Heinrich Müller (Architekt, 1819)

Heinrich Müller (* 2. Februar 1819 i​n Bremen-Oberneuland; † 8. März 1890 i​n Bremen) w​ar ein deutscher Architekt.

Bildnis Müllers im Alter von 21 Jahren durch den Bremer Portraitmaler August Wilhelm Wedeking

Biografie

Müller, Sohn e​ines Kalkbrenners, besuchte d​as Gymnasium u​nd absolvierte e​ine Lehre a​ls Maurer, u​m ab 1838 i​n München b​ei dem n​ur wenige Jahre älteren Friedrich Bürklein, e​inem Schuler v​on Friedrich v​on Gärtner, z​wei Jahre z​u studieren. Anschließend z​og es i​hn an d​ie Berliner Bauakademie, w​o er e​in Jahr u​nter der Leitung Heinrich Stracks arbeitete. Nach d​em Hamburger Brand 1842 w​ar er d​ort zwei Jahre i​m Atelier Chauteauneufs tätig, b​evor er i​n Hamburg a​uch seine ersten selbständigen Bauten realisierte. 1849 kehrte e​r in s​eine Heimatstadt Bremen zurück u​nd erhielt sofort d​en Großauftrag für d​as Auswandererhaus Bremerhaven. Er plante u​nd realisierte v​iele repräsentative Wohn- u​nd Geschäftshäuser i​n und u​m Bremen i​m Stil d​er damaligen Architekturmode, a​lso zunächst n​och als spätklassizistische Bauten, d​ann im Historismus a​ls Tudor-Gotik o​der Neorenaissance. Zu seinen Werken zählten d​ie Weinhandlung Ludwig v​on Kapff, d​er Umbau d​er ehemaligen Domschule a​n der Domsheide für d​en Künstlerverein, d​ie Villa Wätjen, d​as Haus v​on Franz Schütte, d​ie Neue Börse a​m Bremer Marktplatz, d​ie Rembertikirche u​nd der Entwurf für d​ie Umgestaltung Hillmanns Hotel a​m Herdentor i​n Bremen. Kriegsbedingt s​ind von seinen Bauten n​ur wenige erhalten. Zu d​en wieder aufgebauten Gebäuden gehört d​ie Neue Börse (Kaliningrad).

1856 gehörte Müller z​u den Gründern d​es Künstlervereins i​n Bremen, dessen Präsident e​r etwa zwölf Jahre später w​urde und d​ann mit e​iner kurzen Unterbrechung b​is zu seinem Tode blieb. Er w​ar verheiratet, h​atte zwei Töchter u​nd wohnte s​eit 1859 a​m Rembertikirchhof i​n Bremen. Zuerst i​n der Nr. 8, d​ann ab 1862 i​n der Nr. 22 m​it Blick a​uf den Chor d​er von i​hm 1868–1870 erbauten Rembertikirche.

Er w​urde auf d​em Riensberger Friedhof i​n Bremen beigesetzt (Grablage W 53/54). Auf d​em Grabstein steht: „Dem Gedächtniss d​es Meisters d​er Baukunst v​on Freundeshand errichtet.“ Als Todestag s​teht der 9. März 1890 a​uf dem Grabstein, i​n der Literatur w​ird aber d​er 8. März angegeben. Müller w​ar Mitglied i​m Hamburger Künstlerverein v​on 1832.

