Fleisch ist mein Gemüse (Roman)
Fleisch ist mein Gemüse ist ein 2004 erschienener autobiografischer Roman von Heinz Strunk, der von seiner Zeit als Musiker in einer Tanzkapelle erzählt. Bis Februar 2012 verkaufte sich das Buch über 400.000 Mal.[1]
Handlung
Obwohl schon auf die 30 zugehend, lebt Heinz Strunk immer noch bei seiner psychisch kranken Mutter in Hamburg-Harburg. Er leidet an starker Akne, hat bei Mädchen wenig Erfolg, spielt aber ausgezeichnet Querflöte und Saxophon. Nachdem er bei der Bundeswehr als untauglich ausgemustert worden ist und sich für ein Studium nicht entscheiden konnte, schlägt er sich als erfolgloser Musikproduzent und mit gelegentlichen Auftritten als Musiker durch. Über einen Freund stößt er zur Tanzkapelle Tiffanys, die mit deutschen und internationalen Schlagern der 1970er und 1980er Jahre auf verschiedenen Familien- und Vereinsfesten des dörflichen Umlands von Lüneburg und Hamburg auftritt. Nur widerwillig akzeptiert der Ich-Erzähler, der von seinen Musikerkollegen "Heinzer" genannt wird, das bierselige Treiben vor der Bühne. Dabei beschreibt er die Ausfälle und Peinlichkeiten der Veranstalter und anwesenden Gäste und nimmt die Schwächen seiner Bandmitglieder aufs Korn und kritisiert seine eigenen Macken und Minderwertigkeitskomplexe.
Nachdem seine Mutter einen psychischen Rückfall erlitten, sich aus dem Fenster gestürzt hat und daraufhin in die Geriatrie verlegt worden ist, lebt Heinzer alleine in ihrem kleinen Reihenhaus, dem Zwergenhaus. Er verfällt zunehmend der Alkoholsucht und dem Automatenglücksspiel. Als ihm sein Arzt rät, weniger Alkohol zu trinken, beherzigt er dies zwar zunächst, verfällt später jedoch bald wieder der Sucht. Der Tod seiner Mutter trifft mit seinem Ausscheiden bei Tiffanys zusammen, die sich für ihn über zwölf Jahre lang von einem Gelegenheitsjob zur Haupteinnahmequelle entwickelt hatten.
Diese melancholische Handlung bildet den Rahmen für einen kritischen Blick auf das mit lakonischem Humor und (selbst)ironischer 80er-Jahre-Nostalgie dargestellte Milieu: die Schützenfeste und andere mit Alkohol und Stimmungsmusik gesättigte Feierlichkeiten des von Durchhaltewillen und Resignation geprägten, so genannten einfachen Volkes.
Hintergrund
Bevor Strunk den Roman an Verlage schickte, gab er ihn Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer zu lesen. Dieser riet ihm von einer Nebenhandlung ab, die Strunks Engagements in Schlagerbands thematisierte. Der Arbeitstitel des Romans lautete Tiffanys. Der Titel Fleisch ist mein Gemüse stammt vom Verlag.[2] Bei der Aussprache des Romantitels wird häufig das Wort „Gemüse“ betont, in der Hörbuchfassung betont Strunk das Wort „Fleisch“.
Sowohl Strunks Engagement bei der Tanzkapelle Tiffanys als auch seine Arbeit als Musikproduzent und seine Spielsucht basieren auf realen Gegebenheiten. Die Figur des Bandleaders Gurki basiert auf Godehardt Schönherr.[3] Die Figur der Sängerin Anja, die der Protagonist zu Aufnahmesessions in sein Heimstudio einlädt und mit Hackgerichten bekocht, basiert auf Anja Krenz, mit der Strunk unter seinem bürgerlichen Namen Mathias Halfpape 1989 das Album Paradise is Far Away unter dem Duonamen Dis Noir aufnahm.[4] Krenz war 1995 auf der Single F…! Chirac zu hören, die Markus Lanz unter dem Namen Le camembert radioactif aus Protest gegen die französischen Kernwaffentests auf Mururoa produzierte und ohne Genehmigung auf Radio Hamburg spielte, woraufhin er entlassen wurde.[5][6] Krenz arbeitet als Verkehrsredakteurin beim Radiosender NDR 90,3.[7] In der Verfilmung des Buchs singt sie das Stück Tonight.[8] Strunk beschreibt die Figur einer Sängerin, die zur Verkehrsansagerin wird, in der Erzählung Verkehrsfunk, die 2018 im Band Das Teemännchen erschien.
Verfilmung
Der Roman wurde 2008 von Christian Görlitz verfilmt.
Bühnenfassung
2010 vergab Strunk die Aufführungsrechte zu einer Bühnenfassung des Romans an das Staatstheater Braunschweig. Unter der musikalischen Leitung von Christian Eitner, Chef der Braunschweiger Band Jazzkantine, entstand ein Schauspiel mit viel Musik. Premiere des Stücks war am 8. April 2011 im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig in der Inszenierung von Christian Doll. Auch in der Saison 2011/2012 war das Stück in Braunschweig zu sehen.
Bibliografische Angaben
- Heinz Strunk: Fleisch ist mein Gemüse, eine Landjugend mit Musik. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 978-3-499-23711-9.
Einzelnachweise
- Fleisch ist mein Gemüse: Tragödie zum Totlachen, abendblatt.de
- Warum hast du deinen Glauben verloren? – Heinz Strunk im Hotel Matze. Abgerufen am 3. Juni 2021 (englisch).
- Damals... | Fifty Fifty. Abgerufen am 6. November 2019.
- Dis Noir - Paradise Is Far Away. Abgerufen am 6. November 2019.
- Le Camembert Radioactif - F...! Chirac. Abgerufen am 9. Juli 2020.
- Philine Lietzmann: Markus Lanz feiert Jubiläum: Karriere als Lückenbüßer? In: Augsburger Allgemeine, 19. Juni 2013.
- NDR: Anja Krenz. Abgerufen am 6. November 2019.
- Filmband Tiffanys - Fleisch Ist Mein Gemüse - Soundtrack. Abgerufen am 6. November 2019.