Gangschaltung
Die Gangschaltung eines Fahrrads besteht aus einem schaltbaren Getriebe zwischen Tretkurbel-Antrieb und angetriebenem Hinterrad, sowie den zugehörigen Schalt- und Bedienelementen. Mit ihr können bei gegebener Leistung des Radfahrers die Trittfrequenz und das aufzubringende Drehmoment auch bei unterschiedlichen Fahrwiderständen in einen angenehmen Bereich gebracht werden. Ähnlich sind Gangschaltungen auch bei Kraftfahrzeugen eingerichtet.
Gangschaltungen sind bei allen modernen Fahrrädern üblich. Eine noch existierende Ausnahme ist das sogenannte Eingangrad ohne Gangschaltung, das vorzugsweise als Kinderfahrrad gebaut, aber auch von erwachsenen Puristen bevorzugt wird. Fahrräder ohne Schaltung sind auch vereinzelt bei Billigrädern anzutreffen. Eingangräder werden auch für das Kunstradfahren, bei Bahnrädern sowie im BMX-Sport verwendet.
Zweck
Die meisten Radfahrer möchten zum einen beim Radfahren in einem bestimmten Drehmomentbereich bleiben – das Pedaltreten soll nicht zu schwer gehen; bei „zu leicht“ fühlt der Radfahrer sich jedoch unterfordert. Zum anderen möchte der Radfahrer seine Leistung in einem recht engen Drehzahlbereich erbringen, meist werden 60–80 Umdrehungen pro Minute von Sportmedizinern empfohlen und von Radfahrern als angenehm empfunden. Physikalisch ergibt sich aus der Formel
die (Dauer-)Leistung, die ein Radfahrer erbringt, meist ca. 40–80 Watt. Abhängig von den äußeren Einflüssen (Straßensteigung, Rücken-/Gegenwind, Gewicht des Fahrrads und des Radfahrers, Luftwiderstand usw.) ergibt sich die Geschwindigkeit, für die diese Leistung ausreicht. Die sich ergebende Geschwindigkeit kann jedoch sehr niedrig oder recht hoch sein. Die Gangschaltung sorgt über das Übersetzungsverhältnis dafür, dass die verschiedenen Hinterrad-Drehzahlen in den engen Pedal-Drehzahlbereich umgesetzt werden können.
Technik
Bauarten
- Kettenschaltung (seit 1940), mit mehreren Ritzeln am Hinterrad und oft zusätzlich mehreren Kettenräder (gemeinsamer Begriff: Zahnräder) vorne. Die Fahrradkette kann mit einem Schaltwerk (hinten) oder Umwerfer (vorne) auf die unterschiedlichen Zahnräder gelegt werden.
- Anstatt der Kette kann auch das Ritzelpaket quer verschoben werden: „Ultra-Shift“.
- Eine Besonderheit war das in den 1920er-/1930er-Jahren gebaute Retrodirect, bei dem durch Umkehrung der Tretrichtung zwischen zwei Übersetzungsverhältnissen gewählt wurde. Das Schalten übernehmen zwei in zueinander entgegengesetzter Drehrichtung wirkende Freiläufe.
- Nabenschaltung (seit 1902), bei der mit einem oder mehreren Umlaufrädergetrieben („Planetengetrieben“) die unterschiedlichen Übersetzungsverhältnisse eingestellt werden können.
- Kombination aus Ketten- und Nabenschaltung: wesentlich größere Gangzahl.
- Tretlagerschaltung, bei der mit einem Getriebe im Tretlager das Übersetzungsverhältnis – zwischen Kurbel und Kettenrad – geändert werden kann; diese können als Umlaufrädergetriebe oder als Getriebe mit zwei Wellen ausgeführt sein (seit den 1930er-Jahren)[2]
Bedienelemente
Die Schaltung wird in der Regel durch geeignete Schalthebel an Lenker oder vorderem Rahmen über Bowdenzüge betätigt. Außer Schalthebeln sind auch Drehgriffe und Zweihebelgriffe (Triggergriffe, je ein Hebel für Aufwärts und Abwärts) produziert worden, oder es wird durch seitliches Bewegen der Bremsgriffe geschaltet. Das Wort Schaltung wird auch im Zusammenhang mit der Veränderung von Getriebeübersetzungen von Maschinen und Automobilen verwendet. Damit ist umgangssprachlich die Möglichkeit oder der entsprechende Hebel zur Änderung der Getriebeübersetzung gemeint.
- elektrische/elektronische Schaltung: reguläre Schaltung mit Betätigung des Schaltwerks durch eine elektrische Schaltung statt Bowdenzug; in einem Einzelfall statt vorderem Umwerfer eine Art Zahnkranzweiche
- elektrisch betätigte Kettenschaltung mit im vorderen Kettenblatt eingebauten „Weichen“
Literatur
- Michael Gressmann, Franz Beck, Rüdiger Bellersheim: Fachkunde Fahrradtechnik. 1. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2006, ISBN 3-8085-2291-7.
- Fritz Winkler, Siegfried Rauch: Fahrradtechnik Instandsetzung, Konstruktion, Fertigung. 10. Auflage, BVA Bielefelder Verlagsanstalt GmbH & Co. KG, Bielefeld 1999, ISBN 3-87073-131-1.
Quellen
- Schalten ohne Gänge in: test.de, 27. Juli 2007, abgerufen am 4. Februar 2013
- zur rahmenintegrierten Tretlagerschaltung siehe Hans-Heinrich Pardey: Die Schaltbox fürs Rad, FAZ vom 28. Dezember 2012