Henrik Stangerup

Henrik Stangerup (* 1. September 1937 i​n Frederiksberg, Dänemark; † 4. Juli 1998 i​n Kopenhagen) w​ar ein dänischer Schriftsteller.

Er arbeitete a​ls Romanautor, Journalist, Essayist u​nd Filmregisseur. Kennzeichnend für s​ein Werk s​ind die internationale Orientierung u​nd eine ablehnende Haltung gegenüber intellektuellem Konformismus j​eder Art.

1981 erhielt Stangerup d​en dänischen Kritikerpreis für seinen Roman Vejen t​il Lagoa Santa, 1982 d​en "Prix Amalienburg" für s​ein schriftstellerisches Gesamtwerk. 1986 w​urde er m​it dem Großen Preis d​er Dänischen Akademie ausgezeichnet.

Literarische Werke

  • Der Mann, der schuldig sein wollte. Hinstorff, Rostock 1976, 2. Auflage 1990, ISBN 3356003437. Auf Dänisch Manden der ville være skyldig. Gyldendal, Kopenhagen 1973, ISBN 8700971219. - Der Roman skizziert im Sinne von „1984“, hier aber mit den Erfahrungen der 1968er Jahre eine dänische Gesellschaft, die sich radikal modernisiert hat. Menschen leben wohlgeordnet in Trabantenstädten mit „Superblöcken“, TV und Lesestoff sind „gereinigt“. Industrie und Banken sind verstaatlicht, die Gleichstellung der Frau ist selbstverständlich. Gefängnisse sind abgeschafft. Man kümmert sich um jede und um jeden; dafür sind die „Helfer“ da. Keiner muss bzw. kann sich in unkontrollierte Einsamkeit zurückziehen. Zum Leben hat man alles, was man braucht. Und immer sind „Helfer“ unterwegs, die Probleme mit dir besprechen und lösen. Die Sprache wird „rationalisiert“, gewisse Wörter aus dem Gebrauch gestrichen (z. B. „Mord“); nur die „Geeigneten“ dürfen Kinder bekommen. Selbst für die, welche überhaupt nicht systemkonform sein können, ist gesorgt. Neben der Öffentlichkeit ist als geschlossener Bereich ein „Glückspark“ eingerichtet, in dem jene leben und alles dürfen, was sie aus der Vergangenheit nicht loslassen können: Bücher lesen, Dichtung schreiben und drucken lassen (auch Verlage gibt es draußen nicht mehr). Die draußen leben dagegen völlig unproblematisch, die hier drinnen „glücklich“ (und mit Tabletten). Aber noch ist unser Mann draußen und durchlebt seinen Alltag. In dieser aufgeklärten, inhaltsleeren Einförmigkeit wird selbst die Fliege an der Wand zum gravierenden Problem. Fast aus dem Nichts wächst und wütet die Katastrophe. Er rastet aus, er erschlägt seine Frau, der kleine Sohn wird von Helfern aus dem Chaos gerettet. Er wacht in der Psychiatrie auf und wird betreut. Der Mann hält daran fest, dass er Schuld auf sich geladen hat. Die Richter allerdings haben Verständnis; von der Obrigkeit wird ihm sein Schuldgefühl ausgeredet. Damit wird ihm allerdings auch die Möglichkeit, seine Schuld zu verarbeiten, verweigert. Er hat zwar den Tod seiner Frau „verursacht“, es waren jedoch die „Umstände“. Es war ein „Unglück“: Wir „helfen“ dir auf die Beine. Dein Sohn weiß, dass es ein „Unfall“ war; auch du wirst das mit der Zeit akzeptieren. Begriff und Inhalt des Wortes „Schuld“ sind in dieser Gesellschaft abgeschafft. Und eines Tages sagt man ihm, dass er frei sei, er könne gehen. Eine neue Wohnung und die bisherige Tätigkeit sind organisiert; Arbeitskollegen haben großes Verständnis, dass er nach langer Krankheit nun wieder funktionieren darf. Von seinem Sohn bleibt er getrennt, er sei „ungleichgewichtig“. Doch er wird seine „Schuld“ nicht los, da es keine Strafe gibt. Verwaltung, Richter, Helfer: An allen prallt seine Bitte, sein Drängen, seine Manie ab, „schuldig“ sein zu wollen. Er will bestraft werden, er will wissen, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt gebüßt hat und in die Freiheit entlassen wird. Er will seine Schuld bewältigen. Das geht nicht, aber vielleicht heilt die Zeit solche Wunden? Langsam gewöhnt er sich wieder an eine Tätigkeit und wird mit der Zeit unauffällig. Ja, man erlaubt ihm sogar, hier und da ein Buch zu lesen, einen Text zu schreiben. Er hatte „eine Vorzeit als Verfasser“. Jetzt plant er seine Lebensbeschreibung in mehreren Romanen. Alles ist und wird wieder gut… Mit der letzten Zeile im Roman wird (von anderen) konstatiert, dass er erfolgreich im Glückspark lebt. - Wer seine Schuld nicht anerkennen will oder kann, bleibt auf Dauer unfrei.

Siehe auch

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.