Bauten und Entwürfe

Gebäude der Weinhandlung Ludwig von Kapff, 1852, Foto 1907
Plan der Kirche Unser Lieben Frauen mit Maßangaben der Umbauten durch Heinrich Müller
Villa Lürman, Contrescarpe 21, 1866
Erster Umbau des Künstlervereinshauses 1869–1874, Foto 1874
Neue Königsberger Börse, 1870–1875
Hillmanns Hotel, Umbau 1890 von Heinrich Müller, Foto um 1900
  • 1847–1848: Wohnhausgruppe Contrescarpe 122–124 / Am Wandrahm (ehem. Nr. 84a-e)[1]
  • 1849: Auswandererhaus Bremerhaven (ab 1871 Kaserne, ab 1892 Karlsburg-Brauerei, 1982/1985 Abriss bei Übernahme einiger Teile beim Neubau der Hochschule Bremerhaven)
  • 1850–1852: Gebäude der Weinhandlung Ludwig von Kapff in Bremen, nahe der Großen Weserbrücke, Wachtstraße 43 (1944 zerstört)[2][3]
  • 1852: Wohnhausgruppe am Rosenplatz, Contrescarpe 125–132 (ehem. Nr. 85a-g)[4]
  • 1854: Wettbewerbsentwurf für die Votivkirche in Wien
  • 1857: Lehnhof von Konsul Theodor Lürman in Neu-Schönebeck[5][2]
  • 1857: Umbau des Refektoriums des Domklosters für den Künstlerverein an der Domsheide
  • 1857–1860: Umbau des südlichen Seitenschiffs der Kirche Unser Lieben Frauen[6]
  • 1858: Villa Christian Heinrich Wätjen, Bleicherstraße 35, später Osterdeich 2[2]
  • 1858: Wohn- und Geschäftshaus Domshof 29 / Unser Lieben Frauen Kirchhof 2–3[7]
  • 1858–1864: Wätjens Schloß des Reeders Christian Heinrich Wätjen, Landrat-Christians-Straße 5F in Bremen-Blumenthal (Tudorgotik, mit Achteckturm)[2][8][9][10][11]
  • 1858–1864: „Parkhaus“ in Wätjens Park in Bremen-Blumenthal, Landrat-Christians-Straße (Müller zugeschrieben, abgerissen)
  • 1859: Evangelische Kirche St. Johann in Bremen-Oberneuland (neugotisch)[2]
  • um 1860: Wohnhaus Johannes Eduard Grosse, Contrescarpe 118, späterer Umbau für P. Rickmers durch Runge[2]
  • um 1860: Umbau des Wohnhauses Hermann Henrich Meier, später Grommé, Schillerstraße 34 / Contrescarpe 77[2]
  • 1861–1864: Neue Börse am Bremer Marktplatz, Am Dom 5A (im Stil der italienischen Frührenaissance; 1943 zerstört bis auf den Börsenhof A mit großem Treppenhaus)[2][12]
  • 1862: Villa Philipp Richard Fritze, Osterdeich 3 (abgebrochen[2]; erhalten das ehem. Kutscherhaus und Wagenremise, Bleicherstraße 31; 1979 umgebaut in ein Wohnhaus durch Architekt Manfred Schomers für ihn selbst)
  • ab 1863: Wohnhäuser am Osing und Wohnhaus für Kapitän Warneke in Vegesack, Weserstraße 26 und 26A (spätklassizistisch)
  • 1863: Villa Eduard Büsing, Mozartstraße 15 / Osterdeich 4[13]
  • 1865: Festbauten für das Zweite Deutsche Bundesschießen auf der Bürgerweide
  • 1865: Villa „Haus Blumenkamp“ für den Bankier Wolde in Bremen-St. Magnus, Billungstraße (Müller zugeschrieben wegen des H-förmigen Grundrisses ähnlich wie „Parkhaus“ in Wätjens Park und Rauchs Gut)
  • 1866: Villa Stephan August Lürman, Contrescarpe 21 / Meinkenstraße (erhalten)[2][14]
  • 1866: Umbau und Aufstockung des Wohnhauses Contrescarpe 22/24 für Konsul Johannes Theodor Lürman[2][15]
  • 1867–1868: Landgut Kattenesch für den Bremer Kaufmann und Königlich Niederländischen Generalkonsul Gerhard Heinrich Roessingh[16]
  • 1868: Wohnhaus Joseph Johann Arnold Hachez, Contrescarpe 20 (um 1970 durch ein Appartementhaus ersetzt)[2]
  • 1868–1870: Rembertikirche in Bremen, Rembertikirchhof (neogotisch, 1942 zerstört)[2]
  • 1870: Aschenburg, Hinter der Mauer 1A, als Wohnhaus mit Kontor für Kaufmann Christoph Friedrich Lahusen[17]
  • 1870: Wohnhaus Georg F. Melchers, Contrescarpe 67, Richtweg 35 (abgebrochen für das Haus des Reichs)[2]
  • 1869–1876: Abriss des alten Domklosters und Neubau von Sälen für den Künstlerverein sowie Neubau des Kapitelhauses mit Geschäftsräumen zur Domsheide[2][18]
  • 1868: Wohnhaus Carl Melchers, Contrescarpe 112 (Eingang rückwärtig Georgstraße 5)[2][19]
  • 1870–1875: Neue Börse in Königsberg (Preußen)
  • 1871: Rauchs Landgut für Johann Rauch in Bremen, Richthofenstraße 70
  • 1874: Umbau des Hauses der Gesellschaft „Museum“, Domshof 21 / Schüsselkorb 30 (1944 zerstört)[2]
  • 1875: Wohnhaus Senator Wilhelm Nielsen, Contrescarpe 100A (zerstört)[2][3]
  • 1876: Landhaus Johannes Fritze in Bremen-Vegesack, Weserstraße 74 (nach dem Zweiten Weltkrieg als Ortsamt Vegesack genutzt)[2]
  • 1877: Villa Niemann, Schwachhauser Heerstraße 24 (heute Versorgungswerk der Ärztekammer Bremen)[20]
  • 1877–1879: Evangelisch-reformierte Kirche Blumenthal mit Gemeindehaus, Landrat-Christians-Straße 80
  • 1877: Wohnhaus Johannes Fritze und Kontor der Firma W. A. Fritze & Co., Am Wall 154/156 (1950 stark verändert wiederaufgebaut als Securitas-Haus)[2]
  • 1878: Wohnhaus Senator Johannes Achelis (kaiserlich russischer Vizekonsul, in Firma Johs. Achelis & Söhne), Am Dobben 27 (zerstört)[2]
  • 1880um: Villa Joseph Hachez, Prokurist und Teilhaber in der Reederei D. H. Wätjen, Landrat-Christians-Straße 110 (ehem. Langestraße; um 1975 für ein Verwaltungsgebäude des Bremer Vulkan abgebrochen)[2]
  • 1880: Geschäftshaus C. Melchers & Co., Knochenhauerstraße 42/44[2]
  • 1880: Logenhaus der Loge „Friedrich Wilhelm zur Eintracht“, Sögestraße 16, Am Wall 145 (zerstört)[2]
  • 1881: Wettbewerbsentwurf zu einem Siechenhaus in Bremen (prämiert mit dem 2. Preis)[21]
  • 1881: Wohnhaus für Franz Schütte, Kohlhökerstraße 29 (abgebrochen)[2]
  • 1882: Erweiterungsbau des Vereinskrankenhauses vom Roten Kreuz, Neustadtswall / Osterstraße[2]
  • 1883: Wohnhaus Ludwig von Kapff, Osterdeich 53[2]
  • 1885: Sechs Projektvarianten für den Neubau des Bremer Hauptbahnhofs[22]
  • 1887: Ausarbeitung des Wettbewerbsprogramms für die Sanierung des Bremer Doms, gemeinsam mit den Architekten Wilhelm Below, Johann Georg Poppe und Christian Bummerstedt[23]
  • 1890: Entwurf für die Aufstockung und Umgestaltung der Fassade von Hillmanns Hotel in Bremen, Herdentorsteinweg 51 / Hillmannplatz (Ursprungsbau 1846 von Christoph Polzin, 1944 zerstört)[24]

