Idaho-Stop

Idaho-Stop i​st der umgangssprachliche Name für d​en Gesetzesartikel 49-720 d​er Idaho Statutes, d​er Fahrradfahrern erlaubt, e​in Stoppschild w​ie ein Schild „Vorfahrt gewähren!“ u​nd eine r​ote Ampel w​ie ein Stoppschild z​u behandeln.

Rote Ampeln...
...werden wie Stoppschilder behandelt.


Stoppschilder...
...werden wie "Vorfahrt gewähren!" behandelt.


Der Name stammt v​om US-Bundesstaat Idaho, w​o ein solches Gesetz erstmals 1982 verabschiedet w​urde (HB 541).[1][2] Eine eingeschränkte Form dieser Regelung, d​ie im Englischen a​ls „Stop-as-yield“ bezeichnet wird, erlaubt ausschließlich d​as Überfahren d​er Stoppschilder, n​icht jedoch d​er roten Ampeln.

Für und Wider

Für

  • Aufgrund der positiven Effekte des Radfahrens sollte das Straßenverkehrsrecht so gestaltet sein, dass Radfahrer schnell und einfach vorankommen, was dieses Recht unterstützt.[3]
  • Der Idaho-Stop macht das Radfahren sicherer, indem der Fokus auf das Gewähren der Vorfahrt gelenkt wird.[4]
  • Dadurch, dass es Fahrradfahrern ermöglicht wird, vor den Autoverkehr zu gelangen, können sie besser wahrgenommen werden.
  • Herkömmliche Gesetze wurden für Autos geschrieben, wobei es aber im Gegensatz zu Autos für Radfahrer leichter ist „rechts vor links“ zu beachten ohne zu einem vollständigen Stillstand zu kommen. Da Radfahrer sich langsamer bewegen, stereoskopisch hören, keine toten Winkel haben und schneller manövrieren können als Autos, sind die aktuellen Verkehrsregelungen für Radfahrer nicht sinnvoll.
  • Durch den Idaho-Stop wird eine zusätzliche technische Ausstattung (z. B. geeignete Induktionsschleifen) zur Erkennung von nahenden Fahrradfahrern an Ampelanlagen überflüssig.
  • Eine entsprechende Gesetzesänderung würde die Aufmerksamkeit der Ordnungshüter wieder auf das Wesentliche zurückführen: die Strafverfolgung von rücksichtslosen Verkehrsteilnehmern.[5]
  • Die bisherige Gesetzeslage zwingt Radfahrer, sich zwischen Wegen zu entscheiden, die entweder effizienter aber durch höheres Verkehrsaufkommen unsicherer sind, oder aber sicherer, aber aufgrund zahlreicher Stoppschilder und Ampeln weniger effizient sind. Wird es den Radfahrern gestattet, Stoppschilder zu überfahren, werden sichere Wege effizienter.
  • Die oft als Alternative eingesetzten zusätzlichen Radfahrerampeln würden Autofahrer nur verwirren.[6]
  • Die bisher einzige Studie zur Sicherheit des Idaho-Stop zeigt, dass dadurch die Sicherheit im Straßenverkehr leicht gestiegen ist.[7]

Wider

  • Ampeln werden nicht grundlos vor allem an großen und/oder unübersichtlichen Kreuzungen angebracht. Gerade dort ist die Gefahr für Radfahrer besonders hoch.
  • Ampeln haben auch den Zweck, den Verkehr zu leiten und zu verflüssigen. Zudem signalisiert eine grüne Ampel „freie Fahrt“. Muss ein Autofahrer hingegen stets damit rechnen, dass jederzeit ein Radfahrer (etwa in eine Hauptstraße) einfahren könnte – und im Zweifel bremsen, so könnte dies negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben.
  • Die Regelung fußt auf der Einschätzung der Verkehrssituation durch den Fahrradfahrer. Radfahrende Kinder allerdings können solche Verkehrssituationen noch nicht korrekt einschätzen.[8]
  • Sonderrechte für Radfahrer mache deren Verhalten weniger vorhersehbar, was eine Gefährdung darstellt, insbesondere wenn anderen Verkehrsteilnehmern die Gesetzeslage nicht bekannt ist.[9]

Beispiele

Idaho i​st sowohl d​er Staat, i​n dem d​as Gesetz a​m längsten gilt, a​ls auch d​er größte Staat m​it einem entsprechenden Gesetz. Mark McNeese, Radfahrer- u​nd Fußgängerbeauftragter d​es Idaho Transportation Department, w​ird zitiert, d​ass die Unfallstatistik für Radfahrer belege, d​ass der Idaho-Stop z​u keinem erkennbaren Anstieg a​n Verletzungen o​der Todesfällen b​ei Radfahrern geführt habe.

