Ernestine von Fricken
Christiane Ernestine Franziska von Fricken, geb. von Zedtwitz (* 7. September 1816 in Neuberg,[1] Böhmen; † 13. November 1844 in Asch) war eine österreichische Pianistin und zeitweilige Verlobte Robert Schumanns.
Leben
Sie war die illegitime Tochter aus einer Beziehung der unverheirateten Gräfin Caroline Ernestine Louise von Zedtwitz mit dem Draht-Fabrikanten Erdmann Lindauer aus Grün bei Asch.[2] Die Schwester ihrer Mutter, Charlotte Christiane Friederike von Zedtwitz, und deren späterer Ehemann, der Gutsbesitzer und k. k. Hauptmann Ferdinand Ignaz Freiherr von Fricken (1787–1850) waren selbst kinderlos und nahmen Ernestine zu sich. Offiziell wurde sie erst am 18. Dezember 1834 adoptiert, als Fricken anlässlich der Verlobung Ernestines die Familienverhältnisse ordnen wollte. Eine entsprechende Notiz findet sich als Nachtrag im Taufbuch.
Bekannt ist Ernestine von Fricken heute vor allem durch ihr 1834 eingegangenes Verlöbnis mit Robert Schumann, den sie bei Friedrich Wieck kennengelernt hatte. Schumann widmete ihr sein Allegro op. 8 für Klavier. Daneben ist insbesondere sein Carnaval op. 9 eine bleibende Erinnerung an Ernestine von Fricken. Dort symbolisiert er ihre Heimatstadt Asch durch die Tonfolge A-Es(S)-C-H. Im Sommer 1835 wurde die Verlobung wieder gelöst.
1836 lebte sie auf Schloss Buldern bei Dülmen (Westfalen) bei der befreundeten Familie des Freiherrn von Romberg. Vom 4. bis 6. August 1837 hielt sie sich noch einmal in Leipzig auf und traf dort ein letztes Mal mit Robert Schumann zusammen,[3] ebenso mit Clara Wieck.[4]
Am 5. November 1838 heiratete sie in der katholischen Niklaskirche in Asch den 24-jährigen Grafen Wilhelm von Zedtwitz, Herr auf Asch-Schönbach, einen Sohn des Grafen Casimir Liebmann von Zedtwitz (1770–1822).[5] Sie wird hier nicht als Ernestine von Fricken bezeichnet, sondern nach ihrer leiblichen Mutter als „Fräulein Ernestine Christiane Franziska Zedtwitz gebürtig zu Neuberg N. 28. Herrschaft Asch, Tochter der Fräulein Marianne Karoline Ernestine Louise Edlen [!] von Zedtwitz aus Obertheil-Neuberg.“[6] Der Graf starb bereits am 3. Juli 1839.[7]
1841 widmete ihr Schumann noch seine Drei Gesänge op. 31 nach Texten von Adelbert von Chamisso.
Am 13. November 1844 starb sie in Asch am „Nervenfieber“.[8]
Literatur
- Gustav Schilling, Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften, oder Universal-Lexicon der Tonkunst, Band 3, Stuttgart 1836, S. 57 (Digitalisat)
- Adolph Kohut, Friedrich Wieck. Ein Lebens- und Künstlerbild, Dresden und Leipzig 1888, S. 93–105
- Rudolph von Procházka, Ernestine von Fricken, Schumanns erste Braut, in: Neue Musikzeitung, Jg. 15 (1894), Nr. 22, S. 267f. (Digitalisat). – Nachdruck in: Rudolph von Procházka, Arpeggien. Musikalisches aus alten und neuen Tagen, Dresden 1897, S. 107f.
- Wilhelm Joseph von Wasielewski, Robert Schumanns Herzenserlebnisse. Ein wichtiger Nachtrag zur Schumannbiographie, in: Deutsche Revue, Jg. 22/1, 1897, S. 40–52 und S. 226–239 (mit einem Brief von Ignaz von Fricken an seine Adoptivtochter Ernestine vom 23. August 1834)
- Victor Joss, Robert Schumann’s Verhältnis zu Ernestine von Fricken, in: Neue Zeitschrift für Musik, Jg. 68, Nr. 23 vom 5. Juni 1901, S. 312f. (Digitalisat)
- Ernst Rychnovsky, Robert Schumann und Hauptmann Ferdinand Ignaz von Fricken, in: Deutsche Arbeit. Monatschrift für das geistige Leben der Deutschen in Böhmen, Jg. 9, Nr. 9 vom Juni 1910, S. 548–552
- Karl Alberti, Beiträge zur Geschichte der Stadt Asch und des Ascher Bezirkes, Band 4, Asch 1940, S. 133–140
- Werner Schwarz, Robert Schumann und Böhmen. Aus unveröffentlichten Briefen und Aufzeichnungen von 1840 bis 1850, in: Musik des Ostens, Band 8, Kassel 1982, S. 129–144
- Paul Schwake, Robert Schumanns „Braut“ Ernestine von Fricken. Beziehungen über Gottfried August Ferie zu Ennigerloh, in: An Ems und Lippe. Heimatkalender für den Kreis Warendorf, Jg. 3 (1989), S. 45–47
- Albin Buchholz, Eine „Virtuosin ersten Ranges auf dem Klaviere“. Ernestine von Fricken – eine Persönlichkeit, die sich um das Musikleben des Vogtlandes verdient gemacht hat, in: Vogtländische Heimatblätter. Zeitschrift für Natur, Kultur und Heimatgeschichte, Jg. 2 (1997), S. 26–30
- Volker Müller, Robert Schumann und Bad Elster, in: Almanach für Musik I (2011), hrsg. von Christoph Dohr, Köln: Dohr, 2011, S. 177–192, ISBN 978-3-936655-79-7
Einzelnachweise
- Pilsen, Státní oblastní archiv v Plzni, Geburts- und Taufregister des Dorfs Neuberg, 1814–1836, S. 21 f., Nr. 25 (Digitalisat)
- Wasielewski (1897), S. 44
- Robert Schumann, Tagebücher, Band 2, hrsg. von Gerd Nauhaus, Leipzig 1987, S. 34
- Clara Schumann, Jugendtagebücher 1827–1840, hrsg. von Gerd Nauhaus und Nancy B. Reich, Hildesheim 2019, S. 256
- Vgl. Genealogisches Taschenbuch der deutschen gräflichen Häuser auf das Jahr 1848, Jg. 21, S. 770 (Digitalisat)
- Pilsen, Státní oblastní archiv v Plzni, Trauungs-Buch der Pfarrey St. Niklasberg zu Asch, Vol. III, S. 2 (Digitalisat)
- Wasielewski (1897), S. 44
- Pilsen, Státní oblastní archiv v Plzni, Sterbe-Buch des Marktes Asch, Tom. VI, S. 55 Nr. 101 (Digitalisat)