Handelsgewichtszuschlag
Als Handelsgewichtszuschlag bezeichnet man einen gesetzlich festgelegten Prozentsatz des im Handel üblichen Feuchtigkeitsgehalts textiler Faserstoffe und Garne, der als Basis der Gewichtsbestimmung dient. Der Handelsgewichtszuschlag wird auch als Feuchtigkeitszuschlag bezeichnet.[1]
Handelsgewicht ist das Trockengewicht einer Ware zzgl. des Gewichts durch Einrechnung des zulässigen Feuchtigkeitsgehalts, häufig festgelegt durch Handelsbrauch.[2]
Die Handelsgewichtszuschläge der einzelnen Faserstoffe sind für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 (Textilkennzeichnungsverordnung) festgelegt,[3] die verschiedene ältere DIN-Normen ersetzt hat.[4][5] Art. 19 Abs. 3 der Verordnung verweist auf die in Anhang IX vorgesehenen vereinbarten Zuschläge auf die Trockenmasse jeder Faser, die zur Berechnung des Gewichts der in einem Textilerzeugnis enthaltenen Fasern verwendet werden müssen. Bei Wolle und Tierhaaren (gekämmte Fasern) sind es z. B. 18,25 % (Gewichtsprozent zulässiger Feuchtigkeitsgehalt). Ist das Fasermaterial trockener als hier z. B. die 18,25 %, wird die tatsächliche Feuchte mit Hilfe des Konditionierverfahrens bestimmt.[6]
Preisbasis ist zwischen Kaufleuten dann nicht das gemessene Nettogewicht, sondern das berechnete, auf den Handelsgewichtszuschlag hoch gerechnete Konditioniergewicht. Bei Fasermischungen wird deren Handelsgewichtszuschlag anteilig gerechnet.[7][8]
Zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 wurde in Deutschland das Textilkennzeichnungsgesetz (TextilKennzG) mit Wirkung zum 24. Februar 2016 an die veränderte europäische Rechtslage zur Textilkennzeichnung angepasst.[9] § 9 Abs. 2 TextilKennzG legt fest, dass die Marktüberwachungsbehörden bei der Bestimmung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen die Bestimmungen der Textilkennzeichnungsverordnung und insbesondere deren Anhänge VII, VIII und IX anzuwenden haben.[10]
Einzelnachweise
- Alois Kießling, Max Matthes: Textil-Fachwörterbuch. Schiele & Schön, Neuauflage 1993, S. 124 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Alexander Hennig: Handelsgewicht Gabler Wirtschaftslexikon, abgerufen am 30. Oktober 2020.
- Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 73/44/EWG des Rates und der Richtlinien 96/73/EG und 2008/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates In: ABl. L 272/1 vom 18. Oktober 2011, geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) 2018/122 der Kommission vom 20. Oktober 2017 zur Änderung der Anhänge I, II, VI, VIII und IX der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen. In: ABl. L 22/3 vom 26. Januar 2018.
- beispielsweise DIN 53822:1961-01: Prüfung von Textilien – Begriffe zur Handelsgewichtsbestimmung von Garnen.
- vgl. Erich Siebel (Hrsg.): Handbuch der Werkstoffprüfung. Die Prüfung der Textilien. Springer-Verlag 1960, S. 383 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Paul Heermann: Die Konditionierung oder Trockengehaltsbestimmung. In: Mechanisch- und physikalisch-technische Textiluntersuchungen. 1923, S. 95–105.
- Ralf-Dieter Reumann (Hrsg.): Prüfverfahren in der Textil- und Bekleidungstechnik. Mit 436 Abbildungen und 105 Tabellen. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2000, ISBN 978-3-642-63033-0, S. 257 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- vgl. Deutscher Garnkontrakt Fassung vom 1. Januar 2020. Bedingungen für den Handel mit rohen, düsengefärbten und veredelten – gefärbten, gebleichten, gasierten usw. – Garnen und Zwirnen aus Natur- und Chemiefasern. Teil 2: Technische Grundlagen, 1. Handelsgewicht. Abgerufen am 30. Oktober 2020.
- Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und zur Ablösung des Textilkennzeichnunsgesetzes vom 15. Februar 2016, BGBl. I S. 198
- Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und zur Ablösung des Textilkennzeichnungsgesetzes. BT-Drs. 18/6488 vom 28. Oktober 2015, S. 21.