Haavelmo-Theorem
Das Haavelmo-Theorem (nach dem norwegischen Wirtschaftswissenschaftler Trygve Haavelmo) bezieht sich auf die Einkommenseffekte budgetsaldoneutraler Fiskalpolitik und besagt, dass von einer Erhöhung der Staatsausgaben G, die vollständig über zusätzliche Steuern T finanziert wird, eine Erhöhung des Gleichgewichtseinkommens/Gleichgewichtsinlandprodukts Y ausgeht, die mindestens so groß ist wie die Erhöhung der Staatsausgaben bzw. der zu ihrer Finanzierung notwendigen Steuererhöhung, also:
Da, im Gegensatz zu den privaten Haushalten, ein Staat keine marginale Sparquote aufweist, werden die Steuereinnahmen laut Haavelmo zu 100 % wieder investiert. Unter Beachtung des Multiplikatoreffekts lässt sich daher ein höheres Volkseinkommen errechnen.
Als Ergebnis aus diesem Theorem lässt sich festhalten, dass der Staat das gesamtwirtschaftliche Einkommen/Inlandprodukt erhöhen kann, indem er mehr Steuern erhebt und diese Einnahmen sofort wieder voll ausgibt (so genannte Budgetverlängerung).
Aus dem Theorem lässt sich schlussfolgern, dass eine unendliche Ausdehnung der steuerfinanzierten Staatsausgaben das Bruttoinlandsprodukt ins Unendliche steigern könnte. Grundsätzlich gilt aber bei ökonomischen Gesetzen, dass lineare Zusammenhänge nicht in beliebiger Größenordnung angenommen werden können, vielmehr wären bei stärkeren Impulsen Nichtlinearitäten zu berücksichtigen. So können in einem ökonometrischen Modell nicht beliebig starke Impulse (in diesem Fall also Budgetverlängerung des Staatskontos) eingegeben werden, sollen die Ergebnisse nicht wirklichkeitsfremd werden.
Mathematische Herleitung
Zuerst wird der Multiplikator einer stark vereinfachten Volkswirtschaft auf dem Gütermarkt hergeleitet. Die Investitionen werden dabei als konstant angenommen. Weder reagieren sie auf eine Veränderung des Zinssatzes (auch weil der Geldmarkt im Modell nicht berücksichtigt wird), noch auf eine Änderung des Einkommens. Das verfügbare Einkommen ist als definiert.
Das Haavelmo-Theorem setzt voraus, dass zusätzliche Staatsausgaben über eine entsprechende Steuererhöhung kompensiert werden. Deshalb wird gesetzt. Es folgt:
Durch die Bildung des totalen Differentials zeigt sich die Wirkung einer solchen steuerrefinanzierten Staatsausgabenerhöhung:
Der Multiplikator einer Staatsausgabenerhöhung beträgt also 1. Im Klartext bedeutet das, dass sich für jede zusätzliche Einheit G, die über Steuern refinanziert wird, das Einkommen Y um wiederum eine Einheit erhöht. Das verfügbare Einkommen, welches als definiert ist, bleibt dabei konstant.
Alternative zur Herleitung
Alternativ könnte man auch über folgende Herleitung das Haavelmo-Theorem begründen:
Der Multiplikatoreffekt bei Staatsausgaben steigert die Nachfrage wie folgt:
Der Multiplikatoreffekt bei Steuern senkt die Nachfrage, aber nur um
Zusammengenommen steigern steuerfinanzierte Staatsausgaben () die Nachfrage um
Kritik
Als Kritik am Multiplikatoransatz werden verschiedene Aspekte geäußert[1]:
- Vernachlässigung der personell und funktionell unterschiedlichen Konsumquoten
- Flexibilität der Löhne, Preise und Zinsen mittel- bis langfristig
- Abhängigkeit der laufenden Konsumausgaben vom aktuellen Einkommen mit einer marginalen Konsumquote zwischen Null und Eins (absolute Einkommenshypothese; Gegenteil: permanente Einkommenshypothese; Lebenszyklus-Hypothese)
- Vernachlässigung von Vermögens- und Kapazitäteffekten im Rahmen der kurzfristigen Analyse
Literatur
- T. Haavelmo: Multiplier Effects of a Balanced Budget, in: Econometrica 13, 311–318, 1945.
- Hans G. Monissen: Das Haavelmo-Theorem bei endogenem Steueraufkommen. In: Das Haavelmo-Theorem bei endogenem Steueraufkommen. Nr. 1, Januar 1991, S. 25–28 (ECOCHRON [abgerufen am 8. September 2008]).
- P. Lang: Integration, Währung und Wachstum. Dimensionen internationaler Wirtschaftsbeziehungen. Hrsg.: R. Ohr. Duncker und Humblot, Berlin 2002.
Weblinks
Einzelnachweise
- Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon online zum Thema