Gehorsamsparagraph
Als Gehorsamsparagraph wurde der § 1354 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung vor dem 18. Juni 1957 bezeichnet, der dem Mann in einer Ehe das Recht zur Entscheidung aller das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zusprach. Der Paragraph, der im Jahre 1900 im Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft getreten war, lautete:
Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechts darstellt.
Da das 1949 geschaffene Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in Artikel 3, Absatz 2 die Gleichberechtigung von Mann und Frau festlegte (Gleichberechtigungsgesetz), war auch eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches und vor allem des Gehorsamsparagraphen notwendig geworden. Für die erforderlichen Reformen setzte das Grundgesetz eine Frist bis zum 31. März 1953. Diese verstrich jedoch, ohne dass sich irgendetwas am geltenden Recht änderte. Nach langem Ringen zwischen den Parteien wurde der § 1354 schließlich am 18. Juni 1957 ersatzlos gestrichen.
Weblinks
- Politeia. Internetpräsentation zur deutschen Geschichte nach 1945 aus Frauensicht: Zur Abschaffung des Gehorsamsparagraphen (Memento vom 13. Juni 2007 im Internet Archive) (Universität Bonn)
- Christoph Sorge: Das Entscheidungsrecht des Ehemannes (§ 1354 BGB) beim Projekt Frauenrechtsgeschichte der Leibniz-Universität Hannover, 19. Mai 2009