Bauten im Bremer Bürgerpark

Meierei im Bürgerpark, 1880, Ansichtskarte 1899
Melchersbrücke im Bürgerpark, 1881–1883
Aussichtsturm im Bürgerpark
  • 1867: Erstes Kaffeehaus am Emmasee, genannt "Zelt", 1897 durch einen Neubau ersetzt
  • 1868: Emmabank am Emmasee[25]
  • 1878: Niemitz-Brunnen[26]
  • 1880: Meierei[27][28]
  • 1881–1883: Melchersbrücke
  • 1882: Meiereivilla mit Rundscheune
  • 1884: Rückwärtiger Anbau mit Treppenhaus an das Dienstwohnhaus (Schweizerhaus) des Bürgerparkdirektors[29]
  • 1886: Hainbuchenlaube
  • 1889: Aussichtsturm (zerstört)

Grabmale

Grabmal Familie Christian Heinrich Wätjen, 1887

Siehe auch

Literatur

  • Dr. H. Kasten: Rede bei der Gedächtnisfeier des Künstler-Vereins für Heinrich Müller am 27. März 1890, in: Weser-Zeitung vom 29. März 1890, Morgenausgabe
  • Friedrich Wilhelm Rauschenberg: Heinrich Müller (Nekrolog), in: Zentralblatt der Bauverwaltung 1890, S. 132
  • Eduard Gildemeister: Das Wohnhaus, in: Bremen und seine Bauten (bearb. und hrsg. vom Architekten- und Ingenieur-Verein), Bremen 1900, S. 408–474, hier: 415–426 (Heinrich Müller)
  • Wilhelm von Bippen: Müller, Heinrich (Architekt). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 52, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 504–506.
  • Eduard Gildemeister: Heinrich Müller, in: Bremische Biographie des 19. Jahrhunderts, 1912, S. 345–349
  • Gustav Brandes: Der Altmeister der bremischen Baukünstler, in: Niedersachsen 24 (1918/19) 8, S. 104–107
  • Nils Aschenbeck: Bremen 1860–1945. Ein photographischer Streifzug. 3. Auflage, Edition Temmen, Bremen 2002, ISBN 3-86108-286-1.
  • Andreas Schulz: Vormundschaft und Protektion, München 2002, S. 696–698
  • Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. 2., aktualisierte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X.

