Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt
Das Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt, FZG, beheimatet im ehemaligen Landtagshaus Am Schloßberg 2 ist eine zentrale Einrichtung der Universität Erfurt, die sich speziell auf die Forschungsgegenstände der Gothaer historischen Bestände ausrichtet.
Diese ließen zwei Abteilungen mit ihren Forschungsfeldern Gestalt annehmen: Gothas Archive, die Kunstschätze des Schlosses und des ihm angeschlossenen Museums sowie die Bestände der Forschungsbibliothek brachten einen Frühe Neuzeit-Schwerpunkt mit sich. Das Archiv des ehemaligen Perthes-Verlags ist reich an Karten des 19. Jahrhunderts und birgt die wissenschaftliche Korrespondenz des Verlags mit den Forschern, die im 19. Jahrhundert geographische Information in Expeditionen beisteuerten. Ein eigener Schwerpunkt in Kartographie- und Globalisierungsstudien mit Fokus auf das 19. und frühe 20. Jahrhundert trägt dem Rechnung.
Rückgrat des Forschungszentrums sind drittmittelfinanzierte Forschungsprojekte mit längerer Laufdauer. Sie erhalten hier Arbeitsstätten; ein Promotionspragramm der Universität Erfurt kommt hinzu mit eigenen Stipendien der Universität Erfurt. Die große Masse der Forscher kommt mit kurzfristigen Forschungsprojekten im Rahmen mehrerer Stipendienprogramme nach Gotha. Konferenzen und Vorträge gehören zum Tagesprogramm.
Das Forschungszentrum wurde 2004 gegründet und zunächst von Peer Schmidt geleitet. Wesentlicher Bestandteil war von 2004 bis 2018 das Herzog-Ernst-Stipendienprogramm der Fritz Thyssen Stiftung, das im Moment im Wesentlichen mit Mitteln der Ernst-Abbe-Stiftung fortgeführt wird.
2008 schuf die Universität Erfurt einen eigenen Lehrstuhl für Wissenskulturen der europäischen Neuzeit, besetzt mit dem Direktor des Forschungszentrums Martin Mulsow; die Neuzeit-Abteilung führt mit einem eigenen Lehrstuhl Iris Schröder.
Forschungsprofil
Zentrales Anliegen des Forschungszentrums ist die frühneuzeitliche Geistesgeschichte. Im Sinne einer disziplinübergreifenden Wissenschaftsgeschichte der Geisteswissenschaften werden Schwerpunkte auf oft vernachlässigte Gebiete der frühneuzeitlichen Gelehrsamkeit gelegt, die aber im 16., 17. und frühen 18. Jahrhundert von hoher Bedeutung und hohem Prestige waren und sich wechselseitig befruchtet haben (wie etwa antiquarische Arbeiten, philologische Studien zum Arabischen, Hebräischen, Syrischen usw., Studien zur antiken Religion, zu Numismatik, zu Theologie und Geschichte). Diese Themen werden im Forschungszentrum aufgrund von Quellenstudien, aber auch mit modernen kulturwissenschaftlichen Methoden wie Netzwerkforschung, Buch- und Lesegeschichte, „science studies“ und historischer Anthropologie (zum gelehrten Habitus, symbolischer Kommunikation usw.) bearbeitet.
Eine Graduiertenschule zu „Untergrundforschung: Heterodoxie, Dissidenz und Subversion 1600–1800“ als Teil der Graduiertenschule „Religion in Modernisierungsprozessen“ der Universität Erfurt[1] beschäftigt sich mit clandestiner Literatur und den Kommunikationsstrukturen des „Untergrundes“. Ein DFG-Projekt zu Friedrich Breckling will die Netzwerke religiöser Separatisten anhand von Namenslisten der Zeit um 1700 rekonstruieren. Im Entstehen ist ein Netzwerk „Sozinianismusforschung in Deutschland“ sowie ein Netzwerk „Arabistische und hebraistische Gelehrsamkeit der Frühen Neuzeit“.
Ein weiterer Schwerpunkt des Zentrums liegt auf der Erforschung der frühneuzeitlichen Hofkultur, vor allem in Mitteldeutschland, dem Hof als Kommunikationsraum und Wissenskultur, sowie der Rolle der Konfession (insbesondere des Protestantismus) bei der Repräsentation der Dynastie. Zu den Gästen die im Forschungszentrum Vorträge hielten gehören Jan Assmann, Wilhelm Schmidt-Biggemann, Peter Burke, Robert Darnton, Kurt Flasch, Klaus Garber, Carlo Ginzburg, Anthony Grafton und Howard Hotson.
Schriftenreihen
- Gothaer Forschungen zur Frühen Neuzeit Steiner Verlag
- Gelehrte Texte der Frühen Neuzeit.
Einzelnachweise
- Siehe die Website der Universität Erfurt (Memento vom 18. Mai 2009 im Internet Archive)