Hexenlager
Ein Hexenlager (engl. witch camp, dt. auch Hexendorf) ist in Ghana eine Zufluchtsstätte für Opfer der Hexenverfolgung.[1][2][3]
Kultureller Hintergrund
Zur traditionellen Religion in Ghana gehört in manchen Gegenden auch der Hexenglaube. Frauen werden dort schon lange aus verschiedenen Gründen der Hexerei beschuldigt. Man nimmt an, dass einige Lager bereits seit über 100 Jahren bestehen.
Viele Frauen sind Witwen. Es wird vermutet, dass Verwandte sie der Hexerei beschuldigten, um sich den Besitz der verstorbenen Männer anzueignen.[4] Viele Frauen sind auch psychisch krank, ein in Ghana wenig verstandenes Problem.[5]
Im Norden Ghanas gibt es zehn Hexenlager, in denen insgesamt etwa 1000 Frauen und Kinder leben: Gambaga, Gushiegu, Gbintiri, Nabule, Gushiegu Ghetto, Gushiegu Town, Kpatinga, Tindang/Gnani, Kukuo, Duabone und Banyasi.[4][6] In Gambaga erhalten die Frauen den Schutz des örtlichen Häuptlings und arbeiten dafür auf seinen Feldern.[7][8]
Aktivisten in Ghana berichten, die Zahl der Ausgestoßenen in den Hexenlagern habe zugenommen und die Lebensmittelversorgung sei unzureichend.[9]
Die offizielle ghanaische Politik zur Schließung der Lager und Rückansiedelung der geflüchteten Frauen (Resettlement) war Nichtregierungsorganisationen zufolge bislang erfolglos.[10]
Rechtsschutz
Eine „wohlbegründete Furcht vor (Hexen-)Verfolgung“ kann ein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sein.[11] Durch einen Umzug in andere Landesteile Ghanas könne gesellschaftlichem Druck und Verfolgung wie Genitalverstümmelung oder Hexenverfolgung jedoch ausgewichen werden, wenngleich dies angesichts weitverzweigter Verwandtschaftsbeziehungen keine völlige Sicherheit biete.[12]
Ghana gilt nach deutschem Asylrecht als sicherer Herkunftsstaat.
Literatur
- Leo Igwe: The Witch is not a Witch: The Dynamics and Contestations of Witchcraft Accusations in Northern Ghana. Univ.-Diss., Bayreuth 2016 (englisch).
- Baba Iddrisu Musah: Ambivalence of Culture in Ghana’s Alleged Witches’ Camps. A Micro-Level Approach to Human Rights. Univ.-Diss., Gießen 2019. Nomos-Verlag, 2020. ISBN 978-3-8487-6590-4. Leseprobe (englisch).
Weblinks
- Felix Riedel: Ghana: Die Hexenjagdflüchtlinge von Gushiegu Die Zeit, 13. Juli 2011.
- Hexendörfer in Ghana: „Sie sind nicht mehr Mutter, Tochter, Ehefrau“ FAZ, 13. April 2013.
Einzelnachweise
- The Witches of Gambaga: Belief in Witchcraft Is Still Widespread in Africa, and Being Accused of Its Practice Can Be a Death Sentence. and with Traditional Gender Roles Being Challenged, Such Accusations Are Becoming Increasingly Common. Simon De Trey-White Visits a Camp in Ghana That Has Housed 'Convicted' Witches for More Than 200 Years" by de Trey-White, Simon - Online Research Library: Questia Reader. 6. August 2006, abgerufen am 21. Oktober 2020 (englisch).
- A PRISON SOMETIMES A HAVEN GHANA'S WITCH VILLAGES ONLY SAFE PLACE FOR WOMEN ACCUSED OF CASTING SPELLS.(News/National/International) - Rocky Mountain News (Denver, CO) | HighBeam Research. 29. März 2015, abgerufen am 21. Oktober 2020 (englisch).
- Africa for Halloween? - New African | HighBeam Research. 29. März 2015, abgerufen am 21. Oktober 2020.
- Ghana witch camps: Widows' lives in exile. In: BBC News. 1. September 2012 (englisch, bbc.com [abgerufen am 21. Oktober 2020]).
- Breaking the spell of witch camps in Ghana | CBC News. In: CBC. (englisch, cbc.ca [abgerufen am 21. Oktober 2020]).
- Bonyase witches’ camp shuts down on Dec. 15. In: Citi 97.3 FM - Relevant Radio. Always. 8. Dezember 2014, abgerufen am 21. Oktober 2020 (amerikanisches Englisch).
- "Spellbound": Inside the witch camps of West Africa. 25. Oktober 2010, abgerufen am 21. Oktober 2020 (englisch).
- theguardian.com: Video: The witches of Gambaga. In: The Guardian. 25. November 2010, ISSN 0261-3077 (englisch, theguardian.com [abgerufen am 21. Oktober 2020]).
- Emily Rems, from Bust: Witch Camps of Ghana - Community - Utne Reader. Abgerufen am 21. Oktober 2020 (englisch).
- Felix Riedel: Failing State-Interventions and Witch Hunts in Ghana 2017 (englisch).
- Jill Schnoebelen: Witchcraft allegations, refugee protection and human rights: a review of the evidence UNHCR Research Paper Nr. 169, 2009 (englisch).
- Asylgerichtshof, Erkenntnis vom 20. Oktober 2009 - A14 228939-0/2008