Etsumi-nan-Linie
Die Etsumi-nan-Linie (越美南線 Etsumi-nan-sen) ist die einzige von Nagaragawa Tetsudō (長良川鉄道) betriebene eingleisige, nicht elektrifizierte Bahnstrecke in Kapspur in der Präfektur Gifu im Zentrum der japanischen Insel Honshū.
Die Betreibergesellschaft wurde Ende 1986 gegründet, als die japanische Staatsbahn (JNR) in kleinere Unternehmen geteilt wurde. Die an sich unrentable Strecke wird als “third sector”-Strecke betrieben, d. h. Organe der kommunalen Selbstverwaltung sind beteiligt und subventionieren die Firma. Namensgebend ist der Fluss Nagaragawa, durch dessen Tal die Bahn fährt.
Strecke
Die 72,1 Kilometer lange Strecke beginnt in Mino-Ōta (美濃太田), wo es Anschluss an die Taita- und die Takayama-Hauptlinie gibt. Als ersten Abschnitt eröffnete man am 5. Oktober 1923 17,7 km Gleise bis Mino-cho (seit 1954: Minoshi). Weitere 4⅔ km folgten 1926 bis Itadori (heute: Yunohora-Onsen-guchi). Der Ausbau ging sukzessive bis 1934 weiter, als man die Endstation Hokunō (北濃) erreichte. Der Höhenunterschied zwischen beiden Endstationen ist 375 Meter.
Geplant war in den 1970er Jahren die Anbindung an die Etsumi-hoku-sen von Hokunō, wodurch über Fukui eine Strecke an die Nordküste entstanden wäre, die als Etsumi-sen zusammen 146 km lang gewesen wäre. Wegen absehbarer hoher Baukosten für Tunnel baute man die 24 Kilometer nicht. Bis 2004 gab es für diesen Abschnitt einen Bahnbus, der aus Ōno zum Bahnhalt Mino-Shirotori (美濃白鳥駅) verkehrte.
Im Jahre 1984 beschloss die Staatsbahn die Stilllegung der zweitklassigen Strecke. Eine daraufhin eingerichtete lokale Initiative führte zur Gründung der Firma Nagaragawa Tetsudō.
Die ursprünglich 28 Haltepunkte baute man im Laufe der Zeit auf 36 aus. Allein 1986–88 schuf man sieben neue Haltepunkte. Umbenennungen mehrerer Stationen erfolgten vor allem in den 1950er Jahren und dann wieder 1986/87. Das moderne Gleisbett ist auf Höchstgeschwindigkeiten von 80 km/h ausgelegt.
Bedingt durch die Streckenführung in einem engen Flusstal, teils im Gebirge, verursachen starke Regenfälle und Erdrutsche oder Schneefall immer wieder Unterbrechungen der Strecke. Keiner dieser Vorfälle war bis 2019 so schwer, als dass nicht innerhalb weniger Wochen Reparaturen erfolgen konnten.
Wie überall im ländlichen Japan sind die Passagierzahlen rückläufig. Von durchschnittlich täglich 900 Fahrgästen 1986/87 verringerte sich die Zahl der Mitfahrenden auf 363 im Jahre 2016. Die zunehmende Alterung im ländlichen Japan ist auch gut an der stark abnehmenden Zahl der Schülerfahrkarten erkennbar: waren es 1986–97 noch um die 100, so fuhren 2015 nur noch 36 Kinder mit dem Zug in die Schule.
In den 1990er Jahren war der Betrieb profitabel. Die für die Finanzjahre 2003–09 ausgewiesenen Verluste pendelten um 200 Millionen Yen jährlich (2005 ≙ 1,4 Mio. €).
Es fahren keine Schnellzüge. Der Fahrplan 2020 weist vier Zugpaare aus, die die gesamte Strecke in 2 Std. 20 bedienen, weitere vier fahren die 66 km von Mino-Ōta nach Mino-Shirotori. Auf den 17 km zwischen Mino-Ōta ↔ Seki bzw. Minoshi wird deutlich häufiger gefahren. Hier gibt es eine Verbindung etwa alle 45–50 Minuten. Betriebszeit ist zwischen 6.30 und 23.00 Uhr.
