Henschel DHG 1100 BB
Die Henschel DHG 1100 ist die Bezeichnung für eine Baureihe vierachsiger dieselhydraulischer Lokomotiven, die in den 1960er Jahren von Henschel für Bahnen von 750 mm bis 1067 mm Spurweite entwickelt wurden. Lokomotiven dieser Typenreihe hatten eine Leistung von 1.100 bis 1.500 PS. Die Höchstgeschwindigkeit der Lokomotiven betrug 70 km/h bis 90 km/h, je nach Spurweite.
Henschel DHG 1100 BB | |
---|---|
Henschel DHG 1100 BB bei der Rhodopenbahn | |
Nummerierung: | FEVE 1401–1405 BDŽ: 75 001–010 |
Anzahl: | 15 |
Hersteller: | Henschel |
Baujahr(e): | 1964–1966 |
Achsformel: | B’B’ |
Spurweite: | 1000 mm (FEVE) 760 mm (BDŽ) |
Länge über Puffer: | 13.040 mm |
Höhe: | 3.520 mm |
Breite: | 2.470 mm |
Drehzapfenabstand: | 6.500 mm |
Drehgestellachsstand: | 1.900 mm |
Gesamtradstand: | 8.400 mm |
Kleinster bef. Halbmesser: | 40 m |
Leermasse: | 44,5 t |
Dienstmasse: | 48 t |
Radsatzfahrmasse: | 12 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 70 km/h – 90 km/h |
Installierte Leistung: | 809 kW (1100 PS) |
Anfahrzugkraft: | 147 kN |
Raddurchmesser: | 900 mm |
Motorentyp: | Maybach Mb 820 Bb |
Motorbauart: | Zwölfzylinder-Viertakt-Dieselmotor |
Nenndrehzahl: | 1.500 min−1 |
Leistungsübertragung: | hydrodynamisch |
Tankinhalt: | 1.800 l |
Geschichte
Der Prototyp dieser Lokomotiven wurde auf der Kreisbahn Osterode–Kreiensen erprobt.
1964–1966 entstanden fünf 1000-mm-Schmalspurlokomotiven. Sie wurden nach Spanien an die Ferrocarril Minero de Sierra Menera geliefert und nach deren Einstellung an die staatliche Schmalspurbahngesellschaft FEVE verkauft. Eine dieser Lokomotiven befindet sich bei der Compagnie ferroviare du Sud-France (CFSF), ehemals Chemins de fer de Provence (CP), auf der Strecke Nice–Digne-les-Bains in Frankreich, eine andere als D5 bei der Brohltalbahn, wo fünf Tonnen Ballastgewichte entfernt und die Frontpartie optisch der DB-Baureihe V 160 angeglichen wurde.
Anfang der 1960er Jahre befasste sich die bulgarischen Staatsbahnen BDŽ intensiv mit einem Verdieselungsprogramm, das die Ausrüstung der Rhodopenbahn mit geeigneten Lokomotiven vorsah. Nachdem sich bei Probefahrten die ÖBB-Reihe 2095 als zu schwach erwiesen hatte und Verhandlungen mit Simmering-Graz-Pauker über eine stärkere Lokomotive nicht zum Erfolg führten, wurde die Werkstype DHG 1100BB für die Rhodopenbahn mit 1.100 PS Leistung gewählt.
Insgesamt wurden von den BDŽ zehn Lokomotiven als Reihe 75 gekauft und 1965/66 ausgeliefert. Die Lokomotiven waren für den Einsatz auf der Gebirgsbahn für den Temperaturbereich von −38 °C bis +42 °C ausgelegt. Sie waren in ihrer über 50-jährigen Einsatzzeit ausschließlich auf der Rhodopenbahn im Einsatz und übernahmen hier den Gesamtverkehr aller Züge von den Dampflokomotiven und Triebwagen. Sie bewährten sich außerordentlich gut auf der 124 km langen Schmalspurbahn, wo Steigungen bis 30 ‰ und ein minimaler Kurvenradius von 60 m vorhanden waren und der höchste Bahnhof Awramowo auf 1.267 m Meereshöhe liegt. Bis hierher müssen 1.029 Höhenmeter überwunden werden. Die Güterzüge konnten von einer Lokomotive statt von zwei Dampflokomotiven befördert werden.
