Hymne an die Nacht (Beethoven)
Hymne an die Nacht ist ein Musikstück für mehrstimmigen Chor. Als Autor wird oftmals Ludwig van Beethoven genannt, von dem die zugrundeliegende Melodie stammt, nicht aber der Chorsatz. Das Werk wird wegen seines feierlich-besinnlichen Charakters gern zur Weihnachtszeit aufgeführt.
Struktur
Das Werk besteht aus zwei Strophen identischer Vertonung, die ihrerseits wiederum zweigeteilt sind. Der erste Teil ist in Form einer ruhig dahinfließenden Choralmelodie gehalten. Der zweite Teil hat einen beschwingteren Duktus, zumal auch der Text hier Aufbruchstimmung vermittelt. Er zeigt eine Steigerung, deren Höhepunkt bei der ersten Silbe des Wortes „gerne“ erreicht wird, noch betont durch einen stark gespannten Akkord, der sich im „flieh’n himmelwärts“ auflöst. Da der zweite Teil sich textlich zwischen den Strophen nur geringfügig unterscheidet und zudem wiederholt wird, wirkt er als Refrain.
Text
Der Text stammt von Friedrich von Matthisson (1761–1831):
1. Heil’ge Nacht, o gieße du
Himmelsfrieden in dies Herz!
Bring dem armen Pilger Ruh,
Holde Labung seinem Schmerz!
Hell schon erglüh’n die Sterne,
Grüßen aus blauer Ferne:
Möchte zu euch so gerne
Flieh’n himmelwärts!
2. Harfentöne, lind und süß,
Weh’n mir zarte Lüfte her,
Aus des Himmels Paradies,
Aus der Liebe Wonnemeer.
Glüht nur, ihr goldnen Sterne,
Winkend aus blauer Ferne:
Möchte zu euch so gerne
Flieh’n himmelwärts!
Deutungsmöglichkeiten
Obwohl das Werk bevorzugt im weihnachtlichen Kontext aufgeführt wird und der Beginn „Heil’ge Nacht“ auch an Weihnachtslieder erinnert, haben Text oder Musik keine spezifisch weihnachtlichen Bezüge. Zwar ist eine religiöse Deutung denkbar, in der es die „heilige“ Weihnachtsnacht ist, die dem Gläubigen Frieden und neue Hoffnung auf die Freuden des Paradieses vermittelt und ihm dadurch wieder Kraft schenkt, sein Leben zu bewältigen. Doch auf dem Hintergrund der Epoche, in der der Text entstanden ist, nämlich der Romantik, handelt es sich schlicht um eine Betrachtung einer friedlich hereinbrechenden Nacht, die dem Menschen („Pilger“) nach der Arbeit des Tages Erholung bietet („Himmelsfrieden“, „holde Labsal“). Die metaphorische Anwendung religiöser Begriffe (Pilgerschaft, heilig) auf Alltägliches ist ein wohlbekanntes Element der bildhaften Sprache der Romantik. Auch die Sehnsucht nach Erlösung in der von den Sternen symbolisierten Ferne („möchte zu euch […] flieh’n himmelwärts“) folgt romantischen Denkstrukturen.
Entstehung
Die musikalischen Ideen des Chorsatzes entstammen dem 2. Satz der im Jahre 1807 veröffentlichten Klaviersonate Nr. 23 „Appassionata“ von Ludwig van Beethoven. Der Satz stellt erst das Hauptthema vor (das dem Chorwerk zugrunde liegt) und entwickelt daraus einen Variationensatz. Beethoven hat niemals selbst einen Chorsatz daraus gemacht.[1]
Friedrich Silcher (1789–1860) legte eine Solo-Gesangsstimme mit dem Text von Friedrich von Matthisson über Beethovens Klavierwerk und veröffentlichte diese Bearbeitung in den 1830er Jahren gemeinsam mit ähnlichen in seinem Werk „Melodien aus Beethovens Sonaten und Sinfonien zu Liedern für eine Singstimme eingerichtet“. Textdichter Matthisson wurde von seinem Zeitgenossen Beethoven sehr geschätzt,[2] etliche Texte Matthissons wurden von Beethoven selbst vertont.
Silchers Bearbeitung wurde schließlich von Ignaz Heim (1818–1880) für vierstimmigen Männerchor adaptiert und erschien 1862 unter dem Titel „Heilge Nacht“.
Weblinks
- Hymne an die Nacht (Beethoven, Ludwig van): Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
- Gemeinfreie Noten von Hymne an die Nacht (Beethoven) in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
Einzelnachweise
- Begleittext zu einem Konzertprogramm mit Informationen über die Entstehung des Werkes, abgerufen am 22. Dezember 2016
- Ludwig van Beethoven: Briefwechsel. Gesamtausgabe, hrsg. von Sieghard Brandenburg, Band 1, München 1996, Nr. 47