Einzelnachweise

  1. Bremer Staatsarchiv, Bauakte, Signatur 4,125/1- 1781-83
  2. Architekten- und Ingenieurverein (Hrsg.): Bremen und seine Bauten. Karl Schünemann, Bremen 1900 (242, 244-245, 249, 280-285, 310-315, 318-321, 328, 340, 393, 415-426, 480, 482, 572-573, 585-586; Fig. 223, 226-228, 264-266, 295-297, 299-302, 306-313, 323, 395-396, 437-458, 469-470, 482).
  3. Hugo Licht (Hrsg.): Architektur Deutschlands. Übersicht der hervorragendsten Bauausführungen der Neuzeit. Band 1. Ernst Wasmuth, Berlin 1882, S. Bl. 56, 57, 82, 83.
  4. Eduard Gildemeister: Heinrich Müller. In: Bremische Biographie des 19. Jahrhunderts. 1912, S. 345–349.
  5. Arendt und Gerhard Schmolze: An der Lesum. Bremen 1985, S. 223, Abb. 222.
  6. Uwe Bölts: Die Baugeschichte der Liebfrauenkirche. In: Diemar von Reeken (Hrsg.): Unser Lieben Frauen. Bremen 2002, S. 190–191.
  7. Wilhelm Lührs: Der Domshof. Bremen 1979, S. 213, S. 217–218
  8. Gustav Brandes: Aus den Gärten einer alten Hansestadt. 1939, S. 138–143, Abb. 122–123.
  9. Wolfgang Brönner: Die bürgerliche Villa in Deutschland 1830-1890. Düsseldorf 1987, S. 156–158, Abb. 264–265.
  10. Hans Wätjen: Wätjens ehemaliger Landsitz in Blumenthal. In: Bremer Häuser erzählen Geschichte, Band 2. 2001, S. 147–160.
  11. Ulf Fiedler, Bernhard Havighorst: Das alte Blumenthal in Bildern. Bremen 1982, Abb. 226–238.
  12. F.: Die neue Börse in Bremen. In: Deutsche Bauzeitung, 5. Jahrgang 1871, S. 169–171, S. 173, S. 177–178, S. 181, S. 193–195.
  13. Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, II. 1965, S. 103–104, Abb. 107 und 111.
  14. Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, I. 1964, S. 476–482, Abb. 452–454.
  15. Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, I. 1964, S. 482, Abb. 454–459.
  16. Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, II. 1965, S. 352, S. 354, Abb. 386.
  17. Bremisches Jahrbuch, Bd. 78 (1999), Seite 20.
  18. Albert Hofmann: Zur künstlerischen Ausgestaltung des baulichen Mittelpunktes von Bremen. In: Deutsche Bauzeitung, 53. Jahrgang 1919, S. 545–547, S. 549–556.
  19. F.: Wohnhaus des Herrn C. Melchers in Bremen. In: Deutsche Bauzeitung, 6. Jahrgang 1872, Nr. 7, S. 49–50, S. 53.
  20. Villen und Landhäuser. Berlin 1885, Tafel 25.
  21. N.N.: Eine beschränkte Konkurrenz für Entwürfe zu einem Siechenhause in Bremen. In: Deutsche Bauzeitung, 15. Jahrgang 1881, Nr. 12, S. 72.
  22. Rolf Kirsch: Der Bremer Hauptbahnhof im Kontext der Großstadtbahnhöfe des Historismus. In: Denkmalpflege in Bremen, Heft 13, S. 101–102.
  23. Hans-Christoph Hoffmann: Die Erhaltung des St. Petri Doms zu Bremen im 19. Jahrhundert. Bremen 2007, S. 62.
  24. Bremer Staatsarchiv, Bauakte, Signatur 4,125/1 – 4192
  25. Schwarzwälder, Herbert: "Gräfin" Emma von Lesum und der "Bremer Krüppel", historische Wahrheit - Sage - Dichtung =° Jahrbuch der Wittheit 18 (1974), S. 387ff.
  26. Beate Mielsch: Denkmäler, Freiplastiken, Brunnen, 1980, S. 35, 52; Abb. 59
  27. Villen und Landhäuser, Berlin 1885, Tafel 14
  28. Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens II, 1965, S. 241–242
  29. Werner Damke: Das Schweizerhaus im Bürgerpark, in: Bremer Häuser erzählen Geschichte, Bd. 1, 1998, S. 49–56
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