Gebührenzähler
Der Gebührenzähler (auch Gebühreneinheitenzähler) diente in elektromechanisch aufgebauten Ortsvermittlungsstellen der Erfassung und Aufzeichnung der Verbindungsgebühren und in Folge der Erstellung der Fernmelderechnung.[1]
Handvermittlung
In der Anfangszeit der Telefonie gab es nur die Handvermittlung durch das „Fräulein vom Amt“. Bei den früheren Pauschaltarifen war eine Zählung nicht erforderlich. Es wurde aber bald erkannt, dass dieser Tarif von einigen Teilnehmern überbeansprucht wurde. Es folgte die Einführung neuer Tarife. Für jede hergestellte Verbindung wurde von der Beamtin ein Gesprächszettel ausgestellt, der als Grundlage für die Rechnungserstellung diente.
Selbstwählbetrieb
Für die Zählung der Gespräche in Netzen mit Selbstwählbetrieb wurden Gebührenzähler eingesetzt. Jedem Teilnehmer war ein eigener Gebührenzähler in der Vermittlungsstelle zugeordnet. Sie wurden in der Ortsvermittlungsstelle in dem Gestell für die Vorwähler untergebracht, oder in eigenen Räumen für die einfachere Ablesung mittels Fotografie.
Bei einem Ortsgespräch wurde unabhängig von der Zeitdauer beim Einhängen des rufenden Teilnehmers am Schluss des Gespräches eine Gebühreneinheit gezählt. Bei einem Ferngespräch wurde nach Zeit und Entfernung gezählt. Es wurden die Einheiten in einem Zeitzonenzähler (ZZZ) gespeichert und am Schluss des Gespräches als Mehrfachzählung zum Gebührenzähler übertragen. Die Speicherkapazität der Drehwähler im ZZZ war begrenzt. Das Gespräch wurde dann nach 6 oder 12 Minuten automatisch getrennt und die Zählung eingeleitet.
Eine Übertragung der Zählimpulse in Form von Gebührenimpulsen während des Gespräches war wegen der Störgeräusche noch nicht möglich. Die Übertragung erfolgte am Schluss des Gespräches über die b-Ader. Bei der nächsten Entwicklungsstufe wurde die Übertragung der Zählimpulse während des Gespräches ohne Störgeräusche entwickelt. Die Übertragung erfolgte ebenfalls über die b-Ader mit abgeflachten Impulsen. Das Zählrelais wurde dazu im I. Gruppenwähler bei einem Ferngespräch an die b-Ader angeschaltet. Bei einem Ferngespräch wurde beim Abnehmen des Hörers beim gerufenen Teilnehmer der erste Gebührenimpuls übertragen und anschließend je nach Tarif weitere Impulse zum Gebührenzähler übertragen.
Die Zähler beim Teilnehmer wurden in Deutschland im Amtsdeutsch als Gebührenanzeiger bezeichnet.
Aufbau
Der Gebührenzähler besteht im Wesentlichen aus[2]
- Elektromagnet
- Anker mit Stoßklinke und Rückzugfeder
- Zählwerk
Ähnlich wie bei einem Gleichstromrelais betätigt der Elektromagnet bei Stromfluss den Anker. Der Anker schaltet über eine Stoßklinke bei jedem Anzug das Zählwerk um einen Schritt weiter. Das Zählwerk enthält vier Zifferntrommeln. Durch Vieltelefonierer und teure Auslandstarife reichten die vier Stellen oft nicht mehr aus. Es wurden dann Gebührenzähler mit fünf oder sechs Zifferntrommeln eingesetzt. Die Ankerbewegung wird bei jedem Impuls auf ein Triebrad, das fest mit der Einertrommel verbunden ist, übertragen. Der Rest funktioniert wie beim mechanischen Zähler. Bei Überlauf fängt das Zählwerk wieder von 0 zu zählen an.
System 50
Im System 50 wurden für den Gebührenzähler folgende Anforderungen gestellt:[3]
- Der Anker muss bei einem Strom von 38 mA noch in Ruhelage verbleiben und bei 46 mA vollkommen angezogen sein.
- Bei einer Erregung mit einer Zeitdauer von 250 ms mit 115–125 mA und einem Reststrom von 16 mA muss der Anker wieder sicher abfallen.
- Bei einer anschließenden Erregung mit 38 mA, dem Fehlstromprüfwert, darf er seine Ruhelage nicht verlassen.
