Halbunziale
Die Halbunziale ist eine frühmittelalterliche Buchschrift, die vor allem für patristische und juristische Texte angewandt wurde. Mit der Unziale hat sie entstehungsgeschichtlich nichts gemein. Kennbuchstaben sind das Minuskel-m, das N in der Form der Capitalis, das kursive d sowie das g (ʒ).
Diese frühe Minuskelschrift ist durch Kalligraphisierung der jüngeren römischen Kursive (Minuskelkursive) im 5. Jahrhundert im christlichen Nordafrika entstanden. Das Erscheinungsbild ist jedoch noch nicht so von Oberlängen und Unterlängen geprägt wie bei den späteren Minuskeln. Das früheste genauer datierbare Beispiel ist der Codex mit Schriften des Hilarius von Poitiers (BAV, Archivio S. Pietro D. 182), der in Cagliari 509/510 von Bischöfen, die aus dem Vandalenreich in Nordafrika vertrieben worden waren, redigiert wurde. Als Buchschrift war sie vom 6. bis zum 8. Jahrhundert weit verbreitet, in Schriftzentren wie Tours (touronische Halbunziale) oder Fulda wurde sie noch im 9. Jahrhundert als Auszeichnungsschrift weiterverwendet. Die Schrift gehört zu den Modellen für die Entwicklung der karolingischen Minuskel.
Literatur
- Bernhard Bischoff: Halbunziale. In: Lexikon des gesamten Buchwesens 2, Stuttgart 1991, S. 333–334
- Tino Licht: Halbunziale. Schriftkultur im Zeitalter der ersten lateinischen Minuskel (III.–IX. Jahrhundert). Hiersemann, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-77721806-9 (Habilitationsschrift)
Weblinks
- Alphabet aus dem Hilarius-Codex bei medieval writing
- Informationen zur semionciale von Gianmarco De Angelis bei Scrineum