Gertrudenkirchhof
Der Gertrudenkirchhof ist ein Platz in Nordosten der Hamburger Innenstadt (Stadtteil Hamburg-Altstadt), zwischen Spitalerstraße und Rosenstraße. Er geht vermutlich auf einen um 1350 angelegten Pestfriedhof zurück; später befand sich hier bis zum Hamburger Brand von 1842 die namensgebende Gertrudenkapelle.
Gertrudenkapelle
1391 wurde eine Stiftungsurkunde von zwei Bruderschaften ausgestellt, der Bruderschaft zu Sankt Gertruden, die sich den Armenbegräbnissen auf dem einstigen Pestfriedhof widmete, und der Allerheiligen-Bruderschaft der Maurer und anderer Bauhandwerker. Der wahrscheinlich 1399 fertiggestellte Bau der Kapelle war ein achteckiger Zentralbau mit eingesetzten Kapellen mit jeweils eigenem Giebel. Im 15. Jahrhundert wurde im Osten ein Chor angefügt und das ursprüngliche Faltdach durch eine neue Konstruktion ersetzt.
Zur Ausstattung gehörte ein Hauptaltar der heiligen Gertrud und ein Allerheiligen-Altar der Maurerbruderschaft, drei weitere Altäre waren Mariä Verkündigung, der heiligen Ursula und der heiligen Alegunde geweiht.
Nach der Reformation wurde die Kirche zunächst nicht mehr genutzt. 1605–1607 erhielt sie eine neue Orgel von Hans Scherer dem Älteren[1] und wurde 1607 mit einem festlichen Gottesdienst wieder eingeweiht, der von Lucas von Cölln in einem Predigtdruck beschrieben wurde und wertvolle Hinweise auf die Kirchenmusikpraxis in Hamburg dieser Zeit enthält.[2] Danach wurden wieder regelmäßige Gottesdienste in St. Gertrud von Diakonen der Hauptkirche St. Jakobi gehalten.
Beim Hamburger Brand 1842 wurde die Kirche zerstört. Obwohl ein Gutachten den Wiederaufbau empfahl, wurden die Reste der Kapelle 1847 abgetragen. Der Name ging auf die Gertrudenkirche auf der Uhlenhorst über. Aus der Ausstattung der Kapelle sind nur zwei Holzfiguren erhalten, eine Anna selbdritt und eine Heilige, die vielleicht die heilige Gertrud darstellt. Beide Figuren sind heute im Museum für Hamburgische Geschichte ausgestellt.
- Anna selbdritt
- Heiligenfigur, vielleicht die heilige Gertrud
Der Gertrudenkirchhof heute
An der Westseite des Platzes befindet sich eines der ältesten Umspannwerke der Stadt, das für die Stromversorgung der Innenstadt von zentraler Bedeutung ist und derzeit bis 2023 komplett saniert wird.[3][4] Im angrenzenden ehemaligen HEW-Verwaltungstrakt war von 1971 bis 1986 auch die Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen untergebracht.[5]
Bei der Umgestaltung des unübersichtlichen Parks in einen überschaubaren Platz im Jahr 2006 verschwanden auch die Eingänge zu einem Tiefbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Sein frühes Baujahr (1939/40, ungeklärt) und seine außergewöhnliche Ausstattung (Wasserklosetts, Heizkörper) lassen vermuten, dass es sich um einen Befehlsbunker handelte.[6] Der Park hat einer Spielfläche Platz gemacht, auf der seit 2008 jährlich Der große Preis von Hamburg, ein Pétanque-Leistungsturnier, ausgerichtet wird.[7]
Literatur
- Wilhelm Jensen: Die hamburgische Kirche und ihre Geistlichen seit der Reformation Band 1, hrsg. im Auftr. des Landeskirchenrats von Wilhelm Jensen. Hamburg: Augustin, 1958. DNB 452414520
- Volker Plagemann: Versunkene Kunstgeschichte: die Kirchen und Künstler des Mittelalters in Hamburg. Hamburg: Dölling und Galitz, 1999.
Weblinks
Anmerkungen
- Dirk Brietzke: Hamburgische Biografie. Personenlexikon, Band 2, Wallstein Verlag, 2003, Artikel Scherer, Hans d. Ä, S. 370
- Dedication service for St. Gertrude's Chapel, Hamburg, 1607. Hrsg. Frederick K. Gable (= Recent researches in the music of the Baroque era, ISSN 0484-0828; vol. 91). Madison, Wis.: A-R Editions, ©1998.
- Stromnetz Hamburg: Sanierung Umspannwerk Mitte. Abgerufen am 29. Juni 2021.
- Umbau Vattenfall Umspannwerk Hamburg Mitte – während der Strom weiter fließt. Abgerufen am 29. Juni 2021.
- Matthias Gretzschel, Anne Buhrfeind: Hamburgs Bücherhallen. Eine Jahrhundertgeschichte, Hamburg 1999, ISBN 3-00-004503-1, S. 121 ff.
- unter-hamburg e.V. - Getrudenkirchhof. Abgerufen am 29. Juni 2021.
- Großer Preis von Hamburg – Der Hamburger Boule Club