Ernst Zais
Ernst Zais (* 23. August 1837 in Darmstadt; † 7. Juli 1903 in München) war ein deutscher Privatgelehrter, insbesondere Erforscher des Westerwälder Steinzeugs, und Mäzen.
Leben
Ernst Zais wurde als zweiter Sohn des Arztes und Besitzers des Hotels „Vier Jahreszeiten“ zu Wiesbaden Wilhelm Zais und seiner Ehefrau Adolfine, geborene Floret, in Darmstadt geboren. Sein Großvater war der Stadtplaner und klassizistische Architekt Christian Zais.[1][2] Er sollte wohl wie sein Vater und weitere Vorfahren nach seiner fundierten Ausbildung Medizin studieren, dazu schrieb er sich an der Universität in Würzburg ein.[3] Er trat der Studentenverbindung Corps Rhenania bei und erhielt am 28. November 1860 das dreifarbige Band. Er schrieb sich am 26. Oktober 1961 zum Wintersemester an der Universität Heidelberg ein.[4] „Es fand an der Universität Heidelberg die öffentliche Vertheilung der von Seiner Königlichen Hoheit dem höchstseligen Großherzog Karl Friedrich gestifteten akademischen Preise für die besten Beantwortungen der im verflossenen Jahr von den vier Fakultäten ausgesetzten Preisfragen statt. Hierbei wurde von der medizinischen Fakultät die goldene Medaille statutengemäß dem stud. med. Ernst Zais aus Wiesbaden zuerkannt.“[5][6] Später brach er sein Studium ab. Sein älterer, 1836 geborener Bruder Wilhelm führte das oben genannte Hotel weiter, wobei Ernst Zais und die anderen Geschwister finanziell ebenfalls abgesichert waren. So blieb es ihm unbenommen, seinen vielfältigen Neigungen nachzugehen.
Das Ergebnis seiner Sammler- und Forschungstätigkeit waren eine umfangreiche Stoffsammlung, 12. bis 15. Jahrhundert, und die damals „größte und vollständigste in sich geschlossene Sammlung Westerwälder Steinzeugs“, die er dem Kölner Kunstgewerbemuseum am Ende seines Lebens überließ.[7][8]
Er war ein umfassend gebildeter Privatgelehrter, der in der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB) Artikel über Melchior Aconitus, Valentin Arnoldi, Graf Arnstein, Friedrich L. von Botzenheim, Wilrad Burchardi, Hermann Bär und Heinrich L. C. Böttger schrieb. 1872 verfasste er einen Nekrolog auf Karl Rossel[9] 1877 veröffentlichte er zwei Briefe Goethes an Lehne.[10] Er arbeitete über das Erzstift Mainz[11] und ließ sich über den Begriff „Nictrenses“ aus.[12]
Inzwischen reiften seine Erkenntnisse über Porzellan und Steingut, so erfolgte als erste Veröffentlichung, über ein solches Thema, seiner Ergebnisse über die Porzellan-Manufaktur zu Höchst.[13] Diese Arbeit war wegweisend und wird in vielen Publikationen bis heute zitiert. Im gleichen Jahr erschien ein Artikel über das Mainzische Bauwesen[14] sowie über deren Kultur-, Kunst- und Handwerker-Geschichte.[15]
Parallel hatte er bis jetzt gegraben, verglichen und geforscht, um eine Ordnung in die gefundenen Scherben zu bekommen. Vieles wurde den Manufakturen in Raeren, Köln oder Siegburg zugeschrieben. Für Ernst Zais jedoch kristallisierte sich heraus, dass es ein eigenständiges Westerwälder Steinzeug gegeben hatte und gab. Wiesbaden war dem weitgereisten Forscher und Kunstsinnigen inzwischen zu provinziell, denn er verzog 1886 nach München, genauer nach Schwabing, wo um die Jahrhundertwende die Kunst, Künstler und Intellektuelle ihre Heimat hatten.
