Gefängnisse für homosexuelle Männer in Tschetschenien
Gefängnisse für homosexuelle Männer stehen im Zentrum einer Verfolgungswelle gegen Homosexuelle in Tschetschenien im Jahr 2017. In den Gefängnissen sollen die dort festgehaltenen Männer der Folter ausgesetzt sein. Journalisten und Menschenrechtsorganisationen sprechen von über 100 Verschleppten und mehreren Toten. Bereits vor Berichten über die Gefängnisse war die Lage von Angehörigen sexueller Minderheiten in der Tschetschenischen Republik oft als besonders kritisch beschrieben und Verfolgungen auch international kritisiert worden.
Verfolgungswelle 2017
Eine Welle der Verfolgung und Inhaftierung homosexueller Männer begann im Februar 2017. Nachdem die Polizei in Argun einen Drogensüchtigen festgenommen und auf dessen Handy Informationen über Homosexuelle gefunden hatte, wurden die über diese Daten identifizierten Männer ebenfalls festgenommen.[1] Für Anfang März waren Gay Pride Parades in Russland, jedoch nicht in Tschetschenien, angemeldet, die homophobe Gegendemonstrationen hervorriefen. Deren Agitation wird als weitere Ursache für die im März fortgesetzte Verfolgung Homosexueller in Tschetschenien angenommen.[2][3] Dabei wurden Berichten zufolge schließlich über 100 Männer in geheime Gefängnisse verschleppt. Die Gefangenen wurden gefoltert und so Informationen über weitere tatsächliche oder vermeintliche Homosexuelle erpresst. Wieder frei gelassene Männer wurden an ihre Familien übergeben mit der Aufforderung, dass diese die Männer töten sollen. Mindestens drei der Opfer sind zu Tode gekommen.[4][5][6]
Gefängnisse
Nowaja Gaseta zufolge wurden die Männer in Gefängnisse verschleppt, die ein Augenzeuge mit einem Konzentrationslager verglich. Eines der geheimen Gefängnisse befand sich angeblich nahe der Stadt Argun, ein weiteres in Zozin-Jurt, südlich der tschetschenischen Hauptstadt Grosny.[7][8][5] Die Existenz der Gefängnisse wurde von Radio Svoboda[9], Human Rights Watch[10][11], The Guardian[12] und Vice[13] bestätigt.[14]
Im Mai 2017 wurde berichtet, dass das Gebäude in Argun unter Abbruchschutt begraben worden war und die Gefangenen an einen neuen, unbekannten Ort verlegt worden waren. Die Ermittler sagen, dass die Gefangenen wahrscheinlich in einer Sonderpolizei-Trainingsbasis in Terek, etwa 60 Kilometer von Argun entfernt, verlegt worden sind. Das Besuchsrecht wurde verweigert, weil dort angeblich Training stattfindet.[15][16]
Russland und Tschetschenien bestreiten, Kenntnis von den Gefängnissen zu haben.[17][18]
Quellen
- Olga Andreevskikh: Jagd auf Homosexuelle in Tschetschenien. The Conversation, 30. Mai 2017, abgerufen am 6. Oktober 2017.
- Ekaterina Sokirianskaia: Jagd auf Homosexuelle in Tschetschenien. SRF, 4. April 2017, abgerufen am 14. April 2017.
- Samuel Osborne: Gay men being tortured and murdered in Chechen prisons, claim detainees. The Independent, 6. April 2017, abgerufen am 14. April 2017.
- Lydia Smith: 'People are being tortured and killed': Chechnya's deadly anti-LGBT crisis. International Business Times UK, 11. April 2017, abgerufen am 11. April 2017.
- Information uncovered about a second prison for homosexuals in the Russian republic of Chechnya. In: uawire.org. (uawire.org [abgerufen am 19. August 2017]).
- Gay men 'sent to concentration-style camps during purge in Chechnya'. In: Evening Standard. (standard.co.uk [abgerufen am 19. August 2017]).
- Report: Chechnya Is Torturing Gay Men in Concentration Camps. 10. April 2017 (advocate.com [abgerufen am 19. August 2017]).
- Chechen families encouraged to MURDER gay relatives. In: Mail Online. (dailymail.co.uk [abgerufen am 19. August 2017]).
- Information uncovered about a second prison for homosexuals in the Russian republic of Chechnya. In: uawire.org. (uawire.org [abgerufen am 19. August 2017]).
- Anti-LGBT Violence in Chechnya. In: Human Rights Watch. 4. April 2017 (hrw.org [abgerufen am 19. August 2017]).
- “They Have Long Arms and They Can Find Me”. In: Human Rights Watch. 26. Mai 2017 (hrw.org [abgerufen am 19. August 2017]).
- Shaun Walker: Chechens tell of prison beatings and electric shocks in anti-gay purge: ‘They called us animals’. In: The Guardian. 13. April 2017, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 19. August 2017]).
- Vice Explores Chechen Prison, But Officials Still Deny Antigay Persecution. 21. Juni 2017 (advocate.com [abgerufen am 19. August 2017]).
- Document. Abgerufen am 19. August 2017 (englisch).
- Chechnya gay concentration camp destroyed, prisoners moved to unknown location. In: Gay Star News. 23. Mai 2017 (gaystarnews.com [abgerufen am 19. August 2017]).
- Chechnya's gay concentration camp destroyed to stop investigators tracking them down. In: PinkNews. (pinknews.co.uk [abgerufen am 19. August 2017]).
- Russia's Lavrov says 'no facts' on Chechnya gay persecution. (yahoo.com [abgerufen am 19. August 2017]).
- Smita Nordwall: Russia Urged to End Torture, Killing of Gays in Chechnya. In: VOA. (voanews.com [abgerufen am 19. August 2017]).
Weblinks
- Ausführlicher Bericht der Novaya Gazeta (russisch)
- Interview bei Radio Svoboda/Radio Free Europe (russisch)
- Radio Svoboda/Radio Free Europe über Verfolgungen seit Dezember 2016 (russisch)
- Dossier von Human Rights Watch (englisch)
- Andrew E. Kramer: ‘They Starve You. They Shock You’: Inside the Anti-Gay Pogrom in Chechnya. In: The New York Times. 21. April 2017, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 19. August 2017]).