Fingerhakeln

Das Fingerhakeln ist ein alter alpenländischer, vorwiegend in Bayern und Österreich betriebener Kraftsport.[1]

Das Fingerhackeln. Zeichnung von Ph. Sporrer 1868
Fingerhakeln (Gemälde von Georg Schildknecht)
Fingerhakeln ohne Riemen

Historisches

Nach Warwitz / Rudolf[2] entstammt das Spiel ursprünglich einer Tradition der alten Zunft der Holzfäller, die als besonders starke Männer galten und dies auch immer wieder gern selbst im Spiel zur Schau stellten. In ihren Liedern sangen sie: „Er ist ein Holzfäller und fühlt sich stark, er schläft des Nachts und ha(c)kt am Tag“. Damit war sowohl die harte körperliche Arbeit mit der Axt im Walde als auch die gegenseitige Demonstration der Kraft beim Fingerha(c)keln gemeint.

Angeblich wurden so früher im Alpenland auch Streitereien ausgetragen. Es reiht sich damit in die Tradition der europäischen Sportarten ein, ehe es durch Turnen und Sport zu einer weitgehenden Standardisierung kam.[3] Tatsächlich ist Fingerhakeln in seiner heutigen Form ein organisierter Sport. Lederriemen (ca. 10 cm lang und 6 bis 8 mm stark), Tisch (79 cm hoch, 74 cm breit und 109 cm lang), Hocker (40 mal 40 cm, 48 cm hoch) und Abstand zwischen der Mittellinie und den seitlichen Linien (32 cm) sind genormt. Jedes Jahr werden bayerische, österreichische, deutsche und alpenländische Meisterschaften in verschiedenen Gewichts- und Altersklassen ausgetragen.

Ablauf

Beim Fingerhakeln sitzen beide Gegner einander an einem Tisch gegenüber und versuchen, den Gegner am Finger zu sich herüberzuziehen. Durch körperliche Kraft, Überwindung des Dehnungsschmerzes und eine entsprechende Technik kann der Gegner besiegt werden. In der Regel haken die Gegner dazu die Mittelfinger in einen Lederriemen ein, grundsätzlich ist jedoch jeder Finger erlaubt (mit Ausnahme des Daumens). Manchmal werden auch nur die Zeigefinger ohne Riemen ineinander gehakt. Hinter den beiden Haklern sitzen zwei Auffänger. Dazu kommen ein Schiedsrichter, ein Vorsitzender und zwei Beisitzer.

Sonstiges

Die Redewendung jemanden über den Tisch ziehen – mit der Bedeutung jemanden (eher trickreich) besiegen, ausspielen – hat ihren Ursprung in diesem Volkssport, in dem nicht allein die Kraft, sondern vor allem die Technik den Ausschlag geben kann.

Ähnliche Sportarten

Einzelnachweise

  1. Ilka Peter: Das Ranggeln im Pinzgau. Salzburg: Verlag der Salzburger Druckerei 1981.
  2. Siegbert Warwitz, Anita Rudolf: Fingerhakeln. In: Dies.: Vom Sinn des Spielens. Reflexionen und Spielideen. 5. Auflage. Baltmannsweiler 2021, S. 63
  3. Arnd Krüger: Incorporating traditional games into modern sports. The German Experience. In: E. De Vroede, R. Renson (Hrsg.): Proceedings of the 2nd European Seminar on Traditional Games. Leuven 12–16 Sept. 1990. Vlaamse Volkssport Centrale, Löwen 1991, S. 45–54.
Commons: Fingerhakeln – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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