Mit einem Beitrag über die Fayencefabrik zu Göggingen eröffnete er eine Folge von Artikeln in der „Bayerischen Gewerbe-Zeitung“[16] 1890 ließ er sich noch einmal über andere Metiers aus, die Möbel von Roentgen und französisches Glas im Taunus.[17][18] Ernst Zais machte sich auch Gedanken darüber „welche Gegenstände aus dem Gebiet des Regierungsbezirks Wiesbaden, von denen es wünschenswert ist, daß sie unserer kunstgewerblichen Leihausstellung überlassen werden“. Dies waren Vorschläge für die Wiesbadener Gewerbeausstellung 1895.[19]
Im Wochenblatt der „Frankfurter Zeitung“ referierte er über Kölner Steinzeug und setzte sich kritisch mit den Veröffentlichungen des August Demmin auseinander[20] und verriss den „Grundriss der Keramik“ des Johann Friedrich Jännicke in seinem Beitrag über die „Technologie des Nymphenburger Porzellans“, siehe weiter unten. Im gleichen Jahre veröffentlichte er über das Frankenthaler Porzellan.[21] Gemeinsam mit Paul Richter beschrieb er die „Thonindustrie des Kannenbäckerlandes auf dem Westerwalde“[22] Ebenfalls 1895 berichtete er über die Fayencefabrik Dirmstein.[23] Er kümmerte sich nun um die Porzellanfabriken, die in Bayern lagen wie München und Künnersberg[24], Nymphenberger Porzellan[25] und Friedberg, Amberg und Passau 1897.[26]
Er kam nochmals auf seine Heimat zurück, indem er über Melchiors Projekt zum Grabmal des Kurfürsten Emmerich Josef von Mainz schrieb.[27] Seine letzte Veröffentlichung entnehmen wir den „Nassauischen Annalen“, es ging um „Ein Inventar der St. Valentinskirche zu Kiedrich“.[28]
Seine Forschungsergebnisse über das Rheinische Steinzeug übergab er, da er schwer erkrankt war, Otto von Falke, dem Leiter des Kunstgewerbemuseums in Köln, heute Museum für Angewandte Kunst Köln. Seine oben bereits erwähnte umfangreiche Stoffsammlung und auch die Sammlung des Westerwälder Steinzeugs vermachte er dem Kunstgewerbemuseum Köln. Auch überließ er diesem Museum Geldzuwendungen, mit der Auflage seine Forschungsergebnisse zu veröffentlichen und um seine Steinzeugsammlung zu mehren. Dies ist bei Brigitte Klesse nachzulesen. Otto von Falkeübernahm die Erkenntnisse von Ernst Zais und veröffentlichte diese in zwei Bänden.[29] „In seinem Vorwort stellte er heraus, dass das Entstehen seiner Arbeit dem Vermächtnis des Kunstforschers und Sammlers Ernst Zais zu verdanken ist. Weiter führte er an, dass der Abschnitt über den Westerwald im Wesentlichen die Forschungsergebnisse von Zais enthält. Das Vorwort als Ganzes ist eine Hommage an Ernst Zais.“ Diese Zeilen entnehme ich dem Buch von Gerd Kessler.[30] Ihm verdanken wir nicht nur einen Artikel zum 100. Todestag des Ernst Zais in der Westerwälder Zeitung[31], sondern auch weitere Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Vorträgen, sogar in den USA.
Neben seinen Forschungen verstand sich Ernst Zais auch als Mäzen, denn der Verein für Nassauische Altertümer, das Germanische National Museum und andere Museen verdanken ihm Bücher, Bilder, Karten und andere erlesene Dinge. Auch die University of Toronto nennt ihn als „benefactor“, nachdem dort am 14. Februar 1890 ein großes Feuer gewütet hatte. Am 7. Juli 1903 starb Ernst Zais unverheiratet. Er hatte ein Testament aufgesetzt und als Testamentsvollstrecker Max Friedlaender, ersatzweise Hugo Jacoby eingesetzt. Das Testament befindet sich beim Museum für Angewandte Kunst Köln, in dem das Kunstgewerbemuseum aufgegangen ist. Seine Arbeiten wurden und werden immer noch zitiert.