Seit 2012 gewährt a​uch in Paris e​in entsprechender Erlass Fahrradfahrern besondere Rechte b​eim Passieren v​on roten Ampeln, solange s​ie vorsichtig u​nd vorausschauend fahren u​nd Fußgängern Vorrang gewähren. Verkehrssicherheitsexperten w​aren der Ansicht, dadurch Verkehrsunfälle m​it Radfahrern reduzieren z​u können.[6]

In Teilen v​on Colorado w​urde der Idaho-Stop umgesetzt. 2011 verabschiedeten d​ie Städte Dillon u​nd Breckenridge entsprechende Gesetze,[10] 2012 folgte Summit County[11] u​nd 2014 d​ann die Stadt Aspen.[12]

In Berlin reichte d​ie Fraktion v​on Bündnis 90/Die Grünen 2015 i​m Abgeordnetenhaus e​inen Antrag[13] a​uf Umsetzung e​ines durch Studien begleiteten Pilotprojekts d​er Idaho-Regelung ein. Der Antrag w​urde erstmals a​m 4. November 2015 i​m Plenum besprochen u​nd an d​en Ausschuss für Bauen, Wohnen u​nd Verkehr überwiesen, d​er - Stand August 2016 - n​och nicht darüber beraten hat. Aufgrund v​on guten Erfahrungen i​n Strasbourg, Bordeaux u​nd Nantes s​oll die Idaho-Stop-Regel a​uch in Berlin a​ls Pilot-Projekt getestet werden.[14] Begründet w​urde es damit, d​ass Radfahren attraktiver werden müsse.[15] Im Koalitionsvertrag Ende 2016 w​urde dann jedoch lediglich e​in Pilot-Projekt für d​en „Grüner Pfeil für Radfahrer*innen“ festgeschrieben.[16]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ray Thomas: History of Idaho’s stop sign law. In: Oregon Cycling Magazine. Dezember 2008, abgerufen am 13. Juni 2014 (englisch).(PDF; 153KB)
  2. Are we ready for an Idaho statr bicycle yield law? (Memento vom 8. Juni 2014 im Internet Archive), www.stc-law.com, abgerufen am 13. Juni 2014.
  3. Why Bicyclists Hate Stop Signs, Joel Fajansan and Melanie Curry, 2001
  4. Aaron Bialick: Bikes Are Not Cars: Why California Needs an "Idaho-Stop" Law | Streetsblog San Francisco. Sf.streetsblog.org. Abgerufen am 16. Februar 2014.
  5. Making Better Laws | Road Rights | Bicycling.com. Blogs.bicycling.com. 1. September 2009. Abgerufen am 16. Februar 2014.
  6. Henry Samuel: Paris cyclists given right to break traffic laws. Telegraph. Abgerufen am 16. Februar 2014.
  7. Bicycle Safety and Choice: Compounded Public Cobenefits of the Idaho Law Relaxing Stop Requirements for Cycling, Jason N. Meggs, 2010
  8. Bei Rot über Kreuzung sorgt für Kritik. ORF. 22. November 2013. Abgerufen am 10. August 2016.
  9. CABO » Argument Against an Idaho Style „Stop as Yield“ Law for Bicyclists. Cabobike.org. 3. Februar 2010. Abgerufen am 16. Februar 2014.
  10. Yield-Stop Bicycling Laws for Aspen and Denver? | Daniel R. Rosen, P.C. Danielrrosen.com. 14. Februar 2013. Abgerufen am 16. Februar 2014.
  11. Ordinance No. 2012-09. Abgerufen am 10. Juni 2014.
  12. Bike riders will be able to yield legally at stop signs around Aspen. AspenTimes.com. Abgerufen am 16. Februar 2014.
  13. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Fahrradgerechte Stadt (II): Schneller und sicher ans Ziel. Abgerufen am 29. Februar 2016.
  14. Grüne wollen rote Ampeln für Radler freigeben, Tagesspiegel, 12. November 2015
  15. Experte empfiehlt Warum Radler NICHT an roten Ampeln halten sollten, Berliner Kurier, 7. August 2015
  16. Die Wende kommt – wenn sie kommt, taz, 19.  November 2016

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