Grete Stern
Grete Stern (* 9. Mai 1904 in Elberfeld; † 24. Dezember 1999 in Buenos Aires) war eine deutsche Fotografin und Designerin. International bekannt wurde sie in den 1930er Jahren durch ihre gemeinsame Arbeit mit der Künstlerin Ellen Auerbach (damals noch Ellen Rosenberg). Beide gründeten das Fotostudio ringl + pit. Ihre Arbeiten galten als eine bedeutende Innovation in der Porträt- und Werbefotografie, die zahlreiche europäische und amerikanische Künstler beeinflusste.
Leben
Von 1923 bis 1925 studierte Grete Stern an der Württembergischen Kunstgewerbeschule, der heutigen Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, Abteilung Grafische Künste bei Professor F. H. Ernst Schneidler. Danach zog sie nach Berlin. Zwischen 1925 und 1926 entstanden dort und in Wuppertal erste gebrauchsgrafische Arbeiten (Buchgestaltung, Layout, Werbung). In Wuppertal hatte sie 1926 auch ihre erste Ausstellung. Auf Empfehlung von Umbo (Otto Umbehr) machte sie 1927–1928 fotografische Studien im Privatstudio von Walter Peterhans in Berlin. Durch Peterhans lernte sie Ellen Rosenberg kennen. Das von beiden in einem ehemaligen Atelier von Peterhans errichtete Fotostudio für Werbe- und Porträtfotografie benannten sie nach ihren beiden Kosenamen Ringl (Stern) und Pit (Rosenberg). 1930 folgten erste Reklame-Arbeiten in Zusammenarbeit mit der Bildagentur Mauritius. Im selben Jahr und 1930 und zwischen 1932 und 1933 besuchte Stern Walter Peterhans' Fotokurs am Bauhaus in Dessau und Berlin.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Stern 1933 nach London. Bis 1936 arbeitete sie als freie Grafikerin und Reklamefotografin. In diesen Jahren schuf sie Porträts unter anderem von Bertolt Brecht, Helene Weigel und Karl Korsch.
1935 heiratete Grete Stern den argentinischen Fotografen Horacio Coppola, der ebenfalls bei Peterhans am Bauhaus studiert hatte. 1936 wurde ihre Tochter Silvia geboren. Im selben Jahr wanderten sie nach Argentinien aus. In Buenos Aires eröffneten Stern und Coppola 1937 ein Werbe- und Fotostudio. Ihr modernes Haus mit Studio in Ramos Meija, in der Nähe von Buenos Aires avancierte zu einem Treffpunkt für progressive Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle wie Jorge Luis Borges, Pablo Neruda, Renate Schottelius, Clément Moreau, María Elena Walsh und die Psychoanalytikerin Marie Langer.
Von 1948 bis 1950 war Stern für die fortschrittliche Stadtplanungsstelle Plan de Buenos Aires tätig. Von 1956 bis 1970 arbeitete sie am Nationalmuseum für Bildende Künste in Buenos Aires als Fotografin sowie in der Abteilung für Restaurierung.
Von 1959 bis 1960 hatte sie einen Lehrauftrag für Fotografie an der Universität Resistencia del Chaco.
Stern arbeitete noch bis 1985 in ihrem Beruf als Fotografin.
Ausstellungen (Auswahl)
- 2010/11 – Grete Stern: Vom Bauhaus zum Gran Chaco. Fotoreportagen im Norden Argentiniens (1958-1964), Ethnologisches Museum Berlin (Einzelausstellung)[1]
- 2008 – La photographie timbrée, Galerie nationale du Jeu de Paume, Paris (Gruppenausstellung)
- 2007 – documenta 12, Kassel (Gruppenausstellung)
- 2006 – Photographic experiments from the collection of IVAM (Institut Valencià d’Art Modern), Nationalmuseum für Zeitgenössische Kunst (MNAC), Bukarest (Gruppenausstellung)
- El retrato en la colección de fotografía del IVAM, Centro Cultural Eduardo León Jimenes, Santiago de los Caballeros (Gruppenausstellung)
- 2005 – Culturas del Gran Chaco, Fundación PROA, Buenos Aires (Einzelausstellung)[2]
- 2003 – Arte Abstracto Argentino, Fundación PROA, Buenos Aires (Gruppenausstellung)
- 2001 – Sueños (dreams), Presentation House Gallery – PHG, North Vancouver, BC (Einzelausstellung)[3]
- 1998 – Arte Madí, Museo Extremeño e Iberoamericano de Arte Contemporáneo MEIAC, Badajoz (Gruppenausstellung)
- 1985 – La photographie du Bauhaus, Musée d´art contemporain de Montréal, Montreal, QC (Gruppenausstellung)
Einzelnachweise
- Ethnologisches Museum 2010/11, Grete Stern: Vom Bauhaus zum Gran Chaco. Fotoreportagen im Norden Argentiniens (1958-1964) (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Fundación PROA 2005 (span.)
- Presentation House Gallery 2001, Grete Stern: Sueños (dreams) (engl.)
Literatur
- Christiane Kuhlmann: Stern, Grete. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 269 (Digitalisat).
- Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1993, ISBN 3-499-16344-6.
- Ulrike Rühlmann (Hrsg.): Grete Stern, los sueños, Träume: Photomontagen. Zur Ausstellung im Landeskunstmuseum Sachsen-Anhalt in Halle. Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1999, ISBN 3-928833-73-1.
- Katharina Sykora: Doppelspiele. Die fotografische Zusammenarbeit von Ellen Auerbach und Grete Stern. In: Renate Berger (Hrsg.): Liebe, Macht, Kunst. Künstlerpaare im 20. Jahrhundert. Böhlau, Köln 2000, ISBN 3-412-08400-X.
- Johanna Hopfengärtner: Pioneras de la modernidad. Grete Stern y Marie Langer en Argentina. In: Iberoamericana, 33, S. 163f.
- Katharina Schembs: Traumbilder. Grete Sterns Avantgardefotografie im Argentinien Peróns (1946–1955). In: Zeithistorische Forschungen 12 (2015), S. 264–288.
- Grete Stern. In: Patrick Rössler, Elizabeth Otto: Frauen am Bauhaus. Wegweisende Künstlerinnen der Moderne. Knesebeck, München 2019. ISBN 978-3-95728-230-9. S. 162–165.
Film
- Drei Fotografinnen: Ilse Bing, Grete Stern, Ellen Auerbach. Dokumentarfilm. Regie: Antonia Lerch, Berlin 1993
Weblinks
- Literatur von und über Grete Stern im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Annette Bußmann: Grete Stern. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Biographie, Literaturangaben, Links und Zitaten)
- Grete Stern auf kunstaspekte.de
- Fotografien von Grete Stern (spanisch)
- Grete Stern Jewish Women's Archive (engl.)
- Grete Stern bei bauhauskooperation.de
- Ausstellungsliste
- Ringl and Pit, Dokumentarfilm 1995, Regie: Juan Mandelbaum