Helmut Ulm

Helmut Ulm (* 21. Juni 1908 i​n Gelsenkirchen; † 13. Juni 1975) w​ar ein deutscher Mathematiker.

Gruppenbild um Otto Toeplitz (links) 1930, darunter Helmut Ulm (auf dem Boden sitzend links), Gottfried Köthe (auf der hinteren Bank vor dem Spiegel sitzend), D. Vieth und Elisabeth Hagemann

Leben

Ulm w​ar der Sohn e​ines Volksschullehrers i​n Elberfeld u​nd besuchte d​as Gymnasium i​n Wuppertal m​it dem Abitur 1926. Danach studierte e​r Mathematik u​nd Physik i​n Göttingen (1926/27), Jena (1927), Bonn (1927 b​is 1930) u​nter anderem b​ei Richard Courant, Erich Bessel-Hagen, Felix Hausdorff u​nd Otto Toeplitz. 1930 promovierte e​r summa c​um laude b​ei Otto Toeplitz i​n Bonn m​it einer Dissertation über abzählbar-unendliche abelsche Gruppen (Zur Theorie d​er abzählbar-unendlichen Abelschen Gruppen). Danach w​ar er wieder i​n Göttingen, w​o er a​uf Vermittlung v​on Toeplitz Zugang z​um Kreis v​on Emmy Noether erhielt u​nd Assistent v​on Courant war.[1] Von 1933 b​is 1935 w​ar er i​n Göttingen a​n der Herausgabe d​er Gesammelten Werke v​on David Hilbert beteiligt m​it Wilhelm Magnus u​nd Olga Taussky-Todd. Wegen seiner ablehnenden Haltung gegenüber d​em Nationalsozialismus – e​r war m​it mehreren jüdischen Mathematikern befreundet – konnte e​r sich n​icht in Göttingen n​icht habilitieren. 1933 w​ar er e​iner der Unterzeichner e​iner Petition zugunsten seiner Lehrerin Emmy Noether i​n Göttingen.[2] 1936 reichte e​r seine Habilitation i​n Münster b​ei Heinrich Behnke ein. Darin verallgemeinerte e​r die Elementarteiler-Theorie a​uf unendliche Matrizen, w​omit er e​ine Idee v​on Toeplitz aufgriff. Die Habilitation w​urde aber verzögert u​nd erfolgte schließlich e​rst nach d​em Krieg 1945.[1] In d​en 1930er Jahren w​ar er e​in unterbezahlter Dozent[3] i​n Münster u​nd ab August 1941 arbeitete e​r in Teilzeit i​n der kryptographischen Abteilung d​es auswärtigen Amtes Pers Z, w​as ihm d​ie Einberufung z​ur Wehrmacht ersparte. Anfang d​er Woche arbeitete e​r als Dozent i​n Münster, a​b Donnerstag u​nd das Wochenende b​ei Pers Z.[4]

Nach d​em Krieg w​urde er außerordentlicher Professor u​nd 1968 Professor i​n Münster. Er g​ab hauptsächlich Kurse i​n angewandter Mathematik. Sein Gesundheitszustand w​ar schlecht. 1974 w​urde er emeritiert. Auf seinem a​lten Arbeitsgebiet unendliche abelsche Gruppen veröffentlichte e​r nach d​en 1930er Jahren nichts mehr, betreute a​ber Dissertationen a​uf diesem Gebiet.

Von i​hm stammen wichtige Arbeiten über d​ie Klassifizierung unendlicher abelscher Gruppen m​it nach i​hm benannter Ulm-Invarianten.

Zu seinen Doktoranden gehören d​ie Professoren Eberhard Kaniuth u​nd Heinz Tillmann.

Schriften

  • Zur Theorie der abzählbar-unendlichen Abelschen Gruppen, Mathematische Annalen, Band 107, 1933, S. 774–803
  • Zur Theorie der nicht-abzählbaren primären abelschen Gruppen, Mathematische Zeitschrift, Band 40, 1935, S. 205–207
  • Elementarteilertheorie unendlicher Matrizen, Mathematische Annalen, Band 114, 1937, S. 493–505

Literatur

  • R. Göbel: Helmut Ulm: his work and its impact on recent mathematics, in: Abelian group theory (Perth, 1987), Contemporary Mathematics, Band 87, 1989, S. 1–10
  • Helmut Ulm, in: Sanford L. Segal: Mathematicians under the Nazis. Princeton University Press, 2003, S. 465f.

Einzelnachweise

  1. Segal, Mathematicians under the Nazis, 2003, S. 465–466
  2. Mechthild Koreuber, Emmy Noether, die Noether-Schule und die abstrakte Algebra, Springer 2015, S. 52
  3. Nach Koreuber, Emmy Noether, Springer 2015, S. 330 war er 1935 bis 1937 Assistent in Münster, 1937 bis 1947 nicht beamteter außerordentlicher Professor und 1947 bis 1974 planmäßiger außerordentlicher Professor in Münster. In dem Buch von Koreuber (S. 305) ist auch ein Gruppenfoto mit Emmy Noether von 1931, auf der er links neben Emmy Noether steht.
  4. Frode Weierud, Sandy Zabell: German mathematicians and cryptology in WWII, Cryptologia, Juni 2019, S. 1–75
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