Frank Thomas Brinkmann

Frank Thomas Brinkmann (* 8. August 1961 i​n Dortmund) i​st ein deutscher evangelischer Theologe u​nd Kulturwissenschaftler.

Werdegang

Brinkmann studierte a​b 1982 Medizin u​nd evangelische Theologie i​n Köln u​nd Bochum; s​chon in dieser Zeit k​am es z​u Studien- u​nd Forschungsaufenthalten a​uf Sri Lanka (u. a. Theological College Pilimatalawa) s​owie in d​er Schweiz (Ökumenisches Institut Bossey / Genf). Nach seinem ersten theologischen Examen 1988 n​ahm er d​en kirchlichen Dienst i​n Gemeinde- u​nd Schulvikariat auf; 1991 endete dieser Ausbildungsabschnitt m​it dem zweiten theologischen Examen u​nd dem Eintritt i​n den Entsendungsdienst a​ls Pastor. In d​iese Zeit f​iel auch e​in längerer Aufenthalt i​n den USA (sozialer Dienst b​ei Habitat f​or Humanity). 1992 w​urde er ordiniert, 1993 z​um Pfarrer i​n das Gemeindepfarramt berufen. Er promovierte 1994 m​it dem Thema Glaubhafte Wahrheit – erlebte Gewissheit. Zur Bedeutung d​er Erfahrung i​n der deutschen protestantischen Aufklärungstheologie u​nd legte 1998 s​eine Habilitation z​um Thema Comics u​nd Religion. Das Medium d​er Neunten Kunst i​n der gegenwärtigen Deutungskultur vor. Noch i​m selben Jahr erhielt Brinkmann Lehrbefähigung u​nd Lehrbefugnis für praktische Theologie. 2008 verlieh i​hm die Ruhr-Universität Bochum d​en Titel „apl. Professor“; 2009 w​urde er a​ls Professor a​n die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen; i​n Gießen u​nd an d​er Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a​m Main l​ehrt er Praktische Theologie u​nd Religionspädagogik.

Wissenschaftsprofil

Brinkmann hat bislang über 100 Veröffentlichungen vorgelegt, darunter viele theologische (und religionspädagogische) Miniaturen, Lexikonartikel, Predigtstudien und -sammlungen, zahlreiche kleinere Beiträge zu altagskulturellen Phänomenen, ethischen Streitfällen sowie zu medien- und filmwissenschaftlichen sowie comic- und musiktheoretischen Fragestellungen.[1] „Hervorgetreten“ ist er „vor allem durch religions- und mediensensible Fachbeiträge im Schnittfeld von Theologie und Popkultur“.[2] Vor allem in seinen jüngeren Beiträgen versucht der Pionier der Aufklärungsforschung[3] und der theologischen Comicforschung[4], der sich in seinen ersten Schaffensperioden noch mit der Bedeutung von Erfahrung in der deutschen protestantischen Aufklärungstheologie und dem Medium der Neunten Kunst in der gegenwärtigen Deutungskultur befasst hat, out of the box zu denken und auf inspirierend-unkonventionelle Weise[5] religionstheoretisch und religionspraktisch seltenes Terrain zu betreten[6], um auf die Spätmoderne zu reagieren. Die Grundidee, sich insbesondere der zeitgenössischen Popkultur zuzuwenden, korrespondiert dabei mit der These, dass in der Theologie letzten Endes gar nicht Gott untersucht wird, sondern die Sehnsüchte, die sich in dieser Bildvorstellung bündeln. Und so dienen die popkulturellen Referenzen bei Brinkmann einem theologisch doch ernstzunehmenden Sachanliegen[7]: Brinkmanns Ziel ist nämlich eine pragmatische Lösung, sprich: das Konzept einer offenen Kirche, die "auf die narrativ-anthropologische Grundkonstruktion reagieren, Menschen genau wahrnehmen und deren vorlaufende Sinnreflexion mit der eigenen Tradition vermitteln"[8] kann, zumindest sofern es gewünscht wird.Neu wird die Frage nach den verbleibenden Optionen eines theologischen Wahrnehmungs- und Gestaltungsauftrags für das Religiöse gestellt.[9] Nicht die ungebrochene Selbstbehauptung traditions- und kulturbegründeter Theologie und Kirche steht im Fokus, sondern "fremde Menschen und anderes Leben, ferne Welten und multiple Kulturen, bunte Praxis und unentdeckte Religion"[10] Brinkmann plädiert für kultursensible Erkundungsgänge und Operationen, für Offenheit etwa gegenüber Pluralitätsdiskursen und Digitalisierungsdebatten, für eine poietische und theatralische Kompetenz, die sich versteht auf "den kreativen Umgang mit Erzählungen, Geschichten und Artefakten" und die notwendige "Inszenierung von Kulten und Ritualen", von sozialen Plattformen und virtuellen Zonen.[11] Um die Heimat des Religiösen[12] angemessen bestimmen und ausstatten zu können, braucht es eine performative Homiletik des Populären, die die Bedeutung und Bedeutsamkeit von Fiktionen als symbolisch und narrativ codierte Sinnminiaturen fokussiert[13] aber auch eine religionsperformative Fachdidaktik, die "Gott in Szene(n)" setzt.[14]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Praktische Theologie. Ein Guide, Tübingen 2019, ISBN 978-3-8252-5141-3
  • (als Hg. mit H.M. Dober) Religion.Geist.Musik. Theologisch-kulturwissenschaftliche Grenzgänge, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-22254-3
  • (als Hg. mit J. Hammann) Heimatgedanken. Theologische und kulturwissenschaftliche Beiträge, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-22252-9
  • (als Hg.) Pop goes my heart. Religions- und popkulturelle Gespräche im 21. Jahrhundert, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-10401-6
  • (als Hg. mit J. Ahrens u. N. Riemer) Comics-Bilder, Stories und Sequenzen in religiösen Deutungskulturen, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-01427-8
  • Gott in Szene setzen. Bibelperformance und Religionstheater im Unterricht, Göttingen 2013, ISBN 978-3-525-77662-9
  • Religionspädagogik. Ein Arbeitsbuch, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-17-022214-4
  • (als Hg.) Scripts, Fiktionen, Konstruktionen. Theologische, kirchliche und popkulturelle Anmerkungen zu Reality-TV und gefühlsechtem Leben, Jena 2012, ISBN 978-3-943609-79-0
  • Praktische Homiletik. Ein Leitfaden zur Predigtvorbereitung, Stuttgart 2000, ISBN 3-17-016471-6
  • Comics und Religion. Das Medium der Neunten Kunst in der gegenwärtigen Deutungskultur, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-016094-X
  • Solange sich mein Herz bewegt, Rheinbach 1997, ISBN 3-87062-504-X
  • Glaubhafte Wahrheit – erlebte Gewissheit. Zur Bedeutung der Erfahrung in der deutschen protestantischen Aufklärungstheologie, Rheinbach-Merzbach 1994, ISBN 3-87062-023-4.

