Helenentor
Das Helenentor ist ein als triumphbogenartiges Durchgangstor gestaltetes Kunstwerk, das in Regensburg 1906–1908 vom fürstlich Thurn und Taxischen Bauinspektor Max Schultze errichtet wurde, um eine verkehrstechnisch erforderliche neue Straßenverbindung mit einer neuen Brücke über den Stadtgraben in ein erhalten gebliebenes historisches Ensemble von Bauwerken der ehemaligen Stadtbefestigungsanlagen passend einzubinden.
Lage
Das Helenentor befindet sich im Südwesten der Altstadt am südlichen Ende der Waffnergasse, wo die nach Westen verlaufende Helenenstraße beginnt. Das Tor liegt westlich von Schloss St. Emmeram und ist dem mittelalterlichen Emmeramer Tor unmittelbar westlich benachbart. Nach dem Passieren der dem Tor vorgelagerten Helenenbrücke über den ehemaligen Stadtgraben kreuzt der Fußgängerweg der Fürst-Anselm-Allee die Helenenstraße. Aus westlicher Richtung betrachtet ist das Helenentor der Zugang zur Altstadt.
Gestaltung
Die drei Durchgänge des Helenentores sind jeweils mit weitgespannten Rundbögen versehen. Auf der Außenseite ist das Wappen der Fürsten von Thurn und Taxis abgebildet. Das Wappen auf der Innenseite des Torbogens repräsentiert ein Allianzwappen zwischen Thurn und Taxis und der bayerischen Königslinie der Wittelsbacher.
Das Helenentor findet in der Kunstfachwelt eine große Beachtung. Der deutsche Kunsthistoriker Albert Erich Brinckmann würdigte die Architektur und Lage des Tores, das neben dem mittelalterlichen Emmeramer Tor steht, in seinem Werk von 1911:
„Vorbildlich erscheint die Lösung beim Emmeranstor am Ende der Waffnergasse von Regensburg. Die Straße ist vor dem alten Tor nach rechts abgebogen und hat im Zuge der alten Mauer einen neuen, triumphbogenartigen Torbau erhalten. Das alte Tor ist als Zugang aufgegeben und ruht in seinem gewohnten Habit wie ein alter Invalide aus. Das Neue stellt sich entschlossen als neu hin, ist ohne den fatalen Beigeschmack von ängstlicher Anpassung oder gar Imitation, der so leicht den konservierten Baulichkeiten anhaftet.[1]“
Geschichte
Nach der Erlaubnis zum Abriss der Stadtbefestigungsanlagen im Jahr 1863 plante die Stadt Regensburg eine Verkehrsanbindung zwischen der nicht mehr von Mauern umgebenen Altstadt und den nun leichter zugänglichen Entwicklungsgebieten im südwestlichen Vorstadtbereich. Das sich seit 1874 im thurn und taxischen Privatbesitz befindliche Emmeramer Tor war als bloßer Fußgängerweg zwischen diesen Gebieten nicht mehr ausreichend. Der Oberbaurat am fürstlichen Hof Max Schultze wurde beauftragt, einen neuen Verkehrsweg zu planen und das mittelalterliche Emmeramer Tor vor dem Abbruch zu bewahren. Gleichzeitig befasste sich auch der Architekt Heinrich Hauberrisser mit dem Entwurf einer großen Toranlage neben dem Emmeramer Tor, jedoch wurden seine Vorstellungen von einem neuen Tor als überdimensioniert verworfen.[2] Hingegen plante Max Schultze 1907 einen neuen Stadtausgang neben dem alten Emmeramer Tor unter weitgehendem Erhalt der seitlichen Teile der Stadtmauer. Das von ihm entworfene neue Tor hatte drei Rundbogenöffnungen, die beiden kleineren äußeren für Fußgänger und die mittlere für eine Verkehrsstraße. Vorstellungen vom Aussehen eines herkömmlichen Stadttores wurde als nicht mehr zeitgemäß betrachtet. Dagegen galt es, ästhetische Übereinstimmungen zwischen dem fürstlichen Schloss St. Emmeram und den damals ebenfalls neu gebauten thurn und taxischen Gebäuden Hofmarschallamt und Marstall zu wahren.[3] Mit dem Namen wurde das neu erbaute Tor und dann auch die Brücke und die neue Straße der 1890 verstorbenen Fürstin Helene gewidmet.
Die zur Anbindung der Verkehrsstraße an den neuen Stadtteil benötigt Brücke über den ehemaligen Stadtgraben wurde unter finanzieller Beteiligung der Stadt ebenfalls von Max Schultze entworfen. Das Besondere an dieser Brücke ist, dass es sich bei ihr um eine der ersten Eisenbetonkonstruktionen in Regensburg handelt. Der fürstliche Hof und sein Oberbaurat Schultze wollten den architektonischen anspruchsvollen Raum beim Schloss ebenfalls gestalten und übernahmen die Kosten der Ornamentik und des Unterhalts der Verzierungen an den Pfeilern, Voluten und Ziergeländern. Das Ziel des Architekten Schultze war, dass die Brücke in Verbindung mit dem Helenentor einen ästhetischen Einklang mit der ehemaligen Stadtbefestigung bewahren sollte.[4]
Literatur
- Baedekers Stadtführer Regensburg. Baedeker, Ostfildern 2002, ISBN 3-87954-026-8.
- Karl Bauer: Regensburg. Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte. 5. erweiterte Auflage. MZ-Verlag, Regensburg 1997, ISBN 3-931904-19-9.
- Anke Borgmeyer, Achim Hubel, Andreas Tillmann und Angelika Wellnhofer: Denkmäler in Bayern – Stadt Regensburg. Ensembles – Baudenkmäler – Archäologische Denkmäler. Band III.37. Mittelbayerische Druck- und Verlagsgesellschaft, Regensburg 1997, ISBN 3-927529-92-3.
- Hubert Schmid: Stadtbild- und Denkmalpflege in Regensburg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1848-1914), Regensburger Studien (Band 9), Regensburg 2004.
- Martin Kluger: Regensburg. Stadtführer durch das mittelalterliche Weltkulturerbe. context verlag, Augsburg 2007, ISBN 978-3-939645-06-1.
- Paul Otto Schulz: Ostbayern. Kunst und Kultur der Oberpfalz, Niederbayerns und des Bayerischen Waldes. DuMont Kunst-Reiseführer. DuMont, Köln 2004, ISBN 3-7701-6323-0.
- Albert Erich Brinckmann: Deutsche Stadtbaukunst in der Vergangenheit. H. Keller, Frankfurt am Main 1911.
Einzelnachweise
- Albert Erich Brinckmann: Deutsche Stadtbaukunst in der Vergangenheit, Frankfurt am Main 1911, S. 122.
- Hubert Schmid: Stadtbild- und Denkmalpflege in Regensburg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1848–1914), Regensburger Studien (Band 9), Regensburg 2004, S. 109
- Anke Borgmeyer, Achim Hubel, Andreas Tillmann und Angelika Wellnhofer: Denkmäler in Bayern – Stadt Regensburg. Ensembles – Baudenkmäler – Archäologische Denkmäler. Band III. 37. Mittelbayerische Druck- und Verlagsgesellschaft, Regensburg 1997, ISBN 3-927529-92-3, S. 298
- Anke Borgmeyer, Achim Hubel, Andreas Tillmann und Angelika Wellnhofer: Denkmäler in Bayern – Stadt Regensburg. Ensembles – Baudenkmäler – Archäologische Denkmäler. Band III.37. Mittelbayerische Druck- und Verlagsgesellschaft, Regensburg 1997, ISBN 3-927529-92-3, S. 298