Im Vergleich zu anderen Bahnen im ländlichen Bereich hinkt man der technischen Entwicklung hinterher. So haben die Triebwagen auch 2020 noch keine Toiletten. Die Bezahlung mittels Wertkarten wurde erst zum 1. Juli 2019 eingeführt.
- Güterzüge
Zum 30. September 1974 wurde der Frachtbetrieb eingestellt.
- Anschlüsse
Die Minomachi-Linie (美濃町線) wurde 2005 stillgelegt. Sie verlief zwischen der Umsteigestation Seki (関駅) und Mino etwa vierzig Kilometer parallel auf der anderen Seite des Nagaragawatals. Von Seki hatte man so eine direkte Verbindung in die Stadt Gifu.
Fuhrpark
Seit 1996 setzte man Diesel-Schienenbusse vom Typ Nagara 1 ein, von denen zwölf beschafft wurden. Sie hatten Platz für 96 Personen bei 46 Sitzplätzen. Das Modell basierte auf der Standardserie LE-Car von Fuji Heavy Industries (LE-Car非貫通形) mit einem 230-PS-Dieselmotor. Das letzte Fahrzeug wurde 2014 außer Dienst gestellt. Dazu kam der etwas längere Triebwagen Nagara 201.
Ab 1998 wurden als Ersatz sieben Fahrzeuge der Serie Nagara 300 (ナガラ300形[1]) beschafft. Auch sie baute FHI. Zugelassen sind sie für 102 Fahrgäste bei 47 Sitzplätzen und Raum für zwei Rollstühle. Sie basierten auf dem etwas kürzeren Modell Akechi 10 (アケチ10形) das vom selben 295-PS-Motor (Nissan Diesel PF6HT03) angetrieben wird. Hierbei handelt es sich um einen alten LKW-Motortyp, der so wegen der Grenzwerte schon lange nicht mehr im Straßenverkehr erlaubt ist – für Bahnen gibt es in Japan jedoch keine analogen Vorschriften.
2007–09 kaufte man drei neue Züge der 500er-Serie, um die verbliebenen Schienenbusse der ersten Serie zu ersetzen. Sie basieren, inklusive Motor und Getriebe, auf dem 300er-Typ, sind jedoch 50 Zentimeter länger. Hergestellt wurden sie von Niigata Transis (新潟トランシス).
- Touristische Sonderfahrten
Zwei Wagen der Serie Nagara 300 baute man 2016 mit Hilfe eines Designers für touristische Sonderfahrten um; als dritter folgte das Fahrzeug 502 2018. Letzteres ist so gestaltet, dass die Tische leicht ausgebaut werden können, um das Fahrzeug zu Spitzenzeiten auch im Normalbetrieb nutzen zu können.
An Wochenenden und Feiertagen finden touristische Sonderfahrten statt. Es gibt Aufenthalte an landschaftlich reizvollen Punkten. In den Wagen werden Speisen angeboten.
Literatur
- 伊藤泰; 越美南線の転換の経緯と鉄道経営の概況; 月刊自治研, Vol. 35 (1993), S. 50–5
- in: 安治博道; 新撰鉄道旅行案内; 大阪 1923 (駸々堂旅行案内部)
- 谷恭介; 国鉄事故と機関士と裁判と(越美南線鉄橋事故の場合)--職場からのレポート; 労働法律旬報, Nr. 547 (1965), S. 16–9
- Dokumentation: 久留米; 長良川鉄道 越美南線全線・美濃太田-北濃; Feb. 2014, DVD Serie ビコムワイド展望, 113 Min.
Weblinks
- Firmenwebseite (engl./jap.)
Einzelnachweise
- Technische Details: ja:長良川鉄道ナガラ3形気動車