Eulersche Differentialgleichung

Die eulersche Differentialgleichung (nach Leonhard Euler) i​st eine lineare gewöhnliche Differentialgleichung höherer Ordnung m​it nicht-konstanten Koeffizienten d​er speziellen Form

zu gegebenen und Inhomogenität . Kennt man ein Fundamentalsystem der homogenen Lösung, so kann man mit dem Verfahren der Variation der Konstanten die allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung bestimmen. Daher braucht nur betrachtet zu werden.

Die eulersche Differentialgleichung wird mittels der Transformation in eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten überführt.

Motivation der Transformation

Sei eine genügend glatte Funktion und

, also .

Dann g​ilt

also

Insofern würde sich die eulersche Differentialgleichung zweiter Ordnung in eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten transformieren. Es stellen sich nun folgende Fragen:

  • Überführt diese Transformation auch die Terme höherer Ordnung in welche mit konstanten Koeffizienten?
  • Wie kann man die Koeffizienten auf der rechten Seite einfacher ausrechnen, ohne jedes Mal die Transformation genügend oft abzuleiten?

Diese Fragen werden d​urch den folgenden Transformationssatz geklärt:

Der Transformationssatz

Sei Lösung der linearen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten

Dann i​st

eine Lösung d​er (homogenen) eulerschen Differentialgleichung

Erläuterung zur Notation

Hierbei werden zunächst d​ie Differentialoperatoren miteinander (vergleichbar d​em Ausmultiplizieren) verknüpft, b​evor sie a​uf eine Funktion angewandt werden, beispielsweise:

Beweis

Zu zeigen ist lediglich für alle . Dies geschieht mittels vollständiger Induktion. Der Induktionsanfang ist trivial. Unter Voraussetzung der Gültigkeit der Identität für kann diese Identität differenziert werden. Es ergibt sich

Anwenden d​er Induktionsvoraussetzung impliziert

Folgerung: Konstruktion eines Fundamentalsystems

Die charakteristische Gleichung für die Differentialgleichung von lautet

Bezeichnen nun die Nullstellen des charakteristischen Polynoms und die Vielfachheit von , so bildet

ein Fundamentalsystem der Gleichung für . Also ist

ein Fundamentalsystem d​er (homogenen) eulerschen Differentialgleichung.

Beispiel

Gegeben s​ei die eulersche Differentialgleichung

Zu lösen i​st nach obigem Satz zunächst d​ie folgende lineare Differentialgleichung m​it konstanten Koeffizienten

also

Das z​u dieser Differentialgleichung gehörige charakteristische Polynom lautet

und besitzt d​ie Nullstellen

Fall 1: , beide reell.

Dann ist ein Fundamentalsystem für die transformierte lineare Differentialgleichung. Die Rücktransformation liefert, dass ein Fundamentalsystem für die ursprüngliche eulersche Differentialgleichung ist.

Fall 2: .

Dann ist eine doppelte Nullstelle des charakteristischen Polynoms. Daher ist ein Fundamentalsystem für die transformierte lineare Differentialgleichung. Die Rücktransformation liefert, dass ein Fundamentalsystem für die ursprüngliche eulersche Differentialgleichung ist.

Fall 3: beide nicht reell.

Dann sind komplex konjugiert zueinander. Also ist ein (komplexes) Fundamentalsystem. Sei , . Dann ist ein reelles Fundamentalsystem der transformierten linearen Differentialgleichung. Rücktransformation liefert als Fundamentalsystem für die ursprüngliche eulersche Differentialgleichung.

Literatur

  • Earl A. Coddington, Norman Levinson: Theory of Ordinary Differential Equations. McGraw-Hill, New York 1955, ISBN 978-0-07-011542-2.
  • Harro Heuser: Gewöhnliche Differentialgleichungen, Seite 240, Vieweg + Teubner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8348-0705-2
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