Foedus
Das foedus (Plural foedera) war seit der römischen Republik die gängige Form des zwischenstaatlichen Vertrages und noch bis in die Spätantike ein wichtiges Instrument römischer Außenpolitik.
Geschichte
Ein foedus wurde ursprünglich vornehmlich vom pater patratus aus dem Priesterkollegium der Fetialen geschlossen. Dabei kam es zu einem – von einem Schweineopfer begleiteten – Schwur, in dem das römische Volk in seiner Gesamtheit verflucht sein würde, so es die Vereinbarungen zurechenbar brechen sollte.[1] Aufgrund des hohen völkerrechtlichen Stellenwerts wurde das ius fetiale lediglich in Ausnahmefällen angewandt.[2] Die Historizität dieser frühen foedera ist in der Forschung allerdings umstritten.[3]
Neben dem Eid der Fetialen gab es den Feldherreneid, auch Magistrateneid, bei dem der Fluch allein die eidleistende Person traf.[4] Diese Eidesform wendeten die Feldherren meist während der Kriegszüge an, die Eidgötter und die Eideszeremonie konnten dabei differieren.[5] Gelegentlich genügte schon der Handschlag zur rituellen Beeidung des Vertrages.
Die beiden Beeidigungsalternativen blieben während der Zeit der Republik nebeneinander bestehen. Noch zu Zeiten des M. Terentius Varro gehörte der Eid der Fetialen zur gängigen Praxis[6] und noch während des frühen Prinzipats beeidete Kaiser Claudius Verträge in seiner Eigenschaft als pater patratus nach dem Ritus der Fetialen.[7]
Die Feldherren der Republik konnten foedera sowohl als Feldherrenverträge abschließen, wobei dann ein persönlicher Eid geleistet wurde, als auch als feierliches Versprechen (sponsio). Unmittelbar rechtsverbindlich war eine sponsio nicht, denn sie stand unter Ratifikationsvorbehalt des Senats, teils auch unter den Voraussetzungen dessen Zusammenwirkens mit der Volksversammlung oder der Magistratur.[5] Inhaltlich war häufig gegenseitige militärische Beistandspflicht vereinbart. Es wurde gelegentlich unterschieden zwischen einem foedus iniquum und einem foedus aequum.[8] Letzteres meint die Beistandspflicht und gegenseitige Anerkennung unter gleichwertigen Partnern, ersteres Verträge zwischen ungleichen Partnern, Unterworfenen im Sinne einer Deditio.[9]
Foedera unterschieden auch sachlich: das foedus pacis diente dem Friedensschluss, das foedus societatis der Bündnisbildung, das foedus amicitiae causa factum bildete die Grundlage für zwischenstaatliche Freundschaften.[10] Nach Theodor Mommsen waren alle beschriebenen Beeidungen vorgesehen.
Während des Prinzipats konzentrierte sich die Kontrolle der Außenpolitik zunehmend auf den Princeps, welcher in rechtlicher und politischer Hinsicht ein kaum begrenztes Recht zum Vertragsschluss innehatte. In den Quellen bezeichnet das foedus spätestens seit der Hohen Kaiserzeit ganz allgemein einen Vertrag, den die Römer mit Nichtrömern schlossen; insbesondere mit den Sassaniden wurden zwischen dem 3. und dem 6. Jahrhundert mehrere foedera geschlossen und beeidet, die teils lediglich Friedensabkommen waren, teils aber auch Verpflichtungen zu Hilfeleistungen oder Tributen enthielten.
Auch mit Barbaren, etwa Goten oder Hunnen, wurden foedera geschlossen. Nichtrömische Kriegergruppen, die nach Abschluss eines foedus Anspruch auf Getreideversorgung (annona) erhielten oder ein Recht zur Ansiedlung auf römischem Territorium erhielten und dafür zur Heeresfolge verpflichtet waren, nannte man in der Spätantike foederati. Umstritten ist, ob diese spätantiken foedera (entweder de iure oder de facto) erloschen, sobald einer der beiden Vertragspartner gestorben war.
Siehe auch
Das Wort ging ein in folgende Begriffe:
Anmerkungen
- Titus Livius 1, 24.
- Rom-Alba, Liv. 1,24; Rom-Latiner, Dion Hal. 6,21; Partizier-Plebejer, Dion Hal. 6,88f.; Rom-Karthago, Liv. 30,43,9.
- Allerdings findet dieses Bestätigungsopfer in der lateinischen Sprache einen Niederschlag. Denn in den Ausdrücken foedus icere und foedus ferire (ein Bündnis schließen) sind die beiden Vorgänge, Begründung des Bündnisses und Erschlagen – ícere und ferire – des Opfertiers, ausgedrückt.
- So Polybios 3, 25, 6 ff. für den angeblich ersten Vertrag zwischen Rom und Karthago.
- Andreas Zack: Studien zum Römischen Völkerrecht, Edition Ruprecht Göttingen 2. Aufl. 2007 (neuerer grundlegender Versuch der historischen Systematisierung nach Eugen Täubler) S. 52 ff.; S. 190 ff.
- Marcus Terentius Varro: De origine linguae Latinae, 5, 86.
- Sueton: Claudius 25, 5.
- Titus Livius 34, 57, 7 ff.; und 28, 34, 7; Sextus Pomponius in Digesten 49, 15, 5 pr. 1 f.
- Titus Livius 1, 38 zum Charakter der deditio.
- Sixtus Pomponius in Digesten 49, 15, 5 pr. 1 f.
Literatur
- Karl-Heinz Ziegler: Völkerrechtsgeschichte: Ein Studienbuch, 2. Aufl. München 2007.
- Karl-Heinz Ziegler: Zum Völkerrecht in der römischen Antike, in: Iurisprudentia universalis: Festschrift für Theo Mayer-Maly, 2002, S. 933–944.
- Alfred Heuß: Die völkerrechtlichen Grundlagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit, Leipzig 1933 Nachdruck Aalen 1963 (Grundlage der modernen Forschung).
- Raimund Schulz: Die Entwicklung des römischen Völkerrechts im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. (Hermes-Einzelschriften), Stuttgart 1993.
- Andreas Zack: Studien zum "Römischen Völkerrecht", Edition Ruprecht Göttingen 2. Aufl. 2007 (neuerer grundlegender Versuch der historischen Systematisierung nach Eugen Täubler)
- Andreas Zack: Forschungen über die rechtlichen Grundlagen der römischen Außenbeziehungen während der Republik bis zum Beginn des Prinzipats. IX Teil: Die Beteiligung des populus Romanus beim Abschluss von Verträgen Roms mit der Außenwelt – die Systematik und die Etappen ihrer historischen Entwicklung, GFA 20, 2017, 39-111 (https://gfa.gbv.de/z/2017).