Im Personenzugdienst mit Zügen konnten wesentlich mehr Reisende als mit Triebwagen befördert werden.[1] 1976/77 folgten in Lizenz gefertigte Lokomotiven der Reihe 76, gefertigt bei FAUR, die jedoch nicht auf der Rhodopenbahn eingesetzt wurden. Erst die 1988 gelieferte BDŽ-Baureihe 77, ebenfalls bei FAUR gebaut, gelangte als Verstärkung für den immer stärker werdenden Verkehr auf die Rhodopenbahn, um hier den hohen Schadlokbestand der Reihe 75 auszugleichen. Die neuen Lokomotiven erwiesen sich als sehr störanfällig,[2] sodass der Betriebsdienst immer wieder auf die robusteren 75 zurückgriff. Im Jahr 2000 waren noch neun der zehn Maschinen im Betrieb.[3] Erst danach begannen Abstellungen und Ausmusterungen, sodass 2010 der Bestand drei betriebsfähige, drei im Depot Septemwri abgestellte, zwei im selben Depot als Ersatzteilspender hinterstellte und erst zwei verschrottete Lokomotiven betrug. Die Lokomotiven gelten als zuverlässiger als die 20 Jahre jüngeren rumänischen Lokomotiven, so dass 2012 noch drei Lokomotiven der Reihe den heute wesentlich ausgedünnten Gesamtverkehr der Linie erledigen. Lediglich zum Wochenende werden einige Lokomotiven der Reihe 77 zur Verstärkung eingesetzt.[4]
Technische Beschreibung
Die Lokomotiven wurden von der DB-Baureihe V 160 abgeleitet. Anfang der 1960er Jahre entstand mit der Bezeichnung DH 1500 BB eine schmalspurige Diesellokomotive für den Sudan, aus der die genannte Modellreihe entstand. Die Lokomotive ist eine Kastenlokomotive mit zwei Endführerständen. Auf dem Untergestell, bestehend aus verschweißten Profilen, ist der Lokkasten aufgesetzt. Zwischen den Führerständen, die jeweils einen Bedienstand auf der rechten Seite aufweisen, bei dem der Fahrschalter fast in der Mitte liegt,[5] ist der Maschinenraum angeordnet. Dieser ist in den schallgedämmten Motorraum hinter dem Führerstand I und dem Kühlerraum hinter dem Führerstand II eingeteilt. Der Lokkasten stützt sich über Schraubenfedern auf den Drehgestellen ab. Die Lokomotiven sind mit einer handbetätigten Mittelpufferkupplung, der sogenannte Bosna-Kupplung, ausgestattet. Im Fahrzeugdach sind Klappen vorhandenen, über die die Großaggregate der Maschinenanlage herausgehoben werden können.
Angetrieben werden die Lokomotiven von einem Zwölfzylinder-Viertakt-Dieselmotor von Maybach-Motorenbau mit der Bezeichnung MB 820 Bb, er leistet 1.100 PS bei 1.500/min. Dieser Motor ist zusätzlich mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung ausgestattet. Der Motor ist wassergekühlt und wird durch eine unter dem Dach platzierte Kühlanlage rückgekühlt. Die Kühlluft dazu wird in den Seitenwänden angesaugt und durch das Dach ausgeblasen. Das Drehmoment wird durch eine kurze Gelenkwelle auf das Strömungsgetriebe L306r von Voith weitergegeben. Dieses Getriebe umfasst drei hydraulische Wandler und ist ebenso mit einer Hydraulischen Bremse versehen. Von dort werden über Gelenkwellen beide Drehgestelle angetrieben.
Dazu besaßen die Lokomotiven der Reihe 75 noch einen Heizkessel für die Wagenheizung. Dazu führten die Lokomotiven einen Wassertank mit 1.300 l Inhalt mit. Die ursprüngliche Farbgebung der Lokomotiven war dunkelrot mit silbernen Zierstreifen. Später wurde bei Hauptausbesserungen ein helleres Rot verwendet.
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
- Paul Engelbert: Schmalspurig durch Bulgarien, Stenvalls Verlag, Malmö 2002, ISBN 91-7266-155-0, Seite 79
- Paul Engelbert: Schmalspurig durch Bulgarien, Stenvalls Verlag, Malmö 2002, ISBN 91-7266-155-0, Seite 100
- Paul Engelbert: Schmalspurig durch Bulgarien, Stenvalls Verlag, Malmö 2002, ISBN 91-7266-155-0, Seite 97
- Bericht aus Bulgarien mit Erwähnung der Rhodopenbahn auf Lok-Report.de
- Führerstandsfoto bei der BDZ 75