Telefonist
Ein Telefonist (oder Telefonoperator) ist ein Mitarbeiter im Fernsprechverkehr, dessen Aufgabe es ist, Telefongespräche anzunehmen und an die gewünschten Teilnehmer zu vermitteln.
Geschichte
In früheren Telefonzentralen musste noch manuell vermittelt werden (teilweise mit dem Kurbelinduktor), was in eigenen Ämtern meist durch weibliche Telefonistinnen (daher „Fräulein vom Amt“ oder „Demoiselle“) erfolgt. Heute ist die Direktwahl der Telefonnummern im Selbstwählverkehr fast überall möglich.
Bei größeren Unternehmen wurden bis Ende des 20. Jahrhunderts Telefonisten für die richtige Zuordnung der Anrufe eingesetzt. Telefonanlagen, wie sie bis in die 2000er Jahre eingesetzt wurden, unterstützen die Anzeige der freien und besetzten Nebenstellen durch Kontrolllampen oder am PC; Vermehrt übernehmen Sprachdialogsysteme die Aufgabe der Telefonisten, Telefonanlagen werden seit den 2010er Jahren durch virtuelle Telefonanlagen und IP-Telefonie ersetzt.
In Notrufzentralen und anderen Leitstellen werden die Telefonisten auch als Disponenten bezeichnet. Eine auch noch manchmal durchgeführte Aufgabe von Operatoren ist die Annahme von Nachrichten eines Anrufers und deren Übermittlung in Textform, beispielsweise in ein Funkrufnetz wie Cityruf. Ebenfalls wurden Telefonisten, bis zur Einstellung des Telegrammdienstes, zur Aufnahme von Telegrammen eingesetzt.
Das „Fräulein vom Amt“ in Deutschland
Ab 1889 wurden in Deutschland verstärkt Frauen im Telefondienst eingesetzt.[1] Wie die Erfahrungen in den USA ab 1878 zeigten, waren Frauen im Allgemeinen höflicher zu den Kunden und konnten deutlich schlechter bezahlt werden.[2] Die Aufgabe der Telefonistinnen war die Vermittlung eines Teilnehmers zu einem anderen Teilnehmer. Jeder Teilnehmer besaß eine eigene Anschlussbuchse auf dem Klappenschrank. Der Standardsatz lautete „Jetzt kommt ein Gespräch für Sie“, und die Verbindung zum Gesprächspartner wurde hergestellt.
Für diesen Beruf waren eine gute Schulbildung, beste Umgangsformen und, wenn möglich, Fremdsprachenkenntnisse erforderlich. Für die Aufnahme wurden lediglich einige Einstellungstests durchgeführt. Die Damen mussten jung, ledig und aus gutem Hause sein. Die Ausbildung bzw. die Anlernzeit finanzierte die Post. Das Gehalt war ähnlich wie beispielsweise das der Sekretärin. Es reichte aus, um eine unverheiratete Frau zu versorgen.
Um die Jahrhundertwende erfreute sich dieser Beruf großer Beliebtheit. Knapp 4000 „Fräulein vom Amt“ gab es 1897. Zehn Jahre später waren es schon 16.000. Mit der Entwicklung der elektromechanischen Vermittlungstechnik, bei der elektromechanische Wähler wie der Hebdrehwähler die Verbindungen aufbauten, wurden die „Fräuleins“ nach und nach durch Maschinen ersetzt: 1908 wurde in Hildesheim das erste automatische Ortsamt in Deutschland in Betrieb genommen. Doch erst 1966 waren alle Ortsnetze auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik automatisiert. Auch die Gespräche in den ersten Mobilfunknetzen wie dem A-Netz waren auf Handvermittlung aufgebaut.
Bis heute wird als „Telefonauskunft“ eine kommerzielle Vermittlung von Gesprächen angeboten.
Telefonistinnen in der Schweiz
- Fernsprechamt in Stettin 1892
- Telefonzentrale mit Klappenschalter 19. Jahrhundert
- Telefonvermittlungsamt 1902
- Frankreich, Nachrichtenhelferinnen an Vermittlungspult / Telefonanlage (1944)
- Steckfeld einer Telefonzentrale, 1975
Ähnliche Berufe oder Tätigkeiten
Überschneidungen mit heutigen Berufsbildern gibt es bei Callcenteragenten (Telefonagenten) und in den Ausbildungsberufen Servicefachkraft für Dialogmarketing und Kaufmann für Dialogmarketing.
Mitarbeiter von Servicediensten wie der Telefonseelsorge oder dem Heimwegtelefon verrichten Telefondienst mit unterschiedlicher Ausbildung.
Literatur
- Yvonne Bühlmann, Kathrin Zatti: Frauen im schweizerischen Telegrafen- und Telefonwesen, 1870–1914. Chronos-Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-905278-96-0.
- Helmut Gold (Hrsg.), Annette Koch (Hrsg.), Rolf Barnekow (Beiträge): Fräulein vom Amt. Anläßlich der Ausstellung „Fräulein vom Amt“ im Deutschen Postmuseum, Frankfurt am Main (4. Mai 1993 bis 15. August 1993). Prestel-Verlag, München 1993, ISBN 3-7913-1270-7.
- Handwörterbuch des elektrischen Fernmeldewesens; 2. Auflage
- Band 1: S. 457 (Fernplatz); S. 460 (Fernplatzarten, Fernplatzherbeiruf); S. 555 (Ferntisch); S. 556–557 (Fernverbindung im handvermittelten Ferndienst)
- Band 3: S. 1812 (Vermittlungskraft)
Weblinks
- Telefonist/in im Berufenet der Bundesagentur für Arbeit
- Artikel im Kalenderblatt
- Artikel bei EMMA
- Die Ermüdbarkeit der Telephonistinnen. Interessante Untersuchungen. In: Neues Wiener Journal, Nr. 8989/1918 (XXVI. Jahrgang), 11. November 1918, S. 4, Mitte rechts. (online bei ANNO).
Einzelnachweise
- Telegraphentechnisches Reichsamt: Das deutsche Telegraphen-, Fernsprech- und Funkwesen 1899–1924. Hier heißt es: „Im Fernsprechdienst waren seit 1889 weibliche Kräfte (Telegraphengehilfinnen) […] beschäftigt.“
- Marianne Erath: Hallo, ist da das Fräulein vom Amt? In: Emma. 2009, abgerufen am 1. Juni 2021.