Franz Anton Schneider
Franz Anton Schneider, zumeist nur Anton Schneider, (* 13. Oktober 1777 in Untertrogen, Weiler-Simmerberg; † 16. Juli 1820 in Fideris, Graubünden) war ein österreichischer Rechtsanwalt, Freiheitskämpfer und 1809 Oberbefehlshaber der Vorarlberger Volkserhebung 1809.
Leben
Der Sohn des Wundarztes Alexander Schneider kam in Untertrogen, einer heute im Markt Weiler-Simmerberg liegenden Siedlung, zur Welt. Sie gehörte damals politisch zum Gericht Kellhöfe-Altenburg[1] und damit zu Vorarlberg (Österreich). Er besuchte das Gymnasium in Feldkirch und schloss es mit einer überdurchschnittlich guten Matura ab. Anton Schneider studierte Philosophie und Recht an der Universität Innsbruck, unterbrach aber sein Studium zwei Mal (1796 und 1799), weil er sich am bewaffneten Widerstand gegen französische Truppen beteiligte. In diesem Zusammenhang zeichnete man ihn bei der Verteidigung von Feldkirch für sein Geschick und seine Tapferkeit aus und beförderte ihn zum Fähnrich. 1800 erhielt er seine Promotion an der Universität von Innsbruck.
1802 begann Schneider seine praktische Tätigkeit in der Kanzlei des österreichischen Patrioten und Rechtsanwalts Dr. Ganahl in Dornbirn. Nach einer Zwischentätigkeit in Memmingen eröffnete er in Bregenz eine eigene Praxis. Inzwischen zum Hauptmann des Landsturms ernannt, heiratete er 1808 die Tochter des Bregenzer Bürgermeisters und Bäckers Klausner.[2]
Als österreichischer Patriot unterstützte Anton Schneider alle Bemühungen, die Annexion und Besetzung des Landes durch Bayern rückgängig zu machen. Unter dem Einfluss des Geistes der Aufklärung hatten für ihn Werte wie Toleranz, Humanität, Gleichbehandlung aller Bürger und Kampf gegen Ungerechtigkeit einen hohen Stellenwert. Wegen dieser für einen Revolutionär untypischen Eigenschaften, seiner Besonnenheit bis hin zur späteren Kapitulation in aussichtsloser Lage bezeichneten ihn radikale Zeitgenossen unberechtigterweise als Verräter.
In der ersten Phase der Vorarlbergischen Volkserhebung blieb Schneider noch im Hintergrund. Er verteidigte erfolgreich den Bregenzer Amtsrichter Moz und später den Amtsrichter Beer aus Weiler.
Anfang Juni 1809 wurde er durch die Tiroler Landesregierung mit einem Schlag (Ernennung zum Landeskommissär mit militärischem und zivilem Oberbefehl) zum verantwortlichen Führer der Aufstandsbewegung bestimmt. Er leitete die Kämpfe der aufständischen Vorarlberger gegen die bayerisch-württembergisch-französischen Truppen. Die militärische Entwicklung entschied sich jedoch in Schlachten außerhalb Vorarlbergs. Die Freiheitsbewegung kam zum Stillstand. Nach der österreichischen Niederlage in der Schlacht bei Wagram entschied sich Schneider zur Kapitulation und begab sich in württembergische Gefangenschaft. Er entging so der von Napoleon (wie bei Andreas Hofer) geforderten Hinrichtung. Prinz Paul von Württemberg brachte ihn auf den Hohenasperg. Von da kam Schneider in bayerische Haftanstalten. In dem gegen ihn eröffneten Prozess brachte er seine Ankläger durch seine detaillierten Kenntnisse über die Korruption in der bayerischen Beamtenschaft derart in Schwierigkeiten, dass man das Verfahren in nichtöffentlichen Sitzungen zu Ende brachte.