Der Höchstwert des Fehlstromes und der Mindestwert des Ansprechstromes unterscheiden sich nur um 8 mA. Das zeigt die Schärfe der Prüfbedingungen für einen Gebührenzähler. Während für die Einfachzählung im Ortsverkehr keine besonderen zeitlichen Anforderungen bestehen, müssen beim Einsatz in Schaltungen mit Mehrfachzählung an die Schaltzeiten bestimmte Anforderungen gestellt werden. Bei einer Mindestdauer des Zählstromstoßes von 50 ms und einer Mindestpause von 100 ms ergibt sich eine Zählgeschwindigkeit von 6,6 Schritte pro Sekunde. Unter diesen Bedingungen müssen die Zähler noch einwandfrei arbeiten. Für die Lebensdauer eines Gebührenzählers werden mindestens vier Millionen Fortschaltungen gefordert, ohne dass dabei Abnutzungserscheinungen auftreten.
Ablesung der Gebührenzähler
In der Anfangszeit wurden die Gebührenzähler per Hand abgelesen und in eine Liste eingetragen. Es folgte die Entwicklung eines Tubus mit angebauten Fotoapparat und eingebauter Beleuchtung zur Ablesung eines 100er-Feldes.
- Zählerablesung Tubus, DDR
- Zählerstandfotografie System 40
- Zählerablesung eines 100er-Feldes, DDR
- Gebührenablesung eines 100er-Feldes, Schweiz
- Tubus mit Fotoapparat, Schweiz
- Fotografische Dokumentation der Zählerstände, Exponat in den Technischen Sammlungen Dresden
Österreich
Die Zählung erfolgt im Wählsystem nach Dietl durch einen Schleifenzähler, der nach einer gewissen Zeit die Belegungen zählt, unabhängig ob dabei eine Verbindung zustande gekommen ist oder nicht. Ab 1930 wurde die Schleifenzähler mit der Zählerstandphotographie abgelesen.
Hinsichtlich der unterschiedlichen Farben bei den österreichischen Gesprächszählern ist folgende Hintergrundinformation wichtig:
In der Anfangszeit wurde im Ortsverkehr alle 36 Sekunden ein Tarifimpuls (damals zu 0,12 öS oder zu zwölf Groschen) gegeben, 100 Impulse ergaben bei einer Aktivbelegung 3600 Sekunden, das einer Gebühren-Stunde entsprach.
Bis etwa 1990 wurden nur GANZE Stunden in Rechnung gestellt, die "Nachkommastellen" blieben unberücksichtigt. Um den Ablesern die Arbeit daher zu erleichtern, waren die vollen Stunden in der einen Farbe (weiß auf schwarz), die Teile der Stunden in der anderen Farbe (schwarz auf weiß) ausgebildet.
Die Zählerstände wurden fotografiert. Die Bearbeiter bekamen die Filme zum Lesen und Erfassen. Die Werte wurden von den Film-Negativen abgelesen, die ganzen Stunden waren in schwarz auf weiß zu sehen. Eine Zeit lang gab es für nicht beschaltete, aber mit Zähler versehene Anschlüsse sogenannte Abdeckblenden, die man auf die betreffenden Zähler aufstecke um den Zählstand nicht erfassen zu müssen.
Gemäß einer späteren Dienstanweisung mussten dann aber auch unbeschaltete Teilnehmersätze unbedingt mit Zählern bestückt werden, sodass die Anzahl der damals vorhandenen Abdeckblenden nicht mehr ausreichte.
Zu diesem Zeitpunkt führte man rote, aber durchsichtige Zellophan Bänder ein, die man über die nicht genutzten Zähler klebte. Wurde nunmehr das betreffende Zählerfeld fotografiert, waren die Zählerstände nicht auf dem Negativ ersichtlich, das Wählerraumpersonal konnte aber dennoch die Zählerstände durch das Zellophan ablesen.
Jeden zweiten Monat wurden die Zählerfelder für jeweils 100 Teilnehmer beim I.VW fotografiert. Die Filme wurden zunächst an die Telefonrechnungsabteilung (TRA) gesandt, dort via Betrachtungsgerät von Beamtinnen abgelesen und für die Ausstellung der Telefonrechnungen verwendet.
Es gab einen eigenen Zählerstandsphotographen. Zwischenablesungen erfolgten aber konventionell durch Ablesung des Wählerraumbediensteten.
Weblinks
Einzelnachweise
- Handbuch der Fernmeldetechnik, Grundreihe Band 8, Grundlagen der Vermittlungstechnik, Deutsche Postgewerkschaft, 6. Auflage 1980, S. 41
- Handbuch für Fernmeldehandwerker, Band 5, Vermittlungstechnik, Deutsche Postgewerkschaft, 1. Auflage, 1981, S. 32
- Lernblätter Vermittlungseinrichtungen, Grundkenntnisse über Aufbau und Wirkungsweise einer OVStW, Deutsche Bundespost, 8/1971, S. 37