Literatur
- Stadtarchiv Wiesbaden, Udo Zais: "Zais, Beiträge zur Familiengeschichte, Historisches, Familiäres, Persönliches"
- Brigitte Klesse: "Ernst Ludwig Ferdinand Daniel Friedrich Zais" in "Die großen Stifter des Kunstgewerbemuseums Köln",1981, S.28-29:5 III
- Gerd Kessler: "Ernst Zais: Hochverdient und doch fast vergessen" in Westerwälder Zeitung, nr. 154, 7. Juli 2003
- P.Fischer: "Ernst Zais (1837 - 1903), Forscher und Mäzen", in Keramische Zeitschrift 3, 2004, S. 174
- Necrolog (Dr. med. Wilhelm Zais, Wiesbaden) Balneologische Zeitung: Correspondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Hydrologie, Band X, Nr. 16, 4. Februar 1861
- Grossherzoglich Badisches Regierungsblatt, Sechzigster Jahrgang, Nr. I - LXV, Karlsruhe, Druck und Verlag Malsch und Vogel, 1862, LXII, Seite 571
- Heidelberger Jahrbücher der Literatur, Band 55, Nr. 2, Seite 969, 1862
- Die Matrikel der Universität Heidelberg, Bearbeitet von Gustav Toepke, Sechster Teil, 1846-1870, Seite 421, No. 211 Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1907
- Gisela Reineking von Bock, Steinzeug, Sammlung des Kunstgewerbemuseums (heute Museum für angewandte Kunst) der Stadt Köln, 3 Auflagen 1971, 1976, 1986
- Otto von Falke, Das Rheinische Steinzeug, 1908, Nachdruck 1977, Otto Zeller Verlag, Osnabrück
- Gerd Kessler, Zur Geschichte des Rheinisch Westerwälderischen Steinzeugs der Renaissance und des Barock, Verlag Helmut Ecker, Höhr-Grenzhausen, 2002
Werke
- Brigitte Klesse, Ernst Ludwig Ferdinand Daniel Friedrich Zais in Die großen Stifter des Kunstgewerbemuseums Köln
- Stadtarchiv Wiesbaden, Zais, Beiträge zur Familiengeschichte, Historisches, Familiäres, Persönliches
- Necrolog (Dr. med Wilhelm Zais, Wiesbaden), Balneologische Zeitung: Correspondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Hydrologie, Band X Nr. 16, 4. Februar 1861
- Die Matrikel der Universität Heidelberg, Bearbeitet von Gustav Toepke, Sechster Teil 1846 - 1870, Seite 421, No. 211, Carl Winter's Universitätsbuchhandlung, 1907
- Grossherzoglich Badisches Regierungsblatt. Sechzigster Jahrgang, Nr. I bis LXV, Karlsruhe, Druck und Verlag Malsch und Vogel, 1862, LXII, S. 571.
- Heidelberger Jahrbücher der Literatur. Band 55, Nr. 2, 1862, S. 969.
- Brigitte Klesse, Ernst Ludwig Ferdinand Daniel Friedrich Zais in Die großen Stifter des Kunstgewerbemuseums Köln, 1981, S. 28–29, 5 III
- Gisela Reineking von Bock, Steinzeug, Sammlung des Kunstgewerbemuseums (heute Museum für Angewandte Kunst Köln)der Stadt Köln, 3 Auflagen: 1971, 1976, 1986
- Ernst Zais, Nekrolog für J. H. Karl L Rossel, Rheinischer Kurier, 1872, Nr. 264
- Ernst Zais, Im neuen Reich Goethe an Friedrich Lehne, zwei ungedruckte briefe Goethes, 1877, Band 2, S. 419–424
- Ernst Zais, Beiträge zur Geschichte des Erzstifts Mainz, Verlag von Feller & Gecks, Wiesbaden 1880
- Ernst Zais, Nictrenses, Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift für geschichte und Kunst, Jahrgang III, Nr. 1 & 2, 1884, S. 31.