Anton Schneider kam mit strengen Auflagen für seinen weiteren Aufenthaltsort wieder frei. Nach der allgemeinen Amnestie am 1. Oktober 1810 wurde er an das Appellationsgericht nach Wien versetzt. Dort ließ er sich von seinem früheren Mentor Erzherzog Johann zur Mitarbeit am Aufstandskomplott von Joseph von Hormayrs Alpenbund verleiten. Als Außenminister Metternich vom geplanten Aufstand erfuhr, wurden Hormayr und Schneider 1813 verhaftet. Erzherzog Johann durfte Tirol nicht mehr betreten. Schneider kam auf Festung Spielberg bei Brünn in Haft und wurde am 6. April 1814 schwer erkrankt entlassen.
Die Rückgliederung Vorarlbergs an Österreich (allerdings ohne das Westallgäu, seine Heimat) konnte Schneider noch erleben. Er verstarb unerwartet (erst 42-jährig) während eines Kuraufenthaltes 1820 in Fideris/Graubünden.
Literatur
- K.-H. Burmeister: Schneider Franz Anton. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 376.
- Friedrich Karl von Tettenborn: Zeitgenossen. Ein biographisches Magazin für d. Geschichte unserer Zeit Verlag F. A. Brockhaus (Leipzig und Altenburg 1817), Seiten 172–174, Kapitel Anton Schneider
- Michael Grimm: Versuch einer Geschichte des ehemaligen Reichsfleckens und des jetzt noch so berühmten Wallfahrtsortes Altdorf, gen. Weingarten, nebst seiner Umgebung Selbstverlag, 1864, S. 205 u. a. Ende des Vorarlberger Aufstands mit Gefangennahme Dr. Anton Schneiders
- Franz von Erlach: Die Freiheitskriege kleiner Völker gegen grosse Heere. Haller'sche Verlagsbuchhandlung, 1867, S. 96 über die friedensstiftende Haltung Anton Schneiders
- Constantin von Wurzbach: Schneider, Anton. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 31. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1876, S. 11–13 (Digitalisat).
- Karl Heinz Burmeister (Hrsg.): Volksheld oder Verräter? Dr. Anton Schneider 1777–1820 (= Vorarlberger Landesarchiv [Hrsg.]: Schriften des Vorarlberger Landesarchivs. Band 1). Fink’s Verlag, Bregenz 1985, ISBN 978-3-900438-16-6 (Online als PDF im Webauftritt des Vorarlberger Landesarchivs).
- Hansjörg Strasser: Der Alpenrebell: Dr. Anton Schneider, 1777–1820. Eine Prozessgeschichte aus der Zeit Andreas Hofers. Verlag für Heimatpflege, 1987, ISBN 978-3-88019-017-7.
- Georg Wagner: Leben und Werk Dr. Anton Schneiders. In: Heimatbuch Weiler im Allgäu. Verlag Holzer, Weiler im Allgäu 1994, S. 277–280.
- Hubert Weitensfelder: Industrie-Provinz: Vorarlberg in der Frühindustrialisierung 1740–1870. Campus Verlag, 2001, S. 87 und 88 mit wirtschaftlichen Motiven für den Vorarlberger Aufstand aus Sicht von Anton Schneider (books.google.de).
Weblinks
- Eintrag zu Franz Anton Schneider im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Hermann Stoller: Das Aufstandsjahr 1809 im Westallgäu (PDF)
Einzelnachweise
- Ein Gericht war damals zuständig für Verwaltung und Justiz, wobei Verwaltung im Sinne von heute Kreis (Deutschland) oder Bezirkshauptmannschaft (Österreich) zu sehen ist. Erst 1868 wurden in Österreich die Verwaltungsinstitutionen abgetrennt.
- Meinrad Tiefenthaler, Arnulf Benzer: Vorarlberg 1809. Ein Kampf um Freiheit und Selbständigkeit. Russ, Bregenz 1959, OCLC 163796581, S. 60.