Einzelnachweise

  1. Prof. Dr. Frank Thomas Brinkmann – Publikationen. (PDF) Justus-Liebig-Universität Gießen, abgerufen am 1. Dezember 2020.
  2. Bernhard Lauxmann, Rezension zu: Praktische Theologie. Ein Guide von Frank Thomas Brinkmann, Theologische Literaturzeitung (=ThLZ), EVA Leipzig 2019, 1203–1205 (zugleich http://www.thlz.com/artikel/21202/?inhalt=heft%3D2019%23r474; Abruf 15. August 2020).
  3. Andreas Kubik-Boltres, Rezension zu: Praktische Theologie. Ein Guide von Frank Thomas Brinkmann, International Journal of Practical Theology (=IJPT) 2020, 24/1: 203–205, 204.
  4. Gernot Meier, Religion und Mythopoetik. Ein Beitrag zur Analyse der Gegenwartsliteratur und eine Hilfe zur Produktion von Religion, in: Glaube und Lernen 31/2016, Heft 2, 155–168, resümiert: „Einer der wenigen Autoren, die sich schon 1999 intensiv mit Comics und Theologie befasst haben, ist Frank Thomas Brinkmann“ (155, Anm. 7).
  5. Bernhard Lauxmann, Rezension zu: Praktische Theologie. Ein Guide von Frank Thomas Brinkmann, Theologische Literaturzeitung (=ThLZ), EVA Leipzig 2019, 1203–1205 (zugleich http://www.thlz.com/artikel/21202/?inhalt=heft%3D2019%23r474; Abruf 15. August 2020).
  6. Andreas Kubik-Boltres, Rezension zu: Praktische Theologie. Ein Guide von Frank Thomas Brinkmann, International Journal of Practical Theology (=IJPT) 2020, 24/1: 203–205, 204.
  7. Andreas Kubik-Boltres, Rezension zu: Praktische Theologie. Ein Guide von Frank Thomas Brinkmann, International Journal of Practical Theology (=IJPT) 2020, 24/1: 203–205.
  8. Andreas Kubik-Boltres, Rezension zu: Praktische Theologie. Ein Guide von Frank Thomas Brinkmann, International Journal of Practical Theology (=IJPT) 2020, 24/1: 203–205, 205.
  9. Frank Thomas Brinkmann, Praktische Theologie. Ein Guide, Tübingen 2019.
  10. vgl. Frank Thomas Brinkmann, Praktische Theologie. Ein Guide, Tübingen 2019, 244f.,269f.
  11. vgl. Frank Thomas Brinkmann, Praktische Theologie. Ein Guide, Tübingen 2019, 319f.
  12. vgl. Frank Thomas Brinkmann, Mit Jesus in den Zwischenräumen. Über das heimatliche Bleiberecht von Christinnen und Christen in outopos und eutopos, in: Frank Thomas Brinkmann / Johanna Hammann( Hg.) Heimatgedanken. Theologische und kulturwissenschaftliche Beiträge, Wiesbaden 2019, 69–84.
  13. „Der kleine Prinz“ und die „Spuren im Sand“. Beobachtungen zur Homiletik des Populären, in: Arbeitsstelle Gottesdienst 3/2008 (Themenheft: „Unser ganzes Gemüth auftun“. Gottesdienst und Spiritualität zwischen Neoromantik und Kitsch), GAGF / Hannover 2008.
  14. Frank Thomas Brinkmann, Gott in Szene setzen. Bibelperformance und Religionstheater im Unterricht, Göttingen 2013, 9–17.
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