- Ernst Zais, Die kurmainzische Porzellan-Manufaktur zu Höchst, Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Kunstgewerbes, Mit 3 Tafeln und 18 Abbildungen im Text, Verlag von J. Diemer, Mainz 1887
- Ernst Zais, Mainzisches Bauwesen im achtzehnten Jahrhundert, Zeitschrift des Vereins zur Erforschung der Rheinischen Geschichte und Altertümer, 1887, 3, S. 391–398
- Ernst Zais, Zur mainzischen Kultur-,Kunst- und Handwerker-Geschichte, Zeitschrift des Vereins zur Erforschung der Rheinischen Geschichte und Altertümer, 1887, 3, S. 385–390
- Ernst Zais, Beiträge zur Kunsttöpferei, I. Die Fayencefabrik zu Göggingen, Bayerische Gewerbe-Zeitung, 1889, Nr. 9, S. 193–196
- Ernst Zais, Verriers Francais dans la montagne de Taunus, La Chronique des Arts et de la Couriosité, 15. März 1890, Nr. 15, S. 85–86
- Ernst Zais, L'ébéniste David Roentgen, Gazette des beaux-arts, 1890, 32, S. 180–184
- Ernst Zais, Zur Wiesbadener Gewerbeausstellung des Jahres 1895, Verlag von Feller & Gecks, Wiesbaden 1894
- Ernst Zais, Kölner Steinzeug, Wochenblatt der Frankfurter Zeitung,Nr. 39, vom 30. September 1894, S. 619–620
- Ernst Zais, Frankenthaler Porzellan in Aachen, Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Band XVI, 1894
- Ernst Zais und Paul Richter, Die Thonindustrie des Kannenbäckerlandes auf dem Westerwalde, In: Untersuchungen über die Lage des Handwerks in Deutschland, Leipzig, 1895, s. 372 – 459
- Ernst Zais, Die Bischöflich Wormsische Fayencefabrik zu Dirmstein, Verlag M. Schorss, München, 1895
- Ernst Zais, Kleine Beiträge zur Geschichte der Kunsttöpferei, I. München, II. Künnersberg, Bayerische Gewerbe-Zeitung, 1895, Nr. 3, S. 49–53
- Ernst Zais, III. Zur älteren Technologie des Nymphenberger Porzellans, Bayerische Gewerbe-Zeitung, 1896, Nr. 2, S. 25–31
- Ernst Zais, IV. Friedberg, V. Amberg, VI. Passau, Bayerische Gewerbe-Zeitung, 1897, Nr. 10, S. 246–250
- Ernst Zais, Melchiors Projekt zum Grabmal des Kurfürsten Emmerich Josef von Mainz, Monatszeitschrift des Frankenthaler Altertumsvereines, Nr. 1, Januar 1897, S. 1–3
- Ernst Zais, Ein Inventar der St. Valentinskirche zu Kiedrich, Nassauische Annalen, 1898, Band 29, S. 219–221
- Otto von Falke, Das Rheinische Steinzeug, 1908, Neudruck 1977, Otto Zeller Verlag, Osnabrück
- Gerd Kessler, Zur Geschichte des Rheinisch-Westerwälderischen Steinzeugs der Renaissance und des Barock, Verlag Helmut Ecker, Höhr-Grenzhausen, 2002, ISBN 3-926075-11-2
- Gerd Kessler, Ernst Zais: Hochverdient und doch fast vergessen, Westerwälder Zeitung, Nr. 154, 7. Juli 2003