Ich wollt, dass ich daheime wär
Ich wollt, dass ich daheime wär ist ein Gedicht von Heinrich Laufenberg aus dem Jahr 1430. Es handelt von der Ausrichtung des Christen auf die Ewigkeit als seine wahre Heimat. Mit der ebenfalls 1430 aufgezeichneten eines unbekannten Verfassers zählt es zu den Liedern des Evangelischen Gesangbuchs (Nr. 517, Themenbereich „Sterben und ewiges Leben“, dort als ökumenisches Lied gekennzeichnet).
Erstbeleg und Rezeption
Text und Melodie waren in einer Straßburger Liederhandschrift mit der Jahreszahl 1430, vielleicht dem Autograph Laufenbergs, überliefert, die jedoch 1870 verbrannte. Sie liegt der Druckausgabe Philipp Wackernagels von 1867[1] zu Grunde. Erst durch Wackernagel wurde das jahrhundertelang vergessene Lied wieder bekannt, auch vorübergehend mit Alternativmelodien versehen. Otto Riethmüller nahm es 1932 mit der Originalweise in sein „Liederbuch für die deutsche evangelische Jugend“ Ein neues Lied auf, von dort kam es 1950 ins Evangelische Kirchengesangbuch. Es erlangte jedoch weder im katholischen[2] noch im evangelischen Kirchengesang größere Popularität.[3]
Text
Laufenberg, Priester und Dichter, formuliert die sehnsuchtsvolle Selbstaufforderung, aus der Welt der Not und des Todes, die für die Seele „zu klein“ und „falscher Schein“ ist, ins Himmelreich, zur ewigen Schau Gottes heimzustreben (vgl. 2 Kor 5,6–8 ). Als Weg dorthin nennt er Entsagung, Reue und Besserung des Lebens. Die Erlösung durch Jesus Christus bleibt unexpliziert.
1. Ich wollt, dass ich daheime wär
und aller Welte Trost entbehr.
2. Ich mein, daheim im Himmelreich,
da ich Gott schaue ewiglich.
3. Wohlauf, mein Seel, und richt dich dar,
dort wartet dein der Engel Schar.
4. Denn alle Welt ist dir zu klein,
du kommest denn erst wieder heim.
5. Daheim ist Leben ohne Tod
und ganze Freude ohne Not.
6. Da sind doch tausend Jahr wie heut
und nichts, was dich verdrießt und reut.
7. Wohlauf, mein Herz und all mein Mut,
und such das Gut ob allem Gut!
8. Was das nicht ist, das schätz gar klein
und sehn dich allzeit wieder heim.
9. Du hast doch hier kein Bleiben nicht,
ob’s morgen oder heut geschieht.
10. Da es denn anders nicht mag sein,
so flieh der Welte falschen Schein.
11. Bereu dein Sünd und bessre dich,
als wolltst du morgn gen Himmelreich.
12. Ade, Welt, Gott gesegne dich!
Ich fahr dahin gen Himmelreich.[4]
Melodie
Die kurze, modal gefärbte Melodie, symmetrisch wie Einatmen und Ausatmen oder Frage und Antwort, ist „von kunstvoller Einfachheit“.[5] Hugo Distler bearbeitete das Lied als Motette in seiner Geistlichen Chormusik op. 12 (1935–1941).
Literatur
- Christa Reich: Ich wollt, daß ich daheime wär. In: Hansjakob Becker u. a. (Hrsg.): Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. 2., durchgesehene Auflage. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48094-2, S. 94–103.
- Christa Reich: 517 – Ich wollt, dass ich daheime wär. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Nr. 9. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-50332-6, S. 63–68 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
Einzelnachweise
- Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts. 2. Band, Leipzig 1867, S. 540
- Das Lied war u. a. im Paderborner Diözesangebet- und -gesangbuch Sursum corda enthalten. Im Gotteslob (1975 und 2013) fehlt es.
- Es ist ein „Lied, das heute fast nie gesungen wird“ (Reich, Liederkunde, S. 67).
- Textfassung Evangelisches Gesangbuch Nr. 517
- Reich, Liederkunde, S. 66