einer Operation bei einem Perückenmacher zur Entfernung des Grauen Stars am 21. April 1745 oder 1747 kam es zu Komplikationen, so dass Daviel entgegen damaligen Usus die Linse vollständig entfernte. Wider Erwarten verfügte der Patient bald nach der Operation wieder über gutes Sehvermögen.
Daraufhin stellte Daviel seine als Heilung des Leidens am Grauen Star zu bezeichnende Operationsmethode, bei der über einen Schnitt in die Hornhaut die Linse aus der Linsenkapsel extrahiert wird, grundsätzlich um und entwickelte sie weiter. So halbierte er die Größe des Hornhautschnittes und nahm zur Vermeidung eines Irisvorfalls nach der Starausziehung eine Irisausschneidung vor.[3] Er schuf u. a. den noch heute unter dem Begriff bekannten Davielschen Löffel, einen kleinen metallenen Hohlspatel, um Überreste des Stars nach der sogenannten Extraction aus dem Auge zu entfernen. 1753 publizierte er seine Operations-Methode.[4] Nur allmählich verbreitete sich anfangs seine Behandlungsmethode, sie galt aber seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Standard. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts setzten sich auf Grund der neuen Möglichkeiten der Mikroinvasiven Chirurgie neue Behandlungsmethoden durch.
Daviel wurde zum persönlichen Augenarzt für König Ludwig XV. berufen. Er starb auf einer Reise im schweizerischen Genf, wurde jedoch auf Anweisung des Repräsentanten Frankreichs, des Grafen De Montpéroux, jenseits der Grenze „en terre catholique française“ („in der katholischen Erde Frankreichs“) in Le Grand-Saconnex, einem damals zu Frankreich, heute aber zur Schweiz gehörigen Ort beigesetzt. Auf seiner Grabstele wurde im 19. Jahrhundert die Inschrift „Post Tenebras Lux“ („Nach der Dunkelheit Licht“ der Wappenspruch der reformierten Stadt Genf) angebracht.
Literatur
- Ralf Bröer: Bruder Felix' Augenlicht wurde nur für kurze Zeit gerettet. Zum 250. Jahrestag der Katarakt-Extraktion nach Jacques Daviel, in: Ärztliche Praxis, München, 47 (2003), 33. S. 24.
- Ralf Bröer: Mit Lanzen, Spaten und Nadeln gegen den Grauen Star, Jacques Daviel, in: Ärzte-Zeitung 22 (2003), 96, 23. Mai, S. 19.
- Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildungen und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 39 f.
Weblinks
- Un oculiste au siècle des Lumières (franz. ophthalmologische Gesellschaft)
Einzelnachweise
- Barbara I. Tshisuska: Daviel, Jacques. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 289.
- Barbara I. Tshisuaka: Daviel, Jacques. 2005, S. 289.
- Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildungen und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 39.
- Jacques Daviel: Sur une nouvelle méthode de guérir la cataracte par l’extraction du cristalin. In: Mém. Acad. Roy. Chir. Band 2, (Paris) 1